Tödliche Attacke in Frankfurt am Main

Mordverdächtiger wurde in der Schweiz gesucht

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Trauer in Frankfurt am Main nach toedlicher Gleis-Attacke am Hauptbahnhof. Auf dem Bahnsteig liegen Blumen, Kerzen und Kuscheltiere.
Trauer in Frankfurt am Main nach tödlicher Gleis-Attacke am Hauptbahnhof. © picture alliance/dpa/HMB Media/Oliver Mueller
Von Ludger Fittkau · 30.07.2019
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Der Tatverdächtiger, der am Montag einen Jungen vor einen ICE am Hauptbahnhof von Frankfurt am Main gestoßen haben soll, wurde in der Schweiz von der Polizei gesucht. Eine psychische Erkrankung des Mannes könne nicht ausgeschlossen werden.
Noch schweigt der 40 Jahre alte Mordverdächtige, nachdem er gestern einen acht Jahre alten Jungen im Frankfurter Hauptbahnhof vor einen fahrenden Zug gestoßen hatte. Der Junge wurde dabei getötet, seine Mutter sowie eine weitere 78 Jahre alte Frau, die der mutmaßliche Täter aufs Gleis schubsen wollte, konnten sich retten. Eine psychische Erkrankung des Tatverdächtigen könne nicht ausgeschlossen werden. Der genaue Tathergang gestern auf Gleis 7 des Hauptbahnhofs Frankfurt am Main wird zur Zeit minutiös rekonstruiert, so Oberstaatsanwältin Nadya Niesen, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main.
"Dann wurden bereits und werden natürlich weiterhin zahlreiche Zeugen vernommen werden. Uns zur Verfügung stehendes Videomaterial wird ausgewertet. Und dann werden wir natürlich auch warten, ob der Beschuldigte sich im weiteren Verlauf der Ermittlungen zu der Tat äußern wird. Er soll seit 2006 in der Schweiz leben, er soll verheiratet und Vater von drei Kindern sein."

Keine Verbindung zur Flüchtlingsbewegung von 2015

Der Mann eritreischer Herkunft lebt bereits seit 2006 im Kanton Zürich in der Schweiz mit einer sogenannten "Niederlassungsbewilligung". Das ist ein vergleichsweise guter Aufenthaltsstatus für Ausländer im Nachbarland, den man nur bekommt, wenn man zehn Jahre lang ein unbescholtener Bürger war, keine Sozialhilfe in Anspruch nahm und auch sprachlich bestens integriert ist. Klar ist damit: Mit der großen Flüchtlingsbewegung 2015 und der Migrationspolitik der deutschen Bundesregierung hat dieser langjährige Einwohner des Kantons Zürich nichts zu tun.
Allerdings: Der mutmaßliche Täter von Frankfurt am Main wurde seit dem vergangenen Donnerstag von der Schweizer Polizei gesucht. Der Mann habe seine Nachbarin mit einem Messer bedroht, eingesperrt und sei dann geflohen. Daraufhin sei er in der Schweiz zur Festnahme ausgeschrieben gewesen, sagte Bundespolizeipräsident Dieter Romann heute in Berlin.

Psychische Erkrankung wird nicht ausgeschlossen

Eine psychische Erkrankung des Tatverdächtigen könne nicht ausgeschlossen werden, so Oberstaatsanwältin Nadya Niesen. Im Hessischen Rundfunk hatte bereits die Tatzeugin Elke Schneiderbanger beschrieben, dass der Mordverdächtige sich nach der Tat aus ihrer Sicht etwas merkwürdig verhalten hatte:
"Der ist zwar schnell gelaufen, aber nicht so, dass man den Eindruck hatte, der rennt jetzt wirklich davon. Als er dann nicht mehr in Sicht war, hat sich eine Frau auf den Weg gemacht und ist hinterhergerannt und ein Mann dann wohl auch noch."
Hinweise, dass der Mann die Tat in Frankfurt am Main als Racheakt für die Schüsse auf einen Eriteer im nahegelegenen Wächtersbach begangen haben könnte, hat die Staatsanwaltschaft nicht. Sprecherin Nadya Niesen:
"Also bislang gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es irgendwelche Verbindungen zu dem Vorfall in Wächtersbach gibt, bei dem vor wenigen Tagen ein eritreischer Staatsbürger schwer verletzt worden ist. Wir ermitteln allerdings in alle Richtungen und sind auch bemüht, die Ermittlungen so umfassend es geht zu führen."

Bessere Absicherung von Bahngleisen

Unterdessen wird eine intensive Diskussion über eine bessere Absicherung von Bahngleisen geführt. Ins Gespräch gebracht werden etwa neue Sicherheitsbarrieren wie bei neuen U-Bahn-Systemen in Asien, Glaswände oder Balustraden am Bahnsteig, die sich erst dann öffnen, wenn der Zug hält. Doch Fachleute halten die Nachrüstung von 6000 Bahnhöfen in Deutschland mit solcher Sicherheitstechnik für unrealistisch.
Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) hat gerade gestern eine Ausweitung der Videoüberwachung am Frankfurter Hauptbahnhof angekündigt. Das war ohnehin wegen der Vielzahl der Drogendelikte im Bahnhofsumfeld geplant und hat nichts mit der gestrigen Tat zu tun. Doch der Innenminister hat selbst Zweifel daran geäußert, dass damit die Tat verhindert worden wäre.
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