Traum vom besseren Leben

01.04.2011
Wenn man nur will und sich traut, ist alles möglich! Die Botschaft in Birgit Vanderbekes neuem Buch "Das lässt sich ändern" ist so simpel wie optimistisch. Ein kleiner heiterer Roman, dessen Traum vom besseren Leben ansteckend wirkt.
Sie sucht sich den falschen Mann aus, einen, der gar nicht zu ihr passt und auch noch jünger ist als sie. Die Icherzählerin im neuen Roman von Birgit Vanderbeke ist eine Tochter aus gutem Haus, Studentin mit besonderer Sprachbegabung und Sprechleidenschaft.

Sie hat nie darüber nachgedacht, dass es Menschen gibt, die "draußen" sind, denn sie war immer "drinnen". In ihrem Elternhaus spielte Geld keine Rolle, besondere Freude an den Kindern aber auch nicht. Als sie den Schreinerlehrling, der offensichtlich immer draußen war, weil seine Eltern zu viele Kinder und zu wenig Geld hatten, zu Hause vorstellt, repariert er freundlicherweise einen Bilderrahmen. Und dann "sagte meine Mutter zu mir den Satz, der die ganzen Jahre gesessen hat und bis heute sitzt. Das können sie, solche Leute."

In diesem Augenblick entschließt sich die Tochter, zukünftig draußen leben zu wollen. Sie bekommt von dem Handwerker, der nicht viel von Sprache und Sprechen, dafür viel von Tun und Sammeln hält, zwei Kinder. Sie lernt, dass ihm der Sperrmüll eine unendliche Fundgrube ist, und dass man, wenn der Wasserhahn tropft, keinen Handwerker ruft, sondern selbst zur Rohrzange greift. Er muss dafür wohl mehr reden, als ihm lieb ist.

Weil in diesem heiteren Roman die Schlechten immer die anderen sind, gibt es zwischen dem Paar Probleme nur dann, wenn sie ein Plastikrutschauto für die Kinder kauft und er das für eine überflüssige und verwerfliche Geldausgabe hält. Und auch die Wohngemeinschaft, die sie in der Kleinstadt mit der Freundin der Erzählerin und deren Liebsten gründen, scheint frei von Schwierigkeiten.

Man schaut gemeinsam fern und isst froh miteinander. Die eine Frau ist Logopädin geworden, die andere Psychotherapeutin. Bald wird der nachbarliche Bauer zum Freund, und die türkische Familie, die den Imbiss im Ort betreibt, profitiert auch von den Ideen des klugen Handwerkers. "Small ist beautiful" hieß der Alternativbewegung-Slogan, dem die Autorin hier ein leichtfüßiges Denkmal setzt.

Alte Hühnerrassen kommen ebenso vor wie die Songtexte der Band "Ton Steine Scherben" und Jurte-Zelte, die auf einer Streuobstwiese eigenhändig aufgebaut werden. Geldüberweisungen werden auf türkische Art ganz ohne Bank getätigt. Gemeinsam trotzt man nicht nur Verdummung und Rassismus, das Vorbild macht auch bald Schule, und die Besinnung auf die einfachen und überschaubaren Dinge findet rasch Nachahmer.

Birgit Vanderbeke, die in Südfrankreich lebt, beherrscht einen besonderen lakonischen Erzählton, der auch in diesem kleinen Roman gefangen nimmt. Immer wieder und gleichsam nebenbei führt sie klug und überraschend absurde Verhaltensweisen und Überzeugungen urbaner Menschen vor, sei es das gestörte Verhältnis zum Tiefkühlhuhn, seien es die Vorurteile linker Studentenfreunde. Dass man sich am Ende – bei allem Vergnügen an der Lektüre – seltsam eingelullt fühlt, das hat mit den vielen Klischees zu tun, derer sich die Autorin allzu sorglos bedient.

Besprochen von Manuela Reichart

Birgit Vanderbeke: Das lässt sich ändern
Roman
Piper Verlag, München 2011,
147 Seiten, 16,95 Euro