Theater unter Sparzwang
Das Streichorchester in Thüringen hält an: Kultusminister Jens Goebel, CDU, hatte kürzlich die Theater und Orchester im Lande angemahnt, zu konkreten Sparergebnissen zu kommen. Die Theater in Weimar und Erfurt wollen sich indes nicht drängeln lassen und beraten weiterhin über eine gemeinsame Lösung, die die Eigenständigkeit der Häuser bewahrt.
Heute Morgen in Weimar: Ein kleines Papierhäuschen steht auf der Bühne des Deutschen Nationaltheaters. Männer testen Licht und die grüne Hintergrundfarbe. Der Regisseur klinkt sich aus den Stuhlreihen ein, und gibt Anweisungen. Es ist die Bauprobe zu Wagners Siegfried, flüstert Dramaturg Wolfgang Willaschek.
"Das heißt: die ist noch nicht fertig gebaut, sondern man versucht, mit markierten Dekorationsteilen mal zu gucken: wie wird das auf der Bühne aussehen."
Weimar ist in der Testphase. Gesucht wird die neue Form des Hauses. Das Deutsche Nationaltheater soll sich dem Kürzungsdiktat des Kultusministers Jens Goebel, CDU, beugen, am liebsten mit Erfurt fusionieren, wünscht sich die Politik. Aber das wollen weder die Weimarer, noch die Erfurter. So verhandeln sie gerade, ob sie - wenn nicht künstlerisch, so doch wenigstens technisch und organisatorisch unter ein Dach kommen. In eine Holding.
"Neu an dem Ansatz ist endlich mal, die Synergieeffekte im nicht-künstlerischen Bereich zu suchen, und eben nicht immer umgekehrt,"
sagt Weimars Generalintendant Stephan Märki,
"denn sobald man künstlerische Ensembles zusammenlegt, verliert man ein Ensemble, egal welches das ist, und beide verlieren ihr Gesicht."
So sitzen auch morgen wieder Weimarer und Erfurter mit Mitarbeitern des Kultusministeriums zusammen, um zu schauen, wie die Holding aussehen kann. Viele Zahlen werden gewälzt, Bilanzen verglichen, Modelle gerechnet.
"Und deswegen stimmen wir so einer Lösung zu, wenn denn gewährleistet ist, dass dieses Haus unabhängig bleibt."
Wie im reellen Leben, wird auch auf der Bühne für den Siegfried getestet, was geht.
Willaschek: "Wir werden das so erzählen, dass man diese verschiedenen Phasen dieser Problematik, die Zieheltern und Kinder haben, zeigen wollen. Deswegen bauen wir ein kleines Haus auf die Bühne, das aber auf einer Drehbühne steht. Und das Haus wird sich so drehen, dass die Leute automatisch das Gefühl haben, man sieht verschiedene Phasen aus dem Erziehungsdrama."
Das Erziehungsdrama des Freistaates Thüringen als Hauptgeldgeber und seinen Fürstentümern, die auf ihren Theatern sitzen und sie verteidigen und nicht kürzen wollen, geht nun schon in die Jahre. Seit Herbst verhandelt Kultusminister Jens Goebel einzeln mit den Trägern der Theater und Orchester, sechs von ihnen haben die neuen Finanzierungsverträge bereits unterschrieben. Nämlich die, die bei den Goebelschen Streichvorgaben Glück hatten, oder ohnehin schon so klein waren, dass sich das Kürzen sich nicht gelohnt hätte.
Das Theater und Orchester Nordhausen-Sondershausen ist dabei mit einem blauen Auge davon gekommen, von 4,9 Millionen Euro Landeszuschuss wurden sie nicht - wie vorgesehen - auf 1,5 Millionen, sondern nur auf 4,2 Millionen Euro gekürzt, und bleiben zumindest am Leben. Ziemlich sicher wird das Landestheater mit der Landeskapelle Eisenach bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen und mit Meiningen fusioniert, dort hatte aber auch kaum einer wirklich gekämpft. Weder Politik noch Publikum haben für das Haus in der Nähe des renommierten Meininger Theaters eine eigenständige Zukunft gesehen.
Die Philharmonie Gotha-Suhl ringt zwar noch, hat aber kaum Chancen - das Land will gar kein Geld mehr geben, damit dürfte sie vor der Schließung stehen. Das Theater in Rudolstadt hofft noch auf ein Einlenken des Ministers, der gibt sich aber kühl. Richtig zur Sache geht es momentan vor allem in Weimar und Erfurt, den beiden Häusern, die aber auch die kulturellen Leuchttürme sind.
Märki: "Für uns ist es auch höchste Zeit, dass wir wissen, wie es weitergeht. Weil: sonst laufen uns wirklich die Künstler davon. Die, die es sich leisten können, die suchen sich etwas anderes."
