Think Tanks in den USA

Marktplatz der Ideen

USA: Westseite des Kapitols in Washington, D.C.
Think Tanks beeinflussen die politische Diskussionen in den USA. © picture alliance / dpa / Daniel Kalker
Von Nana Brink · 13.07.2016
Think Tanks haben einen großen Einfluss auf die Politik in den USA. Dahinter können sich wissenschaftliche Institutionen, Vereinigungen von Fachleuten oder auch informelle Gruppen verbergen, die nicht immer unabhängig sein müssen.
"The Brookings Institute", "The Center for American Progress" oder "The Heritage Foundation" - sie sind nur drei der größten amerikanischen Think Tanks.
"Think Tanks als Denkfabriken sind wichtig in der politischen Szenerie der Vereinigten Staaten, hier in Washington gibt es ungefähr 200 solcher Institutionen. Die kommen in allen Größen und politischen Schattierungen und dienen der Diskussion politischer Themen, der Recherche, der Analyse und zum Teil auch der Lobbyarbeit für oder gegen Gesetze, die von der einen oder anderen Partei in den Kongress eingebracht werden ... also die Think Tanks positionieren sich häufig in gesellschaftspolitischen Diskussionen und versuchen dann auch, Mehrheiten zu schaffen und die Öffentlichkeit zu beeinflussen."
Erklärt der Politikwissenschaftler Michael Werz. Der Begriff "Think Tank" wurde früher umgangssprachlich für "Gehirn" benutzt. Militärs sprachen im Zweiten Weltkrieg von "Think Tanks" und meinten damit einen abgeschirmten Raum, in dem ihre Spezialisten Strategien austüfteln konnten, deshalb der Name "Tank", zu deutsch "Panzer". Die Übersetzung "Denkfabrik" passt also nicht so recht, denn es ging ja nicht um fabrikmäßiges Produzieren von Ideen.
Der Idealtypus dieser Ideenschmieden ist die "Brookings Institution", 1916 gegründet vom Kaufmann und Philanthropen Robert Somers Brookings. Mit ihrem überparteilichen Profil gilt sie als Mutter aller Think Tanks in den Vereinigten Staaten. Aus den Reihen der "Brookings Institution" stammten die maßgeblichen Ideen zur Gründung der Vereinten Nationen und zur Einsetzung des Marshall Plans nach dem Zweiten Weltkrieg. Während der Bürgerrechtsbewegung der 1970er-Jahren allerdings fühlten sich viele konservative Geschäftsleute und Politiker unterrepräsentiert im liberalen Washington, - und gründeten 1973 die "Heritage Foundation".

Denkfabriken und ihre "Mission"

"Unsere Mission ist klar: eine konservative Politik zu erhalten, die auf unseren Prinzipien des freien Handels, begrenzter Regierungsmacht, individueller Freiheit, traditioneller amerikanischer Werte und einer starke nationalen Verteidigung basiert."
Die "Heritage Foundation" war einer der ersten Think Tanks, der sich klar weltanschaulich positionierte. Mit einem Jahresetat von heute rund 112 Millionen Dollar gilt die "Heritage Foundation" bis heute als "Who’s Who" der konservativen Bewegung in den USA. Sie hat in erheblichem Maße die Bush-Doktrin mitformuliert, - als Amerikas Antwort auf den 11. September 2001. Die Reaktion auf ihren Einfluss in Washington ließ nicht lange auf sich warten. 2003 gründete Bill Clintons ehemaliger Stabschef John Podesta das "Center vor American Progress".
"The CAP is unique ... The Center of American Progress did an incredible job, to shape the debate and expanding opportunities for all Americans ..."
Dass Präsident Obama dem "Center for American Progress" - mit seinem 40-Millionen-Etat eher bescheiden finanziert - hier in diesem Werbefilm so überschwänglich dankt, hat seinen Grund. Keine andere Forschungseinrichtung hat die Gesundheitspolitik der Obama-Administration, die eine Krankenversicherung für alle vorsieht, so massiv unterstützt wie das "Center for American Progress". An ihm kann man noch ein anderes Merkmal feststellen, dass typisch ist für diese Institutionen im politischen System der USA.

Vom Think Tank in die Regierung

"Es ist ja keine parlamentarische Demokratie wie in Europa, wo man einen Ministerwechsel hat, wenn es ein unterschiedliches Wahlergebnis gibt. Hier gibt es einen richtigen Regierungswechsel, die Think Tanks produzieren sehr viel Personal, das dann eintritt in die Regierung, beim Center for American Progress sind es fast 100 meiner Kolleginnen und Kollegen gewesen, die in den letzten sieben Jahren in die Obama-Administration eingetreten sind, und dieser Wachtwechsel ist auch für die Regierung nicht schlecht. Es führt vielleicht zu einem gewissen Verlust an institutioneller Erfahrung und Erinnerungsvermögen, aber auf der anderen Seite kommen frische Leute, die ausgeruht sind, und vielleicht auch mal ein Buch gelesen oder geschrieben haben, und bringen neue intellektuelle Energie mit in einem Regierungsapparat, der ja sehr groß und zuweilen behäbig ist."
Michael Werz, beim Center for American Progress als Politikwissenschaftler tätig, sieht die Entwicklung der Think Tanks in den USA nicht nur positiv.
"Das größere Problem in Washington ist, die Privatindustrie und Regierungen aus dem Ausland versuchen, diese Diskussionen mit zu formen, die wir hier führen, in der Stadt und da fließt sehr viel Geld, und es ist ein "give and take" , ein Geben und Nehmen und das letztlich auf dem Marktplatz der Ideen, das bessere Argument gewinnt ... Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht auch eine Diskussion haben, die in den letzten zwei Jahren begonnen hat mit großer Intensität, darüber, wer versucht sich, welchen Einfluss zu kaufen in diesen politischen Debatten. Es ist Teil der Gesamtdiskussion, die wir haben, denn alle müssen ihre Steuererklärung am Ende des Jahres vorlegen."
Forschungseinrichtungen wie die Think Tanks müssen ihre Einnahmen offen legen, wollen sie von der Steuerbegünstigung profitieren. Wie die New York Times enthüllt hat, sind zwischen 2011 und 2014 rund 93 Millionen Dollar ausländischer Gelder an amerikanische Institutionen geflossen, - zu großen Teilen aus China, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar.