Traumatisierte Heimkehrer

Von Werner Nording |
Die Station für Neurologie und Psychiatrie des Bundeswehrkrankenhauses Hamburg ist voll belegt. Seitdem sich die Bundeswehr in Somalia, im Kosovo oder in Afghanistan engagiert, ist die Zahl der Patienten sprunghaft angestiegen. Immer mehr Soldaten verkraften den Hass, die Gewalt, die Minenfelder und Schießereien nicht, die sie bei Auslandseinsätzen erleben.
Patienten, denen die anderen acht Bundeswehrkrankenhäuser bundesweit nicht mehr helfen können, kommen nach Hamburg. Hier hat die Bundeswehr den Schwerpunkt Psychotraumatologie eingerichtet.

Von außen betrachtet ist die Trauma-Station eingerichtet wie eine Kaserne: Ein langer kahler Gang, auf der rechten Seite Vierbettzimmer mit Stahlspinden, in denen die Patienten ihre persönlichen Sachen lassen können, auf der rechten Seite ein großer Innenhof mit Rasen und Bänken. Seit mehr als zehn Jahren behandelt die Bundeswehr hier Soldatinnen und Soldaten aus ganz Deutschland, die mit den Langzeitfolgen ihrer Auslandseinsätze nicht fertig werden, sagt Oberstarzt Dr. Karl-Heinz Biesold, der Leiter der Hamburger Militärpsychiatrie.
"Die ersten Patienten, aber wirklich nur einzelne kriegten wir schon nach Kambodscha, das ist 92/93 gewesen, dann die nächsten nach Somalia und in größerem Umfang dann mit dem Balkan-Einsatz insbesondere nach dem doch sehr kriegsnahen Einsatz 1999 im Kosovo, wo die Soldaten zum ersten Mal mit unmittelbaren Kriegsfolgen konfrontiert waren, mit den Auswirkungen von Gräuel und Zerstörung."

Mehr als 100.000 Soldaten haben sich seit 1992 an Auslandseinsätzen der Bundeswehr beteiligt. 1500 von ihnen sind mit so starken seelischen Verletzungen zurückgekommen, dass viele noch heute im Hamburger Trauma-Zentrum behandelt werden müssen. Zum Beispiel Soldaten, die im Juni 1999 ihren Dienst auf einem Marktplatz in Prizren tun. Die Albaner feiern den Abzug der Serben aus dem Kosovo. Plötzlich nähert sich aus einer Seitenstraße ein gelber Lada. Einer der beiden Insassen schießt aus einer Kalaschnikow wild um sich, der andere droht mit Handgranaten aus dem Wagenfenster. Als die beiden Angreifer auf Warnschüsse nicht reagieren, nehmen die Bundeswehrsoldaten sie unter Feuer. Die beiden Serben sterben im Kugelhagel.

Hätten die Bundeswehrsoldaten nicht geschossen, wäre ihr eigenes Leben und das Leben vieler Menschen auf dem Marktplatz in Gefahr gewesen. Dennoch - einer der beiden Soldaten hat die Situation bis heute nicht verkraftet. Er macht sich Vorwürfe, ob er zu Recht geschossen hat, sagt Karl-Heinz Biesold.

"Und diese Soldaten mussten in diesem Fall töten, und der Mensch hat eine natürliche Tötungshemmung, und wenn man jemanden getötet hat, wird das nicht ohne Probleme verarbeitet, und das ist die Situation für die Soldaten gewesen."

Vier Jahre hat es gedauert, bis sich der Soldat in Behandlung begeben hat. Zig Mal hat er seitdem die Situation so qualvoll durchlebt, als wäre er noch immer in akuter Lebensgefahr. Der Bundeswehr-Psychologe Klaus Barre hat herausgefunden, dass im Augenblick der Traumatisierung die Information quasi im Gehirn des jungen Mannes steckengeblieben ist. Es war etwas geschehen, von dem er selbst lange nichts wusste. Erst viel später konnte er sich mit Hilfe der Therapie daran erinnern.

"Dass in dem Augenblick, wo er ansetzte zu schießen, also den Finger am Auslöser krumm machte, lief der Kopf eines neunjährigen kosovarischen Mädchens durch sein Zielfernrohr und für einen Moment hat er geglaubt, er hätte sie erschossen . Und selbst die Tatsache, dass er es nicht hat, hat er nicht mehr voll zur Kenntnis genommen und es hat ihn praktisch immer beschäftigt.

Die Augen schließen die Gedanken wie Wolken am Himmel ziehen lassen, die rechte Hand zur Faust ballen, spüren Sie die Spannung in Ihrer Hand, Spannung lösen."

Um den Alltag der Soldaten im Hamburger Bundeswehrkrankenhaus etwas erträglicher zu machen, gibt es ein breites Angebot an Wellness-Veranstaltungen. So bietet die Physiotherapeuten Helke Burmeister täglich eine meditative Entspannungsübung an.

"Muskelrelaxation nach Jacobsen ist ein Entspannungsverfahren und hat vielfältige Methoden, letztendlich schon Entspannung und vegetative Beruhigung, wobei es eine sehr langfristige Maßnahme ist, mehr eine Anleitung zum Selbsttraining, die hier dann nach dem Aufenthalt fortgeführt werden sollte, um dann langfristig auch im Alltag umgesetzt zu werden."

Der Tagesablauf im Hamburger Bundeswehrkrankenhaus ist streng organisiert, sagt dieser 39-jährige Berufssoldat. Der gelernte Lackierer ist seit 20 Jahren bei der Truppe.

"6.30 wird geweckt, 7.30 ist Frühstück, von da aus geht es dann meist in irgendwelche Behandlungen, 10.30 Tschigong, 11.30 Mittagessen, 14.00 Kaffeetrinken, zwischendurch immer mal wieder Therapien und Beratungen, gegen 17.30 ist dann Abendbrot, ab 22.30 Zimmerlautstärke und ab 23 Uhr Licht aus letztendlich. Fernsehen gucken und Computer und Telefon nur zu bestimmten Zeiten, ist kein Urlaub hier, ist ruhig und entspannend, der Alltagsstress ist nicht hier, aber es ist kein Urlaub."

100 Soldaten werden jährlich auf der Trauma-Station in Hamburg behandelt, sagt die Psychotherapeutin Nina Schadt. Da seit einigen Jahren auch Frauen zu Einsätzen ins Ausland geschickt werden, hat die Zahl der weiblichen Patienten erheblich zugenommen. Häufig sind es sexuelle Übergriffe, mit denen die Soldatinnen nicht fertig werden.

"Es werden immer mehr, es wird immer komplizierter und es hat mittlerweile auch mit vielen Frauen zu tun, es bietet sich manchmal auch an, als weibliche Therapeutin was zu machen."

Nicht selten kommt es vor, dass schlimme Erfahrungen, die die Soldatinnen schon als kleine Mädchen machen, mussten durch extreme seelische Belastungen wieder aufbrechen.

"Ein Beispiel ist eine sehr junge Patientin, die von einem Verwandten zweiten Grades mehrfach missbraucht worden ist über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren, dieses Ereignis war verdrängt und durch ein Einsatztrauma, in dem es zu einer lebensbedrohlichen Situation kam, ist dieses alte Ereignis wieder aufgebrochen im Sinne von Bildern, die sich aufdrängen, Alpträumen, ein ständiges Bedrohungsgefühl, depressive Symptome, Schlafstörungen, Appetitverlust, Gewichtsverlust eine depressive Symptome mit traumaassoziierten Symptomen."

Die Mediziner sprechen von posttraumatischen Belastungsstörungen. Selten kommen die Patientinnen und Patienten aus eigenem Antrieb, zumeist sind es die Lebenspartner, die von den Betroffenen verlangen, zum Arzt zu gehen. Oft haben die Patienten dann schon einiges hinter sich: Jahrelange Schlaflosigkeit, Schwermut, Nervenschwäche, Ehekrisen, sozialen Abstieg oder Vereinsamung, sagt Oberstarzt Biesold.

"Es ist aber auch nicht selten, dass es erst verarbeitet erscheint und dann in einer Ruhephase oder vielleicht mit der Rückkehr aus dem Einsatz erst die Probleme auftauchen und die Symptome des Nichtwiederloswerdens der Bilder, dass man überwältigt wird, obwohl man wieder zu Hause in Sicherheit ist von diesen Angstgefühlen und den Stresssymptomen so als wäre man immer noch in der Gefahrensituation."