Sagt der Generalintendant. In 14 Tagen soll klar sein, ob die Holding klappen kann. Und wenn nicht? Dann soll das Deutsche Nationaltheater mit der Staatskapelle Weimar selbständig bleiben. Stephan Märki und Geschäftsführer Thomas Schmidt durchdenken diese Alternative sehr ernsthaft.
"Von der Finanzierung her wäre das ein Staatstheater."
Schmidt: "Ist es bereits ein Staatstheater."
Märki: "Ist es bereits ein Staatstheater. Es wäre dann halt auch rechtlich eines."
Auch die Erfurter haben sich für den Fall schon für die Eigenständigkeit ausgesprochen. Beide Häuser müssen dann sehen, was das finanziell für sie heißt. Der Topf des Ministers, so sagt es Jens Goebel selbst, wird ja nicht größer.
"Den Letzten beißen immer irgendwie die Hunde, und man muss dann immer noch irgendwie eine Lösung finden, dass es irgendwie weitergeht. Und das ist natürlich nie das Allerglücklichste."
Und er? Der im Frühsommer noch gestartet ist mit der Maßgabe, zehn Millionen Euro sparen zu wollen, wo wird er landen am Ende? Bei zwei Millionen? Die Thüringer haben in vielen Protesten seinem Kulturabbau die Zähne gezeigt, seine Verhandlungspartner - die Landräte und Bürgermeister, häufig begleitet von den Intendanten - sind ebenfalls hartleibig. Was wird aus dem kräftigen Druck, hier sparen zu wollen, angesichts heftiger Schulden - das Land Thüringen hat fast 16 Milliarden?
"Ich gehe davon aus: es werden mehr als zwei, aber es werden sicher keine zehn."
Die reiche Theaterlandschaft Thüringens wird eingedampft. In dieser, mit Sicherheit erst recht in der nächsten Sparrunde. Weimar hält tapfer seine Fahne hoch - So soll Theater sein: mitten in der Stadt, getragen von Bürgern und Beschäftigten, immer lebendig, veränderlich.
Während auf der Bühne die Höhle gebastelt wird, in der Siegfried mit Mime lebt, baut der Generalintendant mit den Betriebsräten weiter an der Zukunft. Die ist geprägt durch das Weimarer Modell, das Schule gemacht hat, unter anderem, weil es auf Gehaltsverzicht der Mitarbeiter setzt. Aber auch auf mehr Mitsprache.
"Ich glaube, ohne dieses kleine Modul der Selbstverantwortung und Mitverantwortung, die dieses Weimarer Modell ja letztlich ausmacht - das ist ja eigentlich das Wesen, das Herzstück des Weimarer Modells - wäre diese Form der Solidarität und der Lebendigkeit nicht möglich gewesen. Und das zahlt sich immer mehr aus, und das zahlt sich unterm Strich auch künstlerisch aus. Und das ist das Wesentliche."
"Das heißt: die ist noch nicht fertig gebaut, sondern man versucht, mit markierten Dekorationsteilen mal zu gucken: wie wird das auf der Bühne aussehen."
Weimar ist in der Testphase. Gesucht wird die neue Form des Hauses. Das Deutsche Nationaltheater soll sich dem Kürzungsdiktat des Kultusministers Jens Goebel, CDU, beugen, am liebsten mit Erfurt fusionieren, wünscht sich die Politik. Aber das wollen weder die Weimarer, noch die Erfurter. So verhandeln sie gerade, ob sie - wenn nicht künstlerisch, so doch wenigstens technisch und organisatorisch unter ein Dach kommen. In eine Holding.
"Neu an dem Ansatz ist endlich mal, die Synergieeffekte im nicht-künstlerischen Bereich zu suchen, und eben nicht immer umgekehrt,"
sagt Weimars Generalintendant Stephan Märki,
"denn sobald man künstlerische Ensembles zusammenlegt, verliert man ein Ensemble, egal welches das ist, und beide verlieren ihr Gesicht."
So sitzen auch morgen wieder Weimarer und Erfurter mit Mitarbeitern des Kultusministeriums zusammen, um zu schauen, wie die Holding aussehen kann. Viele Zahlen werden gewälzt, Bilanzen verglichen, Modelle gerechnet.
"Und deswegen stimmen wir so einer Lösung zu, wenn denn gewährleistet ist, dass dieses Haus unabhängig bleibt."
Wie im reellen Leben, wird auch auf der Bühne für den Siegfried getestet, was geht.
Willaschek: "Wir werden das so erzählen, dass man diese verschiedenen Phasen dieser Problematik, die Zieheltern und Kinder haben, zeigen wollen. Deswegen bauen wir ein kleines Haus auf die Bühne, das aber auf einer Drehbühne steht. Und das Haus wird sich so drehen, dass die Leute automatisch das Gefühl haben, man sieht verschiedene Phasen aus dem Erziehungsdrama."
