Torry: Erfolgreiche Wirtschaftspolitik ist Hauptaufgabe von Premierminister Brown
Der britische Botschafter in Deutschland, Sir Peter Torry, sieht die Hauptaufgabe des neuen britischen Premiers Gordon Brown in der Fortführung einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik. Die Briten hätten unter Tony Blair akzeptiert, dass soziale Gerechtigkeit auf einer florierenden Wirtschaft basiere, sagte Torry im Deutschlandradio Kultur. Gordon Browns Regierung werde Kontinuität zeigen, aber Schwerpunkte auf den Bereich Bildung und Chancengleichzeit setzen.
Jorg Degenhardt: Von "Hallo Dolly" zu "Bye Bye Tony". Jetzt nämlich ist es passiert. Der britische Finanzminister Gordon Brown hat – so war es ja abgesprochen – Tony Blair an der Spitze der Regierung in London abgelöst. Blair hatte das Amt des Premierministers zehn Jahre inne. Am letzten Sonntag war Brown bereits zum Nachfolger Blairs als Vorsitzender der Labour-Partei ernannt worden.
Sorgen um Tony Blair müssen wir uns nicht machen. Er hat bereits einen neuen Job. Er ist ab sofort Sondergesandter des Nahost-Quartetts. Über das Erbe Tony Blairs habe ich mit Sir Peter Torry gesprochen, dem Botschafter Großbritanniens in Deutschlands. Meine erste Frage lautete, ob die Menschen außerhalb Großbritanniens nicht Tony Blair immer zuerst mit dem Irak-Krieg und seiner unkritischen Haltung zur Bush-Regierung in Verbindung bringen werden?
Sir Peter Torry: Ich glaube nicht. Ich glaube, dass die Hauptleistung der letzten zehn Jahre die wirtschaftliche Renaissance in Großbritannien war. Vor zehn Jahren waren wir Schlusslicht in Bezug auf Einkommen pro Kopf unter den G7-Ländern. Wir sind jetzt Zweiter nach Amerika. Unsere Wirtschaft ist um 30 Prozent gewachsen, die deutsche in dieser Zeit erheblich weniger. Wir haben die Hälfte der Arbeitslosigkeitsrate von der in Deutschland und die Beschäftigung ist um drei Millionen gestiegen. Ich glaube, das wird das Haupterbe von Tony Blair sein.
Degenhardt: Was ist mit seiner Irak-Politik? Da sind Sie mir jetzt ein wenig ausgewichen. Tony Blair hatte ja nicht zuletzt erst den Ruf, er würde sich benehmen wie ein Pudel Washingtons, weil er so unkritisch die Politik der Bush-Regierung übernommen habe.
Torry: Ich höre ständig diesen Vorwurf, dass wir ein Pudel Washingtons sind. Ich ziehe die Metapher vor, dass wir der Blindenhund Washingtons sind. Ich glaube die Irak-Politik ist immer noch offen. Sie ist selbstverständlich sehr umstritten, hier in Deutschland, in Großbritannien, in Amerika, auch selbstverständlich im Irak. Wir müssen aber abwarten. Die Geschichte wird ihr Urteil fällen. Es ist zu früh zu sagen, wie es ausgehen wird. Aber lassen wir uns nicht vergessen, dass wir uns am Anfang dieses Projektes vor drei, vier, fünf Jahren in den Vereinten Nationen einig waren, dass Saddam Hussein die verschiedenen Resolutionen nicht geachtet hat und darum die passenden Konsequenzen ziehen musste.
Degenhardt: Werden sich denn unter Blairs Nachfolger Gordon Brown möglicherweise diesbezüglich die Gewichte etwas verschieben und wenn ja, in welche Richtung? Wird er sich möglicherweise doch etwas kritischer zur Bush-Regierung stellen, zum Beispiel wenn es darum geht, die Situation im Irak oder auch in Afghanistan zu stabilisieren?
Torry: Ich spekuliere nur darüber, gehe davon aus, dass wir eher Kontinuität in unserer Außen- und Europapolitik haben werden. Blair und Brown haben die Politik der jetzigen Regierung in den letzten zehn Jahren mitbestimmt und mitgestaltet und Gordon Brown hat das stark geprägt. Er war schon im Irak und er hat ziemlich klar gemacht, dass wir unsere Truppen im Irak noch eine Weile haben werden. Wir werden aber nur so lange im Irak bleiben, wie wir von der Regierung und von der Bevölkerung erwünscht sind.
Degenhardt: Herr Botschafter, Sie hatten bereits kurz das Stichwort Europa genannt. Bundeskanzlerin Merkel hofft, "dass wir auch künftig aus Großbritannien so positive Worte über Europa hören werden, wie wir es unter Tony Blair gewohnt waren". Ist diese Hoffnung denn berechtigt, denn Brown gilt ja als Euroskeptiker?
