Tierschutzpartei

"Gebt eure Foie gras zurück!"

Ein Hund sitzt am 26.04.2014 bei einer Demonstration in Berlin in einem Korb auf dem das Motto der Protestaktion "Forschung ja - Tierversuche nein!"
Ein Hund nimmt in Berlin bei einer Demonstration gegen Tierversuche teil. © picture alliance / dpa / Foto: Britta Pedersen
Von Tonia Koch · 04.08.2014
Zum ersten Mal in ihrer mehr als zwanzigjährigen Geschichte sitzt die Tierschutzpartei im Europaparlament. Das Mandat hat der Saarländer Stefan Bernhard Eck errungen. Der Veganer hat reichlich Ambitionen.
Das Feuerzeug will nicht recht. Es ist feucht, der Regen tröpfelt leise auf die Markisen in der Saarbrücker Innenstadt. Aber Rauchen muss sein, auch für einen überzeugten Veganer wie Stefan Bernhard Eck.
“Was, Veganer haben keine Laster? Ich rauche gern, das ist eine vegane Zigarette, ich esse gern, man kann vegan hervorragend kochen. Ich trinke gern auch einmal ein Glas Chablis oder ein Glas Bier als Saarländer. Man wird immer hingestellt, Veganer sind lustlose Asketen, absolut nicht, falsche Vorstellung.“
Ansonsten aber stimmt die Vorstellung. Sie sind ein Störenfried, Herr Eck!
"Ja, man kann mich als friedvollen Störenfried bezeichnen, danke für das Kompliment."
Den Finger in die Wunde legen
Der Bundesvorsitzende der "Partei: Mensch Umwelt Tierschutz" weiß auch ganz genau, wo er den Finger in die Wunde legen möchte.
"Ich störe die Lobby der großen Tierfabriken, der Fleischindustrie wegen der tierquälerischen Massentierhaltung, ich störe die Tierversuchsexperimentatoren, weil Tierversuche die schwärzesten Verbrechen der Welt sind. Das war im Übrigen ein Zitat von Mahatma Gandhi. Ich störe die Konsumenten, weil ich ihnen aufzeige, was auf ihrem Teller liegt und wie es produziert wurde. Ich störe, weil wir am Rande einer Klimakatastrophe stehen. Ich störe..."
Stefan Eck lässt keinen Bereich aus, nicht die Waffenexporte, die bedrohte Biodiversität und nicht die Einkommensentwicklung, die dafür sorge, dass die Reichen in Deutschland immer reicher und die Armen immer ärmer würden. Dass er sich verzetteln könnte bei all der Themenvielfalt, glaubt er nicht.
"Die Konzentration lernt man, man muss wissen, umzuschalten."
Die Tierschutzpartei und ihr Vorsitzender haben es ins Europaparlament geschafft und gemeinsam mit der niederländischen Kollegin, Corinne Cornelisse, die ebenfalls ein europäisches Mandat errungen hat, will Eck dem Tierschutz auf europäischer Ebene Gehör verschaffen.
"Der Erwartungsdruck ist immens und meine Wähler erwarten die Erfolge schon vorgestern. Und ich versuche immer wieder klar zu machen, dass die Uhren in Brüssel etwas anders ticken und dass ich Zeit brauche, etwas in die richtige Richtung zu lenken."
Ein Linker als Tierschützer
Eck und seine holländische Kollegin haben sich bewusst der Fraktion der europäischen Linken angeschlossen.
"Ganz einfach, mein Herz schlägt seit zig Jahren für die Tiere, aber mein Herz schlägt auch links. Aus einem ganz einfachen Grund. Das ganze Leid auf dieser Welt hängt damit zusammen, dass es Ausbeutungsmechanismen gibt, die auf dem kapitalistischen System beruhen und gegen diese Ausbeutungsmechanismen gehe ich vor."
Die europäischen Grünen hätten ebenfalls um die beiden Tierschützer gebuhlt, um ihre Fraktion zu stärken. Aber, die alte Liebe Grün, sie passe nicht mehr.
"Früher war Grün mal grün. Und bevor ich Mitglied der "Partei: Mensch Umwelt Tierschutz" geworden bin, habe ich auch immer Grün gewählt. Aber Grün ist verblasst, assimiliert und mittlerweile ein fades Grau geworden."
Der Bundesvorsitzende der Tierschutzpartei arbeitet in drei Ausschüssen, darunter Umwelt, Landwirtschaft und Gleichstellung und gerade in den beiden ersten will er auf seine Positionen aufmerksam machen. Allerdings dürfe man sich auf die institutionelle Arbeit nicht verlassen, wenn man Erfolg haben wolle. Das Brüsseler Parket biete viele Möglichkeiten, über die Parteigrenzen hinweg mit den Abgeordneten ins Gespräch zu kommen und für seine Sache zu werben.
"Ich hab‘ festgestellt, dass viele Abgeordneten überhaupt nicht das Wissen haben, wie die globale Fleischproduktion in Zusammenhang mit dem Klimawandel steht. Ich hatte mit einem englischen Abgeordneten der Labour-Party ein Gespräch geführt, der davon absolut nicht wusste, dass die globale Fleischproduktion mit 18 Prozent auf die Klimaerwärmung zu Buche schlägt."
Keine Lust auf Gänsestopfleber
Eck ist durchaus hartnäckig bei der Verfolgung seiner Interessen, selbst die Gänsestopfleber, die der Straßburger Bürgermeister schon Mal als Willkommensgruß an die Abgeordneten verteilen lässt, finden vor den Augen des überzeugten Veganers Eck keine Gnade.
"Ich war natürlich schockiert, eine Terrine Foie gras, bringt man mir ins Büro. Ich hab‘ dann in der nächsten Fraktionssitzung eine Rede gehalten: Liebe Genossinnen und Genossen, das ist das Essen des Klassenfeindes. Das können wir als Fraktion nicht machen, bitte gebt eure foie gras zurück!"
Alle seien der Aufforderung zwar nicht gefolgt, aber einige doch und für ihn sei es ein Achtungserfolg gewesen und ein Beispiel für eine gelungene Politik der kleinen Schritte.
"Immer wieder vorsichtig, mit einem Schuss Humor, den Finger auf die Wunde legen."
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