Tödliches Spiel
Vor drei Jahren hat der georgische Regisseur Gela Babluani in Frankreich seinen ersten Spielfilm "13Tzameti" gedreht und dafür seither international Preise eingeheimst. In dieser Woche startet der Streifen über ein perverses Roulettespiel um Leben und Tod auch in den deutschen Kinos. Babluani lebt inzwischen in Los Angeles und arbeitet an einem Hollywood-Remake.
In einem kleinen schummrigen Raum stehen gut ein Dutzend Männer im Kreis. Sie haben Nummern auf ihren T-Shirts und einen Trommelrevolver in der Hand. Ein Schiedsrichter - wenn man hier überhaupt ein Wort aus dem Sport verwenden sollte - hockt ähnlich wie bei einem Tennismatch auf einer Leiter. Nach Anweisung laden die Männer die Waffen mit je einer Kugel und drehen an den Trommeln. Auf einen weiteren Befehl legt jeder den Lauf seines Revolvers an die Schläfe des Vordermannes. Wenn die grelle Glühlampe in der Mitte des Raums aufleuchtet, wird abgedrückt.
Die Leichen werden schnell fortgeschafft, die Zuschauer lassen neue Wetten platzieren, die Überlebenden - darunter auch Sébastien - werden in die nächste Todesrunde geschickt. Der etwa 20-Jährige ist ein georgischer Emigrant, in Paris ernährt er seine Familie durch Gelegenheitsjobs als Dachdecker, zuletzt arbeitete er nahe der Küste in einer verfallenen Villa.
Durch den Tod seines Auftraggebers wird er jedoch um den Lohn geprellt. Er nimmt einen an diesen adressierten Brief sich, der neben einem Bahnticket auch die Adresse eines bereits bezahlten Hotelzimmers enthält. So ausgestattet, macht Sébastien sich mit falscher Identität auf den Weg, bis er nach einigen Kontakten wie bei einer Schnitzeljagd in einem abgelegenen Waldhaus inmitten obskurer Gestalten landet.
Seine "Startnummer" bei dem diabolischen Spiel um Leben und Tod ist die 13. Auf Georgisch - der Muttersprache des Regisseurs Gela Babluani - Tzameti.
Gela Babluani: "Ich wollte einen Film über allgemeingültige menschliche Schicksale drehen. Dann kam das Bild mit dem Roulette. Das Leben ist oft wie ein Spiel. Und so wurde im Film das Spiel zum Hauptthema. Menschen hängen nicht mehr von sich selbst ab, sondern von anderen - wie es im Leben eben manchmal so ist. Wie sehr ich auch versuche, meine Sache gut zu machen, es kann Umstände geben, die uns fertig machen, ohne dass wir etwas dagegen tun können."
Drei Jahre hat der 29-Jährige an seinem ersten abendfüllenden Kinofilm gearbeitet. Er besticht schon formal mit unter die Haut gehenden Schwarzweiß-Bildern von einem perversen Russisch-Roulette-Club. 2005 hatte er bei den Filmfestspielen von Venedig einen Löwen in der Kategorie Debütfilm erhalten.
Es sind primär die Stummfilm-Klassiker der frühen Sowjetzeit, die Babluanis künstlerischen Geschmack prägten. Sein Vater Temur hatte sie ihm nahegebracht. Er ist in seiner georgischen Heimat selbst ein populärer Regisseur. 1993 erhielt er auf der Berlinale für den Film "Die Sonne der Wachenden" einen Silbernen Bären.
Seine georgischen Wurzeln hat auch Gela Babluani nicht ganz verloren. Obgleich er das Land mit 17 verließ, hat er den Zerfall der Sowjetunion und den dadurch entstandenen Zusammenbruch jeglicher Infrastruktur, das Chaos und den Bürgerkrieg in seiner Heimat hautnah erlebt.