Torry: Ich würde einen Unterschied sehen zwischen Worten und Aktionen. Man hört viele schöne Worte überall in Europa und über Europapolitik, aber wenn man genauer hinguckt, sieht man in verschiedenen Ländern, die sehr pro-europäisch sprechen, dass sie bei den Verpflichtungen zum Beispiel bei der Durchführung der Richtlinien aus Brüssel in der nationalen Gesetzgebung Schlusslicht sind.
Wir werden die Europapolitik mitgestalten. Ich glaube, dass wir eine wichtige Rolle zum Beispiel bei den Themen Klimawandel, Energiesicherheit und den Problemen, die wirklich für unsere Bevölkerung wichtig sind, wie Arbeitslosigkeit, wie können wir als Europäer Schritt halten mit der Herausforderung aus China und aus den Vereinigten Staaten in dieser globalisierten Welt, wie können wir unseren Lebensstandard sichern, spielen werden. Dies sind die Probleme, die wirklich dringend sind, und hier haben wir einen sehr guten "Record" zu zeigen.
Degenhardt: Zur Innenpolitik. Zehn Jahre Tony Blair, wie sehr hat er Großbritannien verändert? Eine französische Zeitung hat kommentiert, er habe es geschafft, die Linke mit einer Gesellschaft der Individuen in Einklang zu bringen. Können Sie damit etwas anfangen?
Torry: Ich glaube, dass es in Großbritannien inzwischen akzeptiert ist, dass wir nur soziale Gerechtigkeit haben können auf der Basis einer florierenden Wirtschaft. Das eine geht ohne das andere nicht. Ohne das Zweite geht das Erste nicht. Erste Aufgabe der Regierung ist es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, so dass die Wirtschaft floriert. Das ist in den letzten Jahren bei uns passiert.
Ich wiederhole: in den letzten 15 Jahren ist unsere Wirtschaft um 40 Prozent gewachsen. Auf dem europäischen Festland ist das viel, viel weniger gewesen. Wir haben die Hälfte der Arbeitslosigkeitsrate wie in Deutschland. Die Beschäftigungsquote ist 10 Prozent höher und so weiter und so fort. Drei Millionen neue Jobs, wir haben die Investitionen für Gesundheitswesen, Bildung und Verkehr verdreifacht. Das sind alles sehr wichtige Leistungen, aber die können nur auf der Basis einer florierenden Wirtschaft stattfinden. Das wird Hauptaufgabe Gordon Browns sein, diese Wirtschaftspolitik weiter voranzutreiben, wie er sie in den letzten zehn Jahren gemacht hat.
Degenhardt: Was erwarten denn jetzt Ihre Landsleute von Gordon Brown? Zunächst einmal sicher einen anderen Regierungsstil. Brown gilt im Gegensatz zu Tony Blair ja eher als introvertiert und hat auch nicht dessen Strahlkraft.
Torry: Ich kann kaum behaupten, dass ich Gordon Brown sehr gut kenne. Ich habe ihn vier- oder fünfmal persönlich erlebt. Privat ist er sehr offen. Er interessiert sich enorm für die Sache. Zum Beispiel wenn er nach Deutschland kommt, will er über die Kanzlerin hören, will er über die deutsche Innenpolitik hören, will er über die deutsche Europapolitik hören. Ich glaube, dass wir eine Regierung haben werden, die im Grunde genommen Kontinuität zeigen wird, Innen- und Außenpolitik.
Er ist sehr für die Bekämpfung von Armut in Afrika, aber auch in Großbritannien selbstverständlich engagiert, für soziale Gerechtigkeit engagiert, für Chancengleichheit engagiert. Er wird ich glaube Schwerpunkte setzen auf Bildung in England, so dass jeder eine Chance hat, sich nach vorne zu bringen. Ich gehe also davon aus, dass er weiter wie in den letzten zehn Jahren Kontinuität zeigt, aber mit ein paar verschiedenen Akzenten, die mit der Person zu tun haben.
Degenhardt: Nach meinem Eindruck hat sich in der Ära Blair das Verhältnis zwischen Briten und Deutschen ja doch sehr positiv entwickelt. Dazu hat gewiss auch ein Ereignis wie die Fußballweltmeisterschaft im letzten Jahr in Deutschland beigetragen, auch dass Blair ein großer Kommunikator war. Wie wird sich das unter Gordon Brown entwickeln? Können er und Merkel zum Beispiel?