Das Erziehungsdrama des Freistaates Thüringen als Hauptgeldgeber und seinen Fürstentümern, die auf ihren Theatern sitzen und sie verteidigen und nicht kürzen wollen, geht nun schon in die Jahre. Seit Herbst verhandelt Kultusminister Jens Goebel einzeln mit den Trägern der Theater und Orchester, sechs von ihnen haben die neuen Finanzierungsverträge bereits unterschrieben. Nämlich die, die bei den Goebelschen Streichvorgaben Glück hatten, oder ohnehin schon so klein waren, dass sich das Kürzen sich nicht gelohnt hätte.
Das Theater und Orchester Nordhausen-Sondershausen ist dabei mit einem blauen Auge davon gekommen, von 4,9 Millionen Euro Landeszuschuss wurden sie nicht - wie vorgesehen - auf 1,5 Millionen, sondern nur auf 4,2 Millionen Euro gekürzt, und bleiben zumindest am Leben. Ziemlich sicher wird das Landestheater mit der Landeskapelle Eisenach bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen und mit Meiningen fusioniert, dort hatte aber auch kaum einer wirklich gekämpft. Weder Politik noch Publikum haben für das Haus in der Nähe des renommierten Meininger Theaters eine eigenständige Zukunft gesehen.
Die Philharmonie Gotha-Suhl ringt zwar noch, hat aber kaum Chancen - das Land will gar kein Geld mehr geben, damit dürfte sie vor der Schließung stehen. Das Theater in Rudolstadt hofft noch auf ein Einlenken des Ministers, der gibt sich aber kühl. Richtig zur Sache geht es momentan vor allem in Weimar und Erfurt, den beiden Häusern, die aber auch die kulturellen Leuchttürme sind.
Märki: "Für uns ist es auch höchste Zeit, dass wir wissen, wie es weitergeht. Weil: sonst laufen uns wirklich die Künstler davon. Die, die es sich leisten können, die suchen sich etwas anderes."
Sagt der Generalintendant. In 14 Tagen soll klar sein, ob die Holding klappen kann. Und wenn nicht? Dann soll das Deutsche Nationaltheater mit der Staatskapelle Weimar selbständig bleiben. Stephan Märki und Geschäftsführer Thomas Schmidt durchdenken diese Alternative sehr ernsthaft.
"Von der Finanzierung her wäre das ein Staatstheater."
Schmidt: "Ist es bereits ein Staatstheater."
Märki: "Ist es bereits ein Staatstheater. Es wäre dann halt auch rechtlich eines."
Auch die Erfurter haben sich für den Fall schon für die Eigenständigkeit ausgesprochen. Beide Häuser müssen dann sehen, was das finanziell für sie heißt. Der Topf des Ministers, so sagt es Jens Goebel selbst, wird ja nicht größer.
"Den Letzten beißen immer irgendwie die Hunde, und man muss dann immer noch irgendwie eine Lösung finden, dass es irgendwie weitergeht. Und das ist natürlich nie das Allerglücklichste."
Und er? Der im Frühsommer noch gestartet ist mit der Maßgabe, zehn Millionen Euro sparen zu wollen, wo wird er landen am Ende? Bei zwei Millionen? Die Thüringer haben in vielen Protesten seinem Kulturabbau die Zähne gezeigt, seine Verhandlungspartner - die Landräte und Bürgermeister, häufig begleitet von den Intendanten - sind ebenfalls hartleibig. Was wird aus dem kräftigen Druck, hier sparen zu wollen, angesichts heftiger Schulden - das Land Thüringen hat fast 16 Milliarden?
"Ich gehe davon aus: es werden mehr als zwei, aber es werden sicher keine zehn."
Die reiche Theaterlandschaft Thüringens wird eingedampft. In dieser, mit Sicherheit erst recht in der nächsten Sparrunde. Weimar hält tapfer seine Fahne hoch - So soll Theater sein: mitten in der Stadt, getragen von Bürgern und Beschäftigten, immer lebendig, veränderlich.
Während auf der Bühne die Höhle gebastelt wird, in der Siegfried mit Mime lebt, baut der Generalintendant mit den Betriebsräten weiter an der Zukunft. Die ist geprägt durch das Weimarer Modell, das Schule gemacht hat, unter anderem, weil es auf Gehaltsverzicht der Mitarbeiter setzt. Aber auch auf mehr Mitsprache.
"Ich glaube, ohne dieses kleine Modul der Selbstverantwortung und Mitverantwortung, die dieses Weimarer Modell ja letztlich ausmacht - das ist ja eigentlich das Wesen, das Herzstück des Weimarer Modells - wäre diese Form der Solidarität und der Lebendigkeit nicht möglich gewesen. Und das zahlt sich immer mehr aus, und das zahlt sich unterm Strich auch künstlerisch aus. Und das ist das Wesentliche."