"Ich bin dort geboren, aufgewachsen, meine Mentalität wurde dort geprägt. Nur dadurch, dass ich nach Frankreich ging, habe ich einen gewissen Abstand zur Situation in meinem Land gewonnen, und aus dieser Distanz habe ich die zwischenmenschlichen Beziehungen beobachtet. Wenn du im Alltag steckst, permanent im Chaos, verlierst du den Überblick, von Weitem kann man besser sehen."
Es sei sehr schmerzhaft für ihn gewesen zu beobachten, wie die traditionsreiche georgische Film-Szene zerbrach. Wer es geschafft hatte, ging ins Ausland, um dort mehr oder minder erfolgreich arbeiten zu können. In der Heimat gab es kein Geld, erst recht nicht, um Kinoproduktionen zu realisieren.
Deshalb drehte beispielsweise auch Nana Jorjadze im Ausland. Mit "1001 Rezepte eines verliebten Kochs" verhalf sie Pierre Richard zu einem Comeback. Fern der Heimat erringen Georgier auch wieder Oscarnominierungen und Preise bei wichtigen europäischen Festivals wie zum Beispiel Otar Iossiliani mit "Montagmorgen" auf der Berlinale 2002 oder Dito Tsintsadze mit gleich zwei Filmen, "Schussangst" in San Sebastian und "Der Mann von der Botschaft" in Venedig. Nicht wenige ihrer Kollegen in der georgischen Hauptstadt Tbilissi versuchten zur gleichen Zeit mit Seifenopern fürs Fernsehen zu überleben.
"Mit am meisten schmerzt, dass in den zurückliegenden zehn Jahren die Kinoschule 'verschwunden' ist. Es ist eine ganze Generation verloren gegangen, weil es keine Arbeitsmöglichkeiten mehr gab. Eine Kinoschule braucht auch eine entsprechende technische Ausstattung. Es gab aber faktisch nichts mehr."
Doch langsam keimt in Georgien wieder Hoffnung auf. Die wirtschaftliche und politische Lage im Fünf-Millionen-Land an der Schwarzmeerküste hat sich seit einigen Jahren relativ stabilisiert. Es gibt wieder Filmstudios, in denen auch wieder "typisch" georgische Filme hergestellt werden.
"Ich glaube zwar nicht, dass aus Georgien große kommerzielle Filme kommen werden, aber Filme mit hohem kulturellem Anspruch und großer Fantasie haben wir schon früher gemacht, wirklich poetische, sehr originelle Filme mit einer feinen Dramaturgie."
Ob er selbst irgendwann in Georgien drehen wird, mag Gela Babluani nicht vorherzusagen. Derzeit wohnt er in Los Angeles. In Hollywood soll unter seiner Regie ein amerikanisches Remake von 13 Tzameti entstehen.
Die Leichen werden schnell fortgeschafft, die Zuschauer lassen neue Wetten platzieren, die Überlebenden - darunter auch Sébastien - werden in die nächste Todesrunde geschickt. Der etwa 20-Jährige ist ein georgischer Emigrant, in Paris ernährt er seine Familie durch Gelegenheitsjobs als Dachdecker, zuletzt arbeitete er nahe der Küste in einer verfallenen Villa.
Durch den Tod seines Auftraggebers wird er jedoch um den Lohn geprellt. Er nimmt einen an diesen adressierten Brief sich, der neben einem Bahnticket auch die Adresse eines bereits bezahlten Hotelzimmers enthält. So ausgestattet, macht Sébastien sich mit falscher Identität auf den Weg, bis er nach einigen Kontakten wie bei einer Schnitzeljagd in einem abgelegenen Waldhaus inmitten obskurer Gestalten landet.
Seine "Startnummer" bei dem diabolischen Spiel um Leben und Tod ist die 13. Auf Georgisch - der Muttersprache des Regisseurs Gela Babluani - Tzameti.
Gela Babluani: "Ich wollte einen Film über allgemeingültige menschliche Schicksale drehen. Dann kam das Bild mit dem Roulette. Das Leben ist oft wie ein Spiel. Und so wurde im Film das Spiel zum Hauptthema. Menschen hängen nicht mehr von sich selbst ab, sondern von anderen - wie es im Leben eben manchmal so ist. Wie sehr ich auch versuche, meine Sache gut zu machen, es kann Umstände geben, die uns fertig machen, ohne dass wir etwas dagegen tun können."
