Töne der Trauer

Gast: Habakuk Traber; Moderation: Michael Dasche · 24.11.2013
Als Karl Amadeus Hartmann im Jahr 1939 sein "Concerto funèbre" schuf, konnte er schon eine Reihe bedeutender Werke vorweisen. Doch ist gerade dieses Violinkonzert zum Inbegriff einer widerständigen "Bekenntnismusik" geworden, mit der sich der Komponist dem nationalsozialistischen Regime entgegenstellte.
Die "Gegenaktion", um die es Hartmann ging, verlangte nach einer ersten und großen Musik. Und so prägte der Komponist ein Idiom aus, in dem sich leidenschaftliche Expression und grüblerische Selbstreflexion, Klage und Anklage, Resignation und Aufbegehren vermischen. All diese Befindlichkeiten nehmen im Verlauf des Werks suggestiv wirkendende Klanggestalt an und bestimmen zugleich seine Dramaturgie. Hartmann selbst hat dazu eine sachlich-nüchterne Beschreibung gegeben:
"Mein Concerto funèbre", schrieb er in einem Kommentar zur Neufassung des Werks von 1959, "entstand im Herbst 1939. Diese Zeit deutet den Grundcharakter und Anlass meines Stückes an.
Die vier Sätze, Choral - Adagio - Allegro - Choral, gehen pausenlos ineinander über. Der damaligen Aussichtslosigkeit für das Geistige sollte in den beiden Chorälen am Anfang und am Ende ein Ausdruck der Zuversicht entgegengestellt werden. Der erste Choral wird hauptsächlich von der Solostimme getragen. Das Orchester, das nicht begleitet, übernimmt nur die Kadenzierung. Dar zweite Choral am Schluss hat den Charakter eines langsamen Schreitens, mit einer liedartigen Melodie. Die Klage im Adagio, unterbrochen von trauermarschartigen Episoden, steht im Zeichen der Melodie und des Klanges. Das Allegro - mit hämmernden Achtelnoten - entfesselt rhythmische und dynamische Kräfte. Ich wollte all das niederschreiben, was ich dachte und fühlte, und das ergab Form und Melos."
Auf Grundlage dieser Vorgaben findet das "Concerto" erstaunlich verschiedenartige Realisationen, wobei sich manche Variante aus den Zeitumständen der Aufnahmen und der Generationszugehörigkeit der Interpreten erklärt. Von daher ergeben sich aufschlussreiche Vergleiche zwischen den historischen Einspielungen in der Paarung André Gertler / Karel Ancerl und Wolfgang Schneiderhan / Raffael Kubelik auf der einen und Einspielungen jüngeren Datums, wie sie etwa von Baiba Skride, Thomas Zehetmair oder Isabelle Faust vorgelegt wurden, auf der anderen Seite.