So ist es auch diesem 52-jährigen Feldjäger aus Niedersachsen gegangen, der seine Erfahrungen aus dem Auslandseinsatz kaum verarbeiten kann.
"Ich war fast neun Monate in Bosnien, nur eine Woche Urlaub zwischendurch und für mich gab es die Problematik, die Einsatzwelt und die Welt hier, das konnte ich nicht trennen, ich hab Monate gebraucht, um zu wissen, dass ich eigentlich wieder hier bin, das geht jetzt noch weiter, dass man auf der Autobahn mal rechts fährt, dass man Angst hat, dass man eingekesselt wird, wenn ich zum Einkaufen geh, bin ich morgens der Erste, ich mag nicht in der Schlange stehen, dann krieg ich sofort Herzrasen und denke, ich komm da nicht wieder raus, das ist die Symptomatik."

Dabei hat es eine ganze Zeit gedauert, bis er selbst überhaupt gemerkt hatte, dass sich irgendetwas in ihm verändert hatte.

"Ich bin zurückgekommen 2001, ich hab ein Jahr von diesen posttraumatischen Belastungen gar nichts gemerkt, man zieht sich einfach nur zurück, man merkt das selbst nicht, sitzt also nur noch zu Hause, zappt am Fernseher rum, hat zu nichts mehr Lust, Rasen wächst, ist mir völlig egal, kein Rasenmäher, das hat ungefähr ein Jahr gedauert, bis ich das selber erkannt hab, meine Frau hat es schon vorher erkannt, aber die hat mir nichts gesagt."

Der Vater von zwei erwachsenen Kindern musste mehrere lebensbedrohliche Situationen durchstehen: Er wurde von Serben und Albanern eingekesselt, plötzlich tauchten aus dem Dunkel bewaffnete Kombattanten auf, einen Hubschrauberabsturz überlebte er nur knapp. Es hilft ihm, mit dem Therapeuten das Erlebte aufzuarbeiten.

"Da durchlebe ich die ganzen Situationen, die für mich einmal lebensbedrohlich waren, die spiel ich mit ihm nach, vom Kopf her, und dabei entstehen die ganzen Symptome, die man damals mal gehabt hat, Herzrasen, Kopfschmerzen, Angst, Schweißausbrüche, und das durchleben wir alles noch mal, und dadurch sind wir vielleicht irgendwann mal in der Lage, das sauber abzulegen , dass man auf die Erfahrungswerte, die man damals gewonnen hat, zurückgreifen kann, aber ohne dass man vor der Situation Angst hat."

Zwei- bis dreimal in der Woche haben die Patienten eine psychotherapeutische Sitzung. Dabei geht der Bundeswehr-Psychologe Klaus Barre auf die konkreten Situationen ein, mit denen die Betroffenen allein nicht fertig werden.

Therapeut: "Jetzt würd ich erst mal wissen, wie ist es Ihnen nach dem Gespräch ergangen."
Soldat: "Nach dem Gespräch hab ich mich ein bisschen niedergeschlagen gefühlt und ich hab sehr schlecht geschlafen."
Therapeut: "Wenn sie jetzt gesagt haben, Sie haben sich ein bisschen niedergeschlagen gefühlt und haben schlecht geschlafen, was ist Ihnen durch den Kopf gegangen oder durchs Herz, gab es da irgendetwas, was besonders einprägsam war?"
Soldat: "Ja die Bilder von meinem Anschlag."

Der 28-jährige Zeitsoldat aus Hessen war im Februar dieses Jahres in Kundus in Afghanistan in einen Anschlag geraten. Direkt neben seinem Patrouillenfahrzeug explodierte eine Fahrradbombe, die zwei Kinder und einen Erwachsenen in den Tod riss. Er selbst hatte Glück und kam mit dem Leben davon. Die Splitterverletzungen und das geplatzte Trommelfell ließen sich behandeln, doch die schrecklichen Bilder der zerfetzten Toten kann er nicht vergessen.

"Ja das sind eben Bilder von Kindern, die da tot vor mir gelegen haben und die man im ersten Moment, wo das passiert ist, gar nicht wahrgenommen hat, der Körper baut ja eine Schutzfunktion auf, das kriegt man erst hinterher mit, wie man das verarbeiten kann, oder, ich finde keine Erklärung dafür, sagen wir mal so."

Mit einem Schlag hat sich das Leben des gelernten Malers verändert. Discos, Jahrmärkte oder überhaupt Menschenansammlungen kann er nicht mehr ertragen. Seine Freundin hat ihn verlassen, er kann sich über nichts mehr freuen.

