Traditionsbäckerei in Nöten

Wasser im Kornmühlen-Getriebe

07:09 Minuten
Zwei Frauenhände sind gefüllt mit Korn, das sie aus eine, Kornhaufen geschöpft haben.
Die Prümtaler Mühlenbäckerei hofft auf Unterstützung nach der Flut im Flusstal der Prüm. (Symbolbild) © picture alliance / Zentralbild / Ole Spata
Von Anke Petermann · 25.08.2021
Audio herunterladen
Das Eifeler Familienunternehmen "Prümtaler Mühlenbäckerei" wurde vom Hochwasser schwer getroffen. Der Mittelständler hofft auf staatliche finanzielle Unterstützung - damit wie früher gebacken werden kann und die Stammkundschaft erhalten bleibt.
Der Name "Prümtaler Mühlenbäckerei" ist Programm. Am Unternehmensstandort Lünebach wird seit Generationen Korn gemahlen. Birgit Arimond führt den Betrieb gemeinsam mit ihren Brüdern.
"Das Getreide stammt von den hiesigen Landwirten. Wir haben Verträge mit denen. Wir wissen ganz genau, wo das Getreide herkommt. Wir können zu den Feldern gehen und den Anbau die Ernte mitkontrollieren. Bis zu dem Moment, wo es hier ankommt."

Fast alles hat Schaden genommen

Das war so, bis sich Mitte Juli das Flüsschen Prüm und der nahe Bach in reißende Ströme verwandelten und das Betriebsgelände von zwei Seiten fluteten. Die Bäckerei – heute sechs bis acht Baustellen. Birgit Arimond kann gar nicht alles aufzählen.
"In der Mühle ist ganz viel los, wo die Maschinen ersetzt werden müssen. Die ganzen Getreidesilos müssen erneuert werden. Wir haben einige Gebäude, da müssen die Estrichplatten raus, der Putz muss abgeklopft werden, im Werkstattbereich ist man dran, dass der ganze Boden rausgerissen wird."
Die Prüm fließt hinter der Bäckerei. Nach dem Jahrhunderthochwasser von 2018 hatte die Unternehmerfamilie brusthohe Hochwasserschutzmauern errichten lassen, um erneuten Schäden zuvorzukommen. Birgit Arimond blickt über eine Mauer hinweg auf die niedriger gelegene Flussaue.
"Hier rüber muss das Waser ja erstmal kommen, damit es überhaupt in den Hof dringen kann. Eigentlich unvorstellbar, dass es so eine Höhe überwinden kann." Wie bei der Flut im Juli, dem so genannten Jahrtausendhochwasser geschehen. Arimond deutet auf einen containerartigen Bau auf Stelzen: "Das ist die ganze Elektrik, die dafür sorgt, dass innen alles funktioniert, die Kühlung entsprechend läuft."

Deutlich schlimmer als beim letzten Mal

Beim Wiederaufbau vor drei Jahren vermeintlich hochwassergeschützt auf Betonpfähle gesetzt. "Damit da bloß nichts drankommt, damit das abgesichert ist. Aber das Jahrtausendwasser ist trotzdem drüber gegangen. Es wusste ja keiner, dass drei Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser das Jahrtausendwasser folgt und der Schaden nochmal wesentlich höher ist – mehrere Millionen höher als damals", sagt die Qualitätsmanagerin.
"Wir haben natürlich versucht, das bestmöglich zu versichern, und haben auch die Versicherung genommen, die uns den höchstmöglichen Versicherungsschutz zugesagt hat, nichtsdestotrotz war das gedeckelt. Das heißt, wir sind unterversichert, denn dieser Schaden wird von der Versicherung nicht komplett ausgeglichen."
Der Schaden an der Mühle, der Werkstatt und der Elektrik ist aber längst nicht alles. Im Inneren der Bäckerei, die erst vor einem halben Jahr einen neuen Trakt mit neuen Maschinen bekam, wird zwar Brot gebacken und geschnitten. Aber, so Schichtführer Adil Erdem: "Anlagen fehlen, Maschinen fehlen, und dadurch haben wir ein eingeschränktes Programm."

Gebacken wird mit Leihgeräten

Beim fünfstöckigen Herd im Riesenformat ist die unterste Platte kaputt, die Teigaufbereitung läuft auf den geliehenen Ersatzmaschinen nicht so reibungslos wie gewohnt. Beim Brötchenbacken müssen sich Adil Erdem und seine Kollegen über den Teigkessel beugen, den Teig rausnehmen und oben in einen Trichter drücken, damit die Leihmaschine daraus Brötchen portioniert. Die eigene, vom Hochwasser zerstörte Maschine machte das automatisch, sodass sich keiner verrenken musste. Jetzt dauert alles.
Erdem nimmt es gelassen. Immerhin: Schon seit Anfang August wird das Grundsortiment alle paar Tage um neue Mühlenbäckerei-Spezialitäten aufgestockt. Es geht darum, die Stammkundschaft zu halten und die Wochenmärkte von Solingen bis Jülich, von Leverkusen bis Wiesbaden zuverlässig zu versorgen.
Im Eifler Dialekt bespricht Birgit Arimond mit dem Leiter der Brotbäckerei das Wiederanlaufen der Toastproduktion, für die noch die Schneidemaschine fehlte. Die Leihmaschine für das Mischbrot läuft schon, aber holprig, sagt Birgit Arimond – langsamer und mit Aussetzern.

Den Standort verlassen?

Die Prümtaler Mühlenbäckerei muss produzieren, um zu überleben. Aber derzeit ist das kaum kostendeckend möglich. Der Blick in die Zukunft kann Birgit Arimond kaum aufheitern. "Es wird uns hier keine Versicherung weiterhin versichern", erläutert sie.
Deshalb stellt sich die Frage: "Müssten wir den Standort wechseln? Damit wir selbst auch sagen: Wir nehmen noch mal Millionen Darlehen auf, bauen auf, sind dann aber sicher vor Zerstörung."
Offen bleibt vorerst, ob staatliche Gelder überhaupt für einen Wiederaufbau an anderer Stelle verwendet werden dürfen. Birgit Arimond tritt aus der Bäckerei nach draußen.
"Nach den aktuellen Regularien sind Förderprogramme für Unternehmen mit bis zu einer Mitarbeitergrenze von 250 Personen. Wir liegen aber knapp darüber. Das heißt, es gibt für uns auch keine Fördermöglichkeit" – um den Standort innerhalb der Eifel-Region zu verlagern.

Wiederaufbauhilfe ist ungewiss

Es sei denn, die Fluthilfe ist da flexibler. "Wir warten jetzt darauf, dass aus diesem Hilfsfonds vielleicht irgendetwas kommt. Das ist noch nicht ganz geklärt."
Drinnen wälzt Vorarbeiter Adil Erdem Brötchen in geriebenem Käse. 2003 kam er als Azubi zur Prümtaler Mühlenbäckerei. Und hofft, " dass alles möglichst schnell wieder normal wird. Ist ja schließlich unser Arbeitsplatz. Unsere Zukunft hängt davon ab."
Für Birgit Arimond und ihre Brüder heißt das: Weitermachen um jeden Preis. Und Bauen auf flexible Lösungen für flutgeschädigte Unternehmen – ganz gleich welcher Belegschaftsstärke.
Mehr zum Thema