Thomas Krüger über Kinder-Werbevideos

Product-Placement auf dem Rücken der Kleinsten

05:07 Minuten
Ein Kind macht ein Selfie von sich und seinem Vater.
Mit Videos ihrer Kinder können Eltern heute richtig viel Geld verdienen. © imago/Westend61
Thomas Krüger im Gespräch mit Timo Grampes |
Audio herunterladen
Der Nachwuchs wird in allen Lebenslagen gefilmt - und die Eltern kassieren mit diesen Online-Videos ab. Denn mit Product Placement lässt sich viel Geld verdienen. Ist das nicht Kindesmissbrauch? Fragen wir Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes.
Es hat sich herumgesprochen: Mit Videos ihrer Kinder können Eltern heute richtig viel Geld verdienen. Kinder-Youtubing ist ein Trend und ein Geschäftsmodell. Manche Paare bauen ihren Nachwuchs schon im Kleinkindalter zu Werbeträgern – zu sogenannten Influencern – auf: Da werden die Kleinen beim morgendlichen Aufwachen oder nach einem Arztbesuch gezeigt – und dann tauchen irgendwo die Frühstücksmüsli-Packung einer bestimmten Marke oder ein angesagtes Trost-Spielzeugauto als Product Placement auf.

Immer krassere Filme werden online gestellt

Die Konkurrenz unter diesen Videos führt dazu, dass die Eltern immer krassere Filme produzieren müssen und ihre Kindern in teils sehr intimen Situationen zeigen. Wo sind die Grenzen? Ist das Kindesmissbrauch oder einfach nur die Demokratisierung der Medien? Wie kümmert sich der Staat um die Rechte der Kinder?
In Berlin findet am heutigen Donnerstag eine Fachtagung zu diesem Thema statt. Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, hat die Tagung organisiert und sagt: "Es gibt Eltern, die mit ihren Kindern als Kinderinfluencer quasi ihren Lebensunterhalt bestreiten. Der Werbemarkt hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert: Er ist in die Netzbereich eingedrungen uns setzt vor allem auf Influencer."

Kann man wirklich von "Influencern" sprechen?

Nach Schätzungen erzielten allein in Deutschland etwa 30.000 Influencer einen Werbeumsatz von rund 560 Millionen Euro im Jahr. Mit Kindern als Sympathieträger lasse sich gut Geld verdienen – Videos mit ihnen seien beliebt, sagt Krüger.
Porträt von Thomas Krüger in Jacket und Krawatte
Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks© dpa/ Soeren Stache
Aber ist der Begriff "Influencer" in Bezug auf kleine Kinder nicht irreführend? Denn diese werden doch eigentlich von ihren Eltern instrumentalisiert – und zum Teil in den Videos auch bloßgestellt. Was ist beispielsweise von einer Neunjährigen zu halten, über die ihre Eltern sagen, sie wolle unbedingt in Papas Videos mitspielen?

Es gibt Gesetze, die Kinder schützen

Ganz so einfach sei das nicht, meint Thomas Krüger. Einerseits sei unbestritten, dass Kinder geschützt werden müssten. Andererseits hätten Kinder aber auch ein Recht auf digitale Teilhabe. "Und man muss in diesem Zusammenhang eben immer zwischen den Beteiligungsrechten und den Schutzrechten abwägen."
Generell gebe es jedoch Gesetze, die Kinder davor schützten, für Werbezwecke ausgebeutet zu werden. Hier greife unter anderem der Jugendarbeitsschutz – "hier sind sogar Regelungen vorgesehen für das Abfilmen von Kindern".
Ein wichtiger Schritt sei, das Thema öffentlich zu machen und klar zu benennen, wo Grenzen überschritten werden, so Krüger.
(mkn)
Mehr zum Thema