Trauer um Alfred Biolek

    Persönlich, respektvoll und herzenswarm

    Der Moderator Alfred Biolek sitzt auf seinem Lieblingsstuhl aus "Boulevard Bio", 2018.
    Laute Töne waren ihm fremd: Alfred Biolek vor drei Jahren in Köln. © imago / Horst Galuschka
    23.07.2021
    In "Bio's Bahnhof" entdeckte er Talente und lud Stars ein, mit seiner zugewandten und einfühlsamen Art führte er durch seine Talkshows: Alfred Biolek hat das deutsche Fernsehen nachhaltig geprägt. Nun ist er in Köln gestorben.
    Der TV-Entertainer, Moderator und Talkmaster Alfred Biolek ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Biolek war schon zu Lebzeiten eine TV-Legende, mit seiner freundlichen und verbindlichen Art hob er sich ab. Zwei TV-Formate prägte er wesentlich mit: die Talkshow und die Kochshow.

    Zu nett für das Fernsehen von heute

    In seiner Talkshow "Boulevard Bio" durften seine Gäste sich wohlfühlen. Laute Töne vor der Kamera waren ihm fremd. Vor einem Millionenpublikum schuf er eine herzenswarme, private Atmosphäre, die seine Gäste zum Plaudern verführte. Heutzutage würde ihn wohl keiner mehr nehmen, sagte Biolek vor einigen Jahren in einem Interview - seine Art des Fernsehmachens sei viel zu ruhig.
    Als Gastgeber von "Bio's Bahnhof" holte er Stars wie "The Police" zum ersten Mal ins deutsche Fernsehen und gab zudem Talenten eine Chance. "Er hat sich viel für unbekannte Künstler eingesetzt und Menschen, die sonst keinen Platz gefunden hätten, eine Bühne gegeben", sagt die Journalistin Sandra Maischberger (AUDIO).
    Außerdem habe er im Fernsehen experimentiert: "Er hat Dinge gemacht, die man heute überhaupt nicht mehr machen könnte, und hat auf diese Art und Weise früh mit Konventionen gebrochen. Das kann man gar nicht hoch genug einschätzen."
    Alfred Biolek (2.v.l.) posiert am Freitag (28.11.2008) im Musical Dome in Köln bei der Vorstellung des neuen Monty Python-Musicals "Spamalot" mit den Darstellern Serkan Kaya (l-r, Sir Galahad), Amber Schoop (Lady of the Lake) und Michael Flöth (König Artus).
    Alfred Biolek 2008 mit Darstellern des Monty Python-Musicals "Spamalot" - Biolek hatte Monty Python in Deutschland mit bekannt gemacht.© picture-alliance/ dpa | Rolf Vennenbernd
    Bioleks Karriere war eng mit dem WDR verbunden. Mit Rudi Carrell entwickelte er dort die Samstagabendshow "Am laufenden Band". Parallel sammelte er im "Kölner Treff" erste Moderationserfahrung und bekam 1978 seine eigene Sendung: "Bio's Bahnhof".
    Danach war er im deutschen Fernsehen 30 Jahre lang ständig präsent. Seine Ära endete erst 2007 mit der letzten Folge der Kochsendung "alfredissimo", in der er viele Jahre lang mit Gästen am Herd gestanden, geplaudert und Wein verkostet hatte. "Meine Zeit ist jetzt zu Ende", sagte er damals.

    Geboren wurde Alfred Biolek 1934 in eine sehr katholische Familie im heute tschechischen Freistadt. Seine erklärtermaßen glückliche Kindheit endete für den Elfjährigen mit dem Zweiten Weltkrieg. Die Bioleks landeten als Vertriebene im schwäbischen Waiblingen, fanden aber schnell aus der Not heraus. Der junge Alfred ging, damals eine Seltenheit, als Austauschschüler in die USA. Nach dem Abitur lief für den Sohn eines Rechtsanwalts alles nach Familienplan: Er schloss sein Jurastudium erstklassig ab und trat 1963 eine Stelle als Justitiar beim damals noch jungen Zweiten Deutschen Fernsehen an. Ein Nachruf von Beatrix Novy (AUDIO) .