Torry: Gordon Brown kam nach Berlin genau vor einem Jahr und hat ein sehr gutes Gespräch mit der Kanzlerin geführt. Ich sehe überhaupt kein Problem. Es ist gut, wenn die Persönlichkeiten, die an der Führung der Regierung stehen, miteinander gut können. Großbritannien und Deutschland sind aber natürliche Partner, weil wir im Grunde genommen beide wichtige Punkte momentan auf unserer Agenda haben. Momentan sind wir an der gleichen Stelle. Wir haben die gleichen Interessen und für uns ist Deutschland bei weitem der wichtigste Partner auf dem europäischen Festland, und das wird so bleiben.
Degenhardt: Sir Peter Torry, der Botschafter Großbritanniens in Deutschland, zum Wechsel Blair/Brown an der Spitze der Regierung in London.
Sorgen um Tony Blair müssen wir uns nicht machen. Er hat bereits einen neuen Job. Er ist ab sofort Sondergesandter des Nahost-Quartetts. Über das Erbe Tony Blairs habe ich mit Sir Peter Torry gesprochen, dem Botschafter Großbritanniens in Deutschlands. Meine erste Frage lautete, ob die Menschen außerhalb Großbritanniens nicht Tony Blair immer zuerst mit dem Irak-Krieg und seiner unkritischen Haltung zur Bush-Regierung in Verbindung bringen werden?
Sir Peter Torry: Ich glaube nicht. Ich glaube, dass die Hauptleistung der letzten zehn Jahre die wirtschaftliche Renaissance in Großbritannien war. Vor zehn Jahren waren wir Schlusslicht in Bezug auf Einkommen pro Kopf unter den G7-Ländern. Wir sind jetzt Zweiter nach Amerika. Unsere Wirtschaft ist um 30 Prozent gewachsen, die deutsche in dieser Zeit erheblich weniger. Wir haben die Hälfte der Arbeitslosigkeitsrate von der in Deutschland und die Beschäftigung ist um drei Millionen gestiegen. Ich glaube, das wird das Haupterbe von Tony Blair sein.
Degenhardt: Was ist mit seiner Irak-Politik? Da sind Sie mir jetzt ein wenig ausgewichen. Tony Blair hatte ja nicht zuletzt erst den Ruf, er würde sich benehmen wie ein Pudel Washingtons, weil er so unkritisch die Politik der Bush-Regierung übernommen habe.
Torry: Ich höre ständig diesen Vorwurf, dass wir ein Pudel Washingtons sind. Ich ziehe die Metapher vor, dass wir der Blindenhund Washingtons sind. Ich glaube die Irak-Politik ist immer noch offen. Sie ist selbstverständlich sehr umstritten, hier in Deutschland, in Großbritannien, in Amerika, auch selbstverständlich im Irak. Wir müssen aber abwarten. Die Geschichte wird ihr Urteil fällen. Es ist zu früh zu sagen, wie es ausgehen wird. Aber lassen wir uns nicht vergessen, dass wir uns am Anfang dieses Projektes vor drei, vier, fünf Jahren in den Vereinten Nationen einig waren, dass Saddam Hussein die verschiedenen Resolutionen nicht geachtet hat und darum die passenden Konsequenzen ziehen musste.
Degenhardt: Werden sich denn unter Blairs Nachfolger Gordon Brown möglicherweise diesbezüglich die Gewichte etwas verschieben und wenn ja, in welche Richtung? Wird er sich möglicherweise doch etwas kritischer zur Bush-Regierung stellen, zum Beispiel wenn es darum geht, die Situation im Irak oder auch in Afghanistan zu stabilisieren?
Torry: Ich spekuliere nur darüber, gehe davon aus, dass wir eher Kontinuität in unserer Außen- und Europapolitik haben werden. Blair und Brown haben die Politik der jetzigen Regierung in den letzten zehn Jahren mitbestimmt und mitgestaltet und Gordon Brown hat das stark geprägt. Er war schon im Irak und er hat ziemlich klar gemacht, dass wir unsere Truppen im Irak noch eine Weile haben werden. Wir werden aber nur so lange im Irak bleiben, wie wir von der Regierung und von der Bevölkerung erwünscht sind.
Degenhardt: Herr Botschafter, Sie hatten bereits kurz das Stichwort Europa genannt. Bundeskanzlerin Merkel hofft, "dass wir auch künftig aus Großbritannien so positive Worte über Europa hören werden, wie wir es unter Tony Blair gewohnt waren". Ist diese Hoffnung denn berechtigt, denn Brown gilt ja als Euroskeptiker?
Torry: Ich würde einen Unterschied sehen zwischen Worten und Aktionen. Man hört viele schöne Worte überall in Europa und über Europapolitik, aber wenn man genauer hinguckt, sieht man in verschiedenen Ländern, die sehr pro-europäisch sprechen, dass sie bei den Verpflichtungen zum Beispiel bei der Durchführung der Richtlinien aus Brüssel in der nationalen Gesetzgebung Schlusslicht sind.
