„Tipps vom Master of Disaster“

Die letzten Wasserspeicher sind ausgetrocknet, der Ganges ist nur noch ein schmales stinkendes Rinnsal, die Hitze auf 50 Grad gestiegen – Abermillionen Inder schleppen sich in Richtung Bangladesch, denn dort gibt es noch Wasser. Polizei und Militär können die Karawane der Verzweifelten nicht mehr stoppen.
Mit solchen Horrorvisionen beendet der Münchner Meteorologe Gerhard Berz sein Buch über Naturkatastrophen. Natürlich hofft er, dass es nie dazu kommen wird. Doch sein Optimismus hält sich in Grenzen und das aus gutem Grund, wie nicht zuletzt die gescheiterten Weltklimaverhandlungen in Kopenhagen gezeigt haben.

Dass sich der Risikoexperte intensiv mit Naturkatastrophen und dem Klimawandel auseinandergesetzt hat, ist natürlich kein Zufall. Schließlich will eine Rückversicherung, bei der sich andere Versicherungen gegen die enormen Schadenszahlungen absichern, wie sie insbesondere nach Naturkatastrophen fällig werden, möglichst genau wissen, was auf sie zukommt. Unterschätzt man drohende Gefahren, könnte man erhebliche Verluste erleiden.

Die Vorboten des Klimawandels sind jetzt schon zu sehen und daran lässt der Autor auch keinerlei Zweifel. Die Statistiken sind eindeutig. Steigende Temperaturen verändern Wolken- und Windbildung so stark, dass sich Extremwetterverhältnisse häufen. Tropische Hurrikane und Winterstürme, Sturzregen, Hagelstürme und Überschwemmungen, brennende Wälder und verdorrte Felder – all diese Ereignisse haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen und Milliardenschäden verursacht.

Es geht dem Autor natürlich nicht nur um solche wetterbedingten Naturkatastrophen, denen jeweils ein Kapitel gewidmet ist. Er beginnt sein Buch mit drei Extremereignissen, die die Menschheit im wahrsten Sinne des Wortes erschüttern: Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche.

Gerhard Berz, der die meisten Katastrophengebiete der Welt persönlich bereist hat, erklärt nicht nur in nüchtern-trockenem Stil, wie diese Naturkatastrophen zustande kommen, sondern auch, wie man sich vor ihnen möglichst gut schützen kann. Vorsorge ist sein großes Thema. Der Risikoexperte ist davon überzeugt, dass viele hätten gerettet werden können, wäre die Bevölkerung, wären die Urlauber bei der Tsunami-Katastrophe Weihnachten 2004 besser aufgeklärt gewesen. Das gilt auch für Vulkanausbrüche. Allein Erdbeben entziehen sich bisher Vorhersagen.

Bei den meisten Naturkatastrophen, so Gerhard Berz, lassen sich durch einige wenige Sicherheitsmaßnahmen die Schäden minimieren und Menschenleben retten. Das reicht von Bebauungsverboten in Flussniederungen bis zum Notfallrucksack. Sein Buch nennt unter der Überschrift „Tipps vom Master of Disaster“ ganz konkrete Ernstfallanweisungen für den Einzelnen. Vor allem Touristen sollten sich genau erkundigen, wie es an ihrem Urlaubsort um Katastrophenvorsorge bestellt ist. Etwas ermüdend sind die Wiederholungen. Auch die Tipps ähneln sich stark. Die Frage bleibt allerdings, an was man sich von all den Vorschlägen im Ernstfall erinnert. Das Buch wird man da leider nicht dabei haben.

Besprochen von Johannes Kaiser

Gerhard Berz: Wie aus heiterem Himmel? Naturkatastrophen und Klimawandel – Was uns erwartet und wie wir uns darauf einstellen sollten
dtv Verlag
231 Seiten, 18,90 Euro