Tödliche Schüsse eines Polizisten

North Charleston zieht Konsequenzen

Der Bürgermeister von North Charleston, Keith Summey
Der Bürgermeister von North Charleston, Keith Summey: "Anklage ist ein Resultat dieses Videos." © picture alliance/dpa/Stephen B. Morton
Von Marcus Pindur · 09.04.2015
Nur zufällig dokumentiert ein Video die tödlichen Schüsse eines US-Polizisten auf einen Schwarzen, ein Mann filmte sie mit seinem Handy. Künftig sollen Polizisten routinemäßig Kameras am eigenen Körper tragen. Das zumindest plant die US-Stadt, in der sich das Verbrechen ereignete.
Hätte nicht ein aufmerksamer Bürger die Begegnung zwischen dem schwarzen Familienvater Walter Scott und dem weißen Polizisten Michael Slager per Handy-Video dokumentiert, dann wäre der Fall wohl bald zu den Akten gelegt worden. Der Polizist hatte behauptet, in Notwehr gehandelt zu haben.
Der bei einer Verkehrskontrolle gestoppte Walter Scott habe ihm seinen Elektroschocker entrissen, so der Polizist. Das Video aber belegt, dass der Elektroschocker auf dem Boden lag, als das 50-Jährige Opfer von dem Polizisten weglief. Der Polizist feuerte acht Schüsse, vier trafen Walter Scott in den Rücken. Wenig später sieht man, wie der mutmaßliche Täter den Elektroschocker neben den am Boden liegenden platziert und dann wieder aufhebt, als ein weiterer Polizist hinzukommt. Dem schwer verletzten Opfer werden noch Handschellen angelegt, dann verblutet der Mann.
"Anklage ist Resultat dieses Videos"
Anders als in Ferguson, als der junge Schwarze Michael Brown unter ungeklärten Umständen von einem weißen Polizisten erschossen worden war, reagieren die Behörden in South Carolina sofort. Der Polizist wird festgenommen und des Mordes angeklagt.
"Ich kann Ihnen sagen, dass die Anklage Resultat dieses Videos ist und der schlechten Entscheidung, die unser Polizist getroffen hat",
erklärt der Bürgermeister von North Charleston, Keith Summey. Der örtliche Polizeichef Eddie Driggers sagte, er sei entsetzt. Die Polizei von North Charleston bekomme jetzt Körperkameras.
"Ich habe das Video gesehen, und was ich gesehen habe war abstoßend."
Der mutmaßliche Täter war schon mehrere Male aufgefallen – durch Klagen von Bürgern über unnötige Gewaltanwendung. Vor zwei Jahren hatte ein Zeuge behauptet, Michael Slager habe ihn mit einem Elektroschocker misshandelt. Eine Anklage gab es mangels Beweisen jedoch nicht. Wenigstens sei dies jetzt anders, so der Bruder des Opfers, Anthony Scott:
"Nichts kann meinen Bruder zurückbringen, und meine Familie ist in tiefer Trauer. Aber wenigstens nimmt jetzt die Gerechtigkeit ihren Lauf."
Bürger für Beirat bei Beschwerden
Das ist den Demonstranten vor dem Rathaus von North Charleston zu wenig. Sie wollen der Polizei ein "Citizen Review Board" zur Seite stellen, eine Art Beirat, der Beschwerden nachgehen kann, so der Aktivist Muhuiyidin D'Baha.
"Man kann das Training und die Rekrutierung der Polizei verändern. Wir könnten Polizisten zur Verantwortung ziehen, die Bürger misshandeln. Das muss aus der Bürgerschaft geschehen. Und ein Kontrollrat der Bürger wäre eine Möglichkeit, die Polizei zu sensibilisieren."
Die Familie von Walter Scott will, dass sein Fall ein Ausgangspunkt wird für ein anderes Verhalten der Polizei, so sein Bruder Anthony:
"Ich möchte, dass mein Bruder als derjenige im Gedächtnis behalten wird, der den Kurs Amerikas verändert hat. Als derjenige, der das Verhalten von Polizeibehörden landesweit verändert hat, so dass sie bessere Entscheidungen treffen, bevor sie jemanden erschießen. Und hoffentlich bekommen jetzt Polizisten überall in den USA Körperkameras, damit andere nicht erleiden müssen, was wir gerade durchleben.“
Mehr zum Thema