Wir werden die Europapolitik mitgestalten. Ich glaube, dass wir eine wichtige Rolle zum Beispiel bei den Themen Klimawandel, Energiesicherheit und den Problemen, die wirklich für unsere Bevölkerung wichtig sind, wie Arbeitslosigkeit, wie können wir als Europäer Schritt halten mit der Herausforderung aus China und aus den Vereinigten Staaten in dieser globalisierten Welt, wie können wir unseren Lebensstandard sichern, spielen werden. Dies sind die Probleme, die wirklich dringend sind, und hier haben wir einen sehr guten "Record" zu zeigen.
Degenhardt: Zur Innenpolitik. Zehn Jahre Tony Blair, wie sehr hat er Großbritannien verändert? Eine französische Zeitung hat kommentiert, er habe es geschafft, die Linke mit einer Gesellschaft der Individuen in Einklang zu bringen. Können Sie damit etwas anfangen?
Torry: Ich glaube, dass es in Großbritannien inzwischen akzeptiert ist, dass wir nur soziale Gerechtigkeit haben können auf der Basis einer florierenden Wirtschaft. Das eine geht ohne das andere nicht. Ohne das Zweite geht das Erste nicht. Erste Aufgabe der Regierung ist es, die Rahmenbedingungen zu schaffen, so dass die Wirtschaft floriert. Das ist in den letzten Jahren bei uns passiert.
Ich wiederhole: in den letzten 15 Jahren ist unsere Wirtschaft um 40 Prozent gewachsen. Auf dem europäischen Festland ist das viel, viel weniger gewesen. Wir haben die Hälfte der Arbeitslosigkeitsrate wie in Deutschland. Die Beschäftigungsquote ist 10 Prozent höher und so weiter und so fort. Drei Millionen neue Jobs, wir haben die Investitionen für Gesundheitswesen, Bildung und Verkehr verdreifacht. Das sind alles sehr wichtige Leistungen, aber die können nur auf der Basis einer florierenden Wirtschaft stattfinden. Das wird Hauptaufgabe Gordon Browns sein, diese Wirtschaftspolitik weiter voranzutreiben, wie er sie in den letzten zehn Jahren gemacht hat.
Degenhardt: Was erwarten denn jetzt Ihre Landsleute von Gordon Brown? Zunächst einmal sicher einen anderen Regierungsstil. Brown gilt im Gegensatz zu Tony Blair ja eher als introvertiert und hat auch nicht dessen Strahlkraft.
Torry: Ich kann kaum behaupten, dass ich Gordon Brown sehr gut kenne. Ich habe ihn vier- oder fünfmal persönlich erlebt. Privat ist er sehr offen. Er interessiert sich enorm für die Sache. Zum Beispiel wenn er nach Deutschland kommt, will er über die Kanzlerin hören, will er über die deutsche Innenpolitik hören, will er über die deutsche Europapolitik hören. Ich glaube, dass wir eine Regierung haben werden, die im Grunde genommen Kontinuität zeigen wird, Innen- und Außenpolitik.
Er ist sehr für die Bekämpfung von Armut in Afrika, aber auch in Großbritannien selbstverständlich engagiert, für soziale Gerechtigkeit engagiert, für Chancengleichheit engagiert. Er wird ich glaube Schwerpunkte setzen auf Bildung in England, so dass jeder eine Chance hat, sich nach vorne zu bringen. Ich gehe also davon aus, dass er weiter wie in den letzten zehn Jahren Kontinuität zeigt, aber mit ein paar verschiedenen Akzenten, die mit der Person zu tun haben.
Degenhardt: Nach meinem Eindruck hat sich in der Ära Blair das Verhältnis zwischen Briten und Deutschen ja doch sehr positiv entwickelt. Dazu hat gewiss auch ein Ereignis wie die Fußballweltmeisterschaft im letzten Jahr in Deutschland beigetragen, auch dass Blair ein großer Kommunikator war. Wie wird sich das unter Gordon Brown entwickeln? Können er und Merkel zum Beispiel?
Torry: Gordon Brown kam nach Berlin genau vor einem Jahr und hat ein sehr gutes Gespräch mit der Kanzlerin geführt. Ich sehe überhaupt kein Problem. Es ist gut, wenn die Persönlichkeiten, die an der Führung der Regierung stehen, miteinander gut können. Großbritannien und Deutschland sind aber natürliche Partner, weil wir im Grunde genommen beide wichtige Punkte momentan auf unserer Agenda haben. Momentan sind wir an der gleichen Stelle. Wir haben die gleichen Interessen und für uns ist Deutschland bei weitem der wichtigste Partner auf dem europäischen Festland, und das wird so bleiben.
Degenhardt: Sir Peter Torry, der Botschafter Großbritanniens in Deutschland, zum Wechsel Blair/Brown an der Spitze der Regierung in London.