    Zwei Größen der deutschen Fernsehunterhaltung, Alfred Biolek und Thomas Gottschalk, aufgenommen bei Gottschalk Gastauftritt in Bioleks Sendung 'Boulevard Bio' am 23.2.1999 in Köln.
    © imago/Horst Galuschka
    Für den Journalisten und Moderator Friedrich Küppersbusch war Biolek "die größte Annäherung Deutschlands an einen englischen Landedelmann". Der Talkmaster sei ein "bewunderter Kollege" gewesen. Biolek habe die "gute bürgerliche Mitte" an die Hand genommen und "behutsam, mit einem Lächeln und viel Kopfnicken" in Tabubereiche geführt, wo diese sich sonst nicht hingetraut hätte.
    Bohrende Fragen überließ Biolek anderen. Dass er als einziger Talkmaster Helmut Kohl zu Gast hatte und mit diesem dann eher plauderte, als ihn politisch zu befragen, brachte ihm viel Kritik ein. "Das hat Alfred sehr verletzt", erinnert sich Küppersbusch.

    Rosa von Praunheims Zwangs-Outing

    Mit seiner Homosexualität tat sich Biolek lange schwer. Erst im Alter von etwa 30 Jahren gestand er sich selbst ein, homosexuell zu sein, machte das aber nie öffentlich. Dass ihn der Regisseur Rosa von Praunheim 1991 im Fernsehen schließlich outete, beschrieb Biolek später als schmerzhaften Schlag und fügte hinzu: "Es hat wehgetan, aber es hat die Verspannung gelöst." Seiner Karriere fügte das keinen Schaden zu.
    Der ehemalige Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, der mit Biolek befreundet war und zehn Jahre nach dessen Zwangs-Outing ein selbstbestimmtes, spektakuläres Coming-out hinlegte, findet die Praunheim-Aktion auch heute noch "völlig daneben" (AUDIO). Er habe das damals "unerhört" gefunden, sagt Wowereit - Biolek habe zu einer schwulen Generation gehört, die sich mit einem Bekenntnis zu ihrer Sexualität noch schwer getan habe.
    Alfred Biolek mit seinem Gast Elton John während einer Ausgabe von "Bio's Bahnhof".
    Alfred Biolek mit Elton John während einer Ausgabe von "Bio's Bahnhof". Elton John hatte sich damals schon als bisexuell geoutet. Biolek stand sein unfreiwilliges Outing noch bevor.© imago-images / teutopress
    In der Dokumentation "Mensch, Bio!" öffnete er Sandra Maischberger die privaten Türen und sprach dann auch öffentlich über seine Homosexualität. "Er ist ein sehr feiner Mensch gewesen", sagt Maischberger: "Einer, der sehr genau den Unterschied kannte zwischen 'jemanden öffnen' und ihm zu nahe treten. Und das hat auch unser persönliches Verhältnis geprägt. Ich habe viel von ihm gelernt", betont die Journalistin. Bioleks Leitlinie, die Menschen persönlich, aber nicht privat zu befragen, gebe sie selbst gern an junge Kolleginnen und Kollegen weiter.

    "Er war chic und hatte Witz, er konnte er selber sein": Die luxemburgische Spitzen- und Fernsehköchin Léa Linster war drei Jahrzehnte mit Alfred Biolek befreundet. Für sie sei er eine Art Mentor gewesen, erzählt sie (AUDIO). "Was man braucht, um sich vor der Kamera, im öffentlichen Leben wohlzufühlen, das habe ich von ihm", sagt Linster: "Und dafür bin ich ihm unendlich dankbar." Biolek habe den "Swing" gehabt, "den Rhythmus, den man für das Leben braucht", betont sie. Er sei wohlwollend und großzügig gewesen: "Bei ihm durfte man sein, wer man war."

    Spitzenköchin Leá Linster
    © dpa/ picture alliance/ Geisler-Fotopress
    (ahe/rja/dpa/afp)
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