"Am normalen Leben kann man teilhaben, aber man kann es nicht mehr genießen. Verschiedene Sachen gehen einem durch den Kopf, das sind Bilder, die man nicht verdrängen kann, die immer wieder kommen, dadurch tickt man dann nicht mehr so, wie man vorher tickt, das macht sich auf die eigene Umwelt bemerkbar, man selber grübelt nach, wie kann ich mein Leben besser genießen, wie kann ich es besser gestalten, wie soll ich die Zeit weiter nutzen."

In seiner Behandlung wendet der Psychotherapeut Klaus Barre eine Therapiemethode an, die Ende der 80er Jahre in den USA entwickelt wurde. Der Therapeut sitzt seinem Patienten gegenüber, hält seine Finger in Höhe der Augen des Soldaten und beginnt dann die Finger hin und herzubewegen, so dass der Mann seine Augen hin und herbewegt in einer horizontalen Linie. 50 bis 60 Mal macht er das, dann fordert er den Patienten auf tief Luft zu holen.

"Jetzt erzählen sie mir bitte alles, was jetzt in Ihnen vorgeht, Gedanken, Gefühle, mögliche Körperempfindungen, und wenn er das getan hat, dann sag ich ihm okay, dann gehen Sie bitte weiter oder bleiben Sie dabei, heb die Finger wieder und leite wieder Augenbewegungen, und so fährt der Verarbeitungszug von Station zu Station, lädt Belastendes aus und Konstruktives, Entlastendes ein. Bis schließlich der Zug am Ziel angekommen ist und der Patient sagt, wenn ich jetzt an das Ereignis denke, dann kann ich sagen, ich weiß, dass es geschehen ist, aber es belastet mich nicht mehr."

Zum Angebot des Bundeswehrkrankenhauses gehört auch Ergotherapie. Das soll den Patienten helfen, sich von ihren düsteren Gedanken abzulenken. Sie können töpfern, Korbarbeiten machen oder Holz und Speckstein bearbeiten. Dieser Patient klebt gerade ein grellbuntes marmoriertes Aquarellbild auf einen Pappdeckel.

"Eine Rezeptsammelmappe, Kochrezepte, ist für mich selbst."

Die Ergotherapeutin Ivonne Wegner arbeitet seit zehn Jahren am Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg. Ihre Patienten kommen aus allen Teilen Deutschlands, aus Bayern, Hessen, Sachsen oder Nordrhein-Westfalen. Drei bis viermal pro Woche können sie an den Kursen teilnehmen.

"Wir arbeiten hauptsächlich handwerklich kreativ mit den Patienten und versuchen, ihnen einen Ausbruch aus ihren Problemen zu geben, die sie auf Station haben, so eine kleine Rückzugsmöglichkeit zu haben, Entspannung zu finden über ihre Arbeit, dass sie von der Therapie drüben, die sehr anstrengend ist und belastend, ein bisschen zurückkommen können in die Ruhe und die Ablenkung, ja."

Körperliche Verletzungen kann jeder sehen, seelische Verletzungen sind schwerer zu erkennen, gerade bei schwierigen Auslandseinsätzen wurden die psychischen Belastungen oft ignoriert, das musste die Bundeswehr erst langsam lernen. Lange wurde das Thema tabuisiert, gibt Oberstarzt Biesold offen zu.

"Wir müssen in der Truppe sicher mehr Unterrichtung und Aufklärung machen, als das ein Chirurg tun muss, das ist selbstverständlich, wenn ich verletzt bin, dass ich zum Chirurgen gehe, so sind wir auch eingebunden in Unterrichtsblöcke, auch bei Medizinern ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass man nicht nur auf körperliche Erkrankungen, sondern auch auf seelische Erkrankungen achten muss, wie im zivilen Bereich auch. Psychiatrie ist ein Randgebiet der Medizin und hat auch was mit Stigmatisierung und Tabuisierung zu tun 35 und da gibt es Nachholbedarf."

Mittlerweile gibt es in der Bundeswehr sogar erste Selbsthilfegruppen, die oft von Militärpfarrern gegründet worden sind. Zum Beispiel in München die Gruppe "Skarabäus" oder in Regensburg die Vereinigung "Farus". Ein großes Problem besteht darin, dass sich nach neusten Studien der amerikanischen Streitkräfte nur ein Viertel der traumatisierten Soldaten tatsächlich in Behandlung begeben.