Drei Jahre hat der 29-Jährige an seinem ersten abendfüllenden Kinofilm gearbeitet. Er besticht schon formal mit unter die Haut gehenden Schwarzweiß-Bildern von einem perversen Russisch-Roulette-Club. 2005 hatte er bei den Filmfestspielen von Venedig einen Löwen in der Kategorie Debütfilm erhalten.
Es sind primär die Stummfilm-Klassiker der frühen Sowjetzeit, die Babluanis künstlerischen Geschmack prägten. Sein Vater Temur hatte sie ihm nahegebracht. Er ist in seiner georgischen Heimat selbst ein populärer Regisseur. 1993 erhielt er auf der Berlinale für den Film "Die Sonne der Wachenden" einen Silbernen Bären.
Seine georgischen Wurzeln hat auch Gela Babluani nicht ganz verloren. Obgleich er das Land mit 17 verließ, hat er den Zerfall der Sowjetunion und den dadurch entstandenen Zusammenbruch jeglicher Infrastruktur, das Chaos und den Bürgerkrieg in seiner Heimat hautnah erlebt.
"Ich bin dort geboren, aufgewachsen, meine Mentalität wurde dort geprägt. Nur dadurch, dass ich nach Frankreich ging, habe ich einen gewissen Abstand zur Situation in meinem Land gewonnen, und aus dieser Distanz habe ich die zwischenmenschlichen Beziehungen beobachtet. Wenn du im Alltag steckst, permanent im Chaos, verlierst du den Überblick, von Weitem kann man besser sehen."
Es sei sehr schmerzhaft für ihn gewesen zu beobachten, wie die traditionsreiche georgische Film-Szene zerbrach. Wer es geschafft hatte, ging ins Ausland, um dort mehr oder minder erfolgreich arbeiten zu können. In der Heimat gab es kein Geld, erst recht nicht, um Kinoproduktionen zu realisieren.
Deshalb drehte beispielsweise auch Nana Jorjadze im Ausland. Mit "1001 Rezepte eines verliebten Kochs" verhalf sie Pierre Richard zu einem Comeback. Fern der Heimat erringen Georgier auch wieder Oscarnominierungen und Preise bei wichtigen europäischen Festivals wie zum Beispiel Otar Iossiliani mit "Montagmorgen" auf der Berlinale 2002 oder Dito Tsintsadze mit gleich zwei Filmen, "Schussangst" in San Sebastian und "Der Mann von der Botschaft" in Venedig. Nicht wenige ihrer Kollegen in der georgischen Hauptstadt Tbilissi versuchten zur gleichen Zeit mit Seifenopern fürs Fernsehen zu überleben.
"Mit am meisten schmerzt, dass in den zurückliegenden zehn Jahren die Kinoschule 'verschwunden' ist. Es ist eine ganze Generation verloren gegangen, weil es keine Arbeitsmöglichkeiten mehr gab. Eine Kinoschule braucht auch eine entsprechende technische Ausstattung. Es gab aber faktisch nichts mehr."
Doch langsam keimt in Georgien wieder Hoffnung auf. Die wirtschaftliche und politische Lage im Fünf-Millionen-Land an der Schwarzmeerküste hat sich seit einigen Jahren relativ stabilisiert. Es gibt wieder Filmstudios, in denen auch wieder "typisch" georgische Filme hergestellt werden.
"Ich glaube zwar nicht, dass aus Georgien große kommerzielle Filme kommen werden, aber Filme mit hohem kulturellem Anspruch und großer Fantasie haben wir schon früher gemacht, wirklich poetische, sehr originelle Filme mit einer feinen Dramaturgie."
Ob er selbst irgendwann in Georgien drehen wird, mag Gela Babluani nicht vorherzusagen. Derzeit wohnt er in Los Angeles. In Hollywood soll unter seiner Regie ein amerikanisches Remake von 13 Tzameti entstehen.