Training für die Kocholympiade

Schnippeln, buttern, braten

Koch Thorben Grübnau aus Oldenburg nimmt in Neuruppin in der Küche des Hotel Resort Mark Brandenburg einen Topf mit schäumender Nußbutter vom Herd. Er ist Mitglied der Koch-Nationalmannschaft die regelmäßig für die Koch Olympiade trainiert, die im Herbst in Erfurt stattfindet.
Training für Olympia: Koch Thorben Grübnau erhitzt Nußbutter. © dpa / Bernd Settnik
Von Sandra Voß · 08.08.2016
In Neuruppin trainiert die deutsche Mannschaft für die Kocholympiade, die im Herbst in Erfurt stattfindet. Jeder der drei Gänge muss perfekt sein. Beim letzten Mal hat es für die Bronzemedaille gereicht.
"So, Thorben. Sauce. Das reicht nie. Warum machst du denn so wenig? Das reicht nicht. Kräftig genug ist sie."
Mit dem Löffel in der Hand eilt Chefkoch Matthias Kleber zum nächsten dampfenden Topf, schmeckt ab, gibt Tipps. Gelassen zieht Thorben Grübnau die braun glänzenden Sauce vom Herd und setzt neu an.
Das Rezept der weinselig duftenden Sauce ist streng geheim. Genau so wie alle anderen Komponenten des aufwändige Drei-Gänge Menüs, das Thorben Grübnau gemeinsam mit den anderen Spitzenköchen der deutschen Nationalmannschaft in einem Neuruppiner Hotel kocht. Sechs Stunden dauert das Training – Zeit genug, um die Soße zu verbessern.
Thorben Grübnau: "Wir kochen gerade unter Live-Bedingungen hier und da kann so was auch mal vorkommen. Dafür sind diese Trainings so wichtig, dass uns lieber so was im Training passiert als später, wenn wir nachher Olympiasieger (werden) wollen. Weil da ist dann ein Genickbruch, wenn zu wenig Sauce auf dem Teller ist."
Die Gäste, die heute zur Verköstigung geladen sind, müssen vor allem eines können: Schweigen. Niemand darf erfahren, mit welchen Finessen die deutsche Nationalmannschaft bei der Kocholympiade gewinnen will. Elf deutsche Spitzenköche werden im Oktober in Erfurt an den Start gehen. Sie müssen dafür sorgen, dass 110 Teller in gleicher Qualität auf die Tische kommen.
Dabei ist schon die Zubereitung der einen Möhre, die goldgelb auf jedem Teller liegt, ein kleines Meisterwerk. Ein Jahr lang hat Mirco Eber fast täglich die Rezeptur verbessert. Jetzt holt er sie aus dem Ofen, in einem durchsichtigen Plastikbeutel, sie schwimmt in gelber Flüssigkeit.
"Die waren jetzt eine Stunde bei 85 Grad im Dampfofen. Und jetzt stelle ich fest, sie noch brauchen 20 Minuten."

Jeder Handgriff wird bewertet

Jeder Handgriff wird von Gast-Prüfer Michael Hummel streng beobachtet. Später, im Wettkampf um Olympisches Kochgold, sind es fünf internationale Fachleute, die auf die Feinheiten achten.
"Wie die Arbeitsplätze aussehen. Das heißt, ob sie sauber sind, wie das Messer liegt, da liegt zum Beispiel das Messer quer auf dem Brett, es muss rechts daneben liegen. Das sind die Kleinigkeiten."
Das hat was mit der Verletzungsgefahr zu tun. Wenn es immer gerade liegt, weiß jeder, da liegt es und dann kann nichts passieren.
Die Juroren achten nicht nur auf die Kochkunst. Auch der Teamgeist wird bewertet.
Michael Hummel: "Das ist schon ein sehr eingespieltes Team, also die arbeiten schon sehr gut miteinander, also nicht jeder für sich, sondern sie helfen sich untereinander."
Michael Kleber: "Also geht nicht so spät rein mit den Eiern. Du hast noch 30 Minuten, wenn Du danach erst reingehst, dann schaffen wir das mit dem Fisch nicht. Der muss eine Stunde bei 50 Grad im Ofen bleiben."
Es geht auch um ein perfektes Timing, vor allem wenn mehrere Gerichte gleichzeitig in den Ofen müssen. Und um die exzellente Vorbereitung.
Matthias Jakeit ist mit 23 der Jüngste im Team. Er reibt stecknadelkopfgroße, rote Johannisbeer-Krümmelchen über eine weiße Praline. Sein Ziel: So viele Handgriffe wie möglich fertig zu haben, bevor der erste Dessert-Teller abgerufen wird. Er ist angespannt.
"Das wird nichts. Sehen sie, das wird total rot, so pink, Scheiße, Scheiß. Da wo es jetzt aufgetaut ist, muss ich es à la minute drauf hobeln. Da komme ich nicht drum rum. Das muss ich à la minute machen."
Dann ist es soweit: Der Kellner meldet die ersten Gäste. Die Maschinerie startet.
Mirco Ebers: "Die Mütze aufsetzten und Schürze an heißt Abendservice beginnt, das heißt runterfahren und dann entspannt alles rauschicken."

Die Testesser dürfen kein Wort verraten

Für Teamchef Matthias Kleber ist das "Schicken", also die Ausgabe der 110 Menüs von höchster Bedeutung: Weiß er doch, die Jury wählt einen Teller aus, kostet und urteilt. Es kann der erste Teller sein - oder der letzte.
"Service ist ja immer entscheidend. Du musst eben gucken, wenn wir um 18:00 Uhr anfangen zu schicken, dann muss der Fisch um 21:30 Uhr noch genau so gut sein."
Im Restaurant sind die Tische festlich gedeckt. Die ausgewählten Gäste blicken auf den glitzernden Neuruppiner See und genießen das ausgefallene Menü, mit dem die Deutschen in den Kocholymp aufsteigen wollen. Über die Details müssen sie Stillschweigen bewahren. Aber Begeisterung dürfen sie zeigen.
"Abgefahren der Hauptgang. Die Sauce völlig genial. Die Kombination aus Blutorange und dem Salz der Terme. Das war großartig. Von mir aus können die Olympiasieger werden."
Das Team in der Küche ist kritischer. Aus gutem Grund. Um im Oktober in Erfurt Gold zu erkochen, muss wirklich alles stimmen.
Mirco Ebers: "An den Möhren zum Beispiel sind uns zu viele Gewürze, da wollen wir lieber ein zwei Gewürze weglassen und dafür lieber die Möhre wieder in der Vordergrund stellen."
Thorben Grübnau: "Das Fleisch - na ja, die Sauce mehr auf Menge machen."
Matthias Kleber: "Das war heute ein Top-Training was den Ablauf angeht. Ein paar Sachen müssen wir noch verändern und dann schauen wir mal."
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