"Wir wissen von den Untersuchungen der Amerikaner zum Beispiel, dass nur 25 Prozent der psychiatrisch Behandlungsbedürftigen Irak-Veteranen tatsächlich auch in Behandlung gehen, drei Viertel gehen nicht zum Arzt und suchen um fachgerechte Hilfe nach, das wär ja bei körperlichen Verletzungen undenkbar, bei Schussverletzungen gehen 100 Prozent der Verletzten zum Arzt."

Da die Bundeswehr bei den eigenen Auslandseinsätzen von einer ähnlich hohen Dunkelziffer ausgeht, bereitet das Bundesverteidigungsministerium derzeit eine Kampagne vor, um den Betroffenen anonym zu helfen.

"Wir arbeiten auch daran, ob wir so genannte niederschwellige Angebote machen können, ein Beispiel wäre einen Internet-Zugang zu schaffen oder ein anonymes Telefon, wo sich Leute hinwenden können, wo man mit ihnen darüber redet und sie überzeugt, sich in Behandlung zu begeben."

Der Grund, warum viele Soldaten ihre Einsatztraumata verschweigen, ist, dass sie in ihrer Einheit Laufbahnnachteile befürchten. Biesold kennt das Problem.

"Theoretisch heißt es, es soll keinen Nachteil in der Laufbahn geben, es soll keine Hinderung sein, aber dennoch wissen wir, dass Vorgesetzte und Kameraden sehr misstrauisch sind und sehr genau darauf achten, wenn jemand mal in der Psychiatrie behandelt worden ist, wie weit man mit dem noch zusammenarbeiten kann."

Mittlerweile hat die Bundeswehr erkannt, dass sie die seelischen Verletzungen ihrer Soldaten bei Auslandseinsätzen nicht länger auf die leichte Schulter nehmen darf. Deshalb wird das Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg weiter als Schwerpunktkrankenhaus ausgebaut. Die Zahl der Fachärzte und Psychotherapeuten wird deutlich erhöht. Mit Beginn des nächsten Jahres wird die Bundeswehr zudem bundesweit 15 Fachsanitätszentren einrichten, die psychiatrische Behandlungen durchführen können. Biesold gibt einen Überblick über die geplanten Zentren.

"Das wird in Leipzig sein, Kiel, Rostock, Wilhelmshaven, Seedorf bei Bremen, Munster, Bonn, in Kempten in Fritzlar, Augustdorf, Idar-Oberstein, Erfurt, Hammelburg, Kümmersbrück, das liegt bei Amberg, wo jetzt auch noch ein Bundeswehr-Krankenhaus ist, Sigmaringen und München."

Für die Soldaten bedeutet das, dass sie nicht mehr unbedingt ins Bundeswehrkrankenhaus nach Hamburg kommen müssen, sondern auch ambulant in der Nähe ihres Wohnortes behandelt werden können. Dort sei es auch leichter, sich mit anderen Kameraden auszutauschen, die unter den gleichen Symptomen leiden würden. Der Feldjäger aus Niedersachsen würde das begrüßen. Er hat lange gebraucht, sich seine Probleme offen einzugestehen.

"Man ist ja doch irgendwo ein Mann und die große Problematik in der Bundeswehr ist eigentlich zu sagen, ich bin jetzt nicht schwach, sondern das ist eine Krankheit und da müssen wir jetzt langsam mal mit umgehen können, weil man kann sich nicht immer verstecken, das ist halt noch so eine Macho-Gesellschaft, was hat er denn jetzt, das ist die große Problematik, über die Hürde bin ich gesprungen, das ist mir jetzt egal."

Die Auslandseinsätze haben sein Leben entscheidend verändert. Ob er jemals wieder voll arbeitsfähig wird, kann der 52-jährige Soldat heute noch nicht sagen. Immer wenn er glaubt, jetzt hat er es geschafft, kommt ein Rückfall. Doch die Hoffnung will er nicht aufgeben.

"Mir ist das völlig egal wie lange das dauert. Ich möchte einfach noch mal so sein wie früher, hätte was, es gibt auch gute Tage, an denen hält man sich jetzt fest. Aber einfach mal wieder alltagstauglich mit kleinen Macken, da kann ich mit leben."