Theater mit viel Idealismus
Wie Georg Büchner stammt auch der Schauspieler Christian Suhr aus Goddelau. 1964 kam er in dem kleinen Ort zur Welt - aber ein echter Goddelauer ist er nicht. In Leeheim, wenige Kilometer von Büchners Geburtsort entfernt, gründete Suhr eine Büchnerbühne: ein riskantes Unternehmen.
"Wie das Zimmer so leer ist. Die Fenster stehen offen - als hätte ein Toter drin gelegen. Ich halte es da oben nicht mehr aus. Und dann geht sie ins Theater oder in die Oper. Na klar. So wär meines Erachtens die Struktur."
Die Proben laufen auf Hochtouren, Regisseur Christian Suhr hat alle Hände voll zu tun mit "Dantons Tod" von Georg Büchner. Anlass: der 200. Geburtstag des Dichters, Forschers und Revolutionärs. Es "büchnert" gewaltig im Südhessischen.
Das war nicht immer so, erinnert sich Christian Suhr. Denn als er Anfang der 80er-Jahre, damals noch ein Schüler, die Einwohner des Dorfes Goddelau nach Georg Büchner fragte, war er schockiert.
"Was ich darüber hörte, war fürchterlich: Kommunist, Revoluzzer, auf jeden Fall ein Drecksack."
Nichts wie weg, sagte er sich daraufhin. Wie Georg Büchner stammt auch Christian Suhr aus Goddelau. 1964, vor 49 Jahren, kam er in dem kleinen Ort in der Nähe von Darmstadt zur Welt. Aber ein echter Goddelauer ist er nicht.
"Meine Eltern - Vater Schlesier, Mutter aus Pommern, sind einfach hier in diese Gegend zugeteilt worden. Bei uns zuhause kann man sich vorstellen: Wer 1957 als Deutscher aus Polen kam war Polacke oder Kommunist oder beides. Das heißt, meine Eltern hatten einen schweren Stand."
Die Proben laufen auf Hochtouren, Regisseur Christian Suhr hat alle Hände voll zu tun mit "Dantons Tod" von Georg Büchner. Anlass: der 200. Geburtstag des Dichters, Forschers und Revolutionärs. Es "büchnert" gewaltig im Südhessischen.
Das war nicht immer so, erinnert sich Christian Suhr. Denn als er Anfang der 80er-Jahre, damals noch ein Schüler, die Einwohner des Dorfes Goddelau nach Georg Büchner fragte, war er schockiert.
"Was ich darüber hörte, war fürchterlich: Kommunist, Revoluzzer, auf jeden Fall ein Drecksack."
Nichts wie weg, sagte er sich daraufhin. Wie Georg Büchner stammt auch Christian Suhr aus Goddelau. 1964, vor 49 Jahren, kam er in dem kleinen Ort in der Nähe von Darmstadt zur Welt. Aber ein echter Goddelauer ist er nicht.
"Meine Eltern - Vater Schlesier, Mutter aus Pommern, sind einfach hier in diese Gegend zugeteilt worden. Bei uns zuhause kann man sich vorstellen: Wer 1957 als Deutscher aus Polen kam war Polacke oder Kommunist oder beides. Das heißt, meine Eltern hatten einen schweren Stand."
Ruhig, ausgeglichen, bedächtig
Christian Suhr ist ein kräftiger Mann. Ab und zu streicht er sich gedankenverloren die Haare aus der Stirn und zündet eine neue Zigarette an. Er wirkt ruhig, ausgeglichen geradezu bedächtig. Zur Zeit allerdings steht er unter Druck. Denn "Dantons Tod" ist ist keine einfache Inszenierung, sondern eine trinationale Recherche, hoch aufgehängt und auch von der EU hoch subventioniert. Polnische, französische und deutsche Schauspieler fragen darin: Was sind die Begriffe der französischen Revolution "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" im heutigen Europa eigentlich noch wert?
"Wenn nichts passiert und man die Leute nicht anschubst, will das keiner haben. Es wird auch nicht wirklich diskuiert. Was unsere Lust, unser Interesse ist und was einer kleinen Büchnerbühne auch gut ansteht, ist, ein bisschen Unruhe zu stiften."
Der junge Christian Suhr ist ein grüblerischer Einzelgänger, macht ein bisschen Schultheater und 1983 Abitur. Sätze von Büchner wie "Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet?" beeindrucken ihn. Ich will das auch mal auf einer Bühne sagen und Geld dafür bekommen, denkt er ganz naiv und bewirbt sich - mit Erfolg - an einer Schauspielschule in Berlin.
"Als ich dann in Berlin war, war ich relativ unverschämt, dauernd im BE rumzulungern und die großen Herren einzuladen, mal - was aus heutiger Sicht ganz absurd ist, - in meine Schauspielschulen-Aufführung zu kommen, weil ich würde demnächst sowieso bei ihnen arbeiten wollen. Es gab einen Regisseur, den mittlerweile verstorbenen Einar Schleef, der das tatsächlich gemacht hat."
"Wenn nichts passiert und man die Leute nicht anschubst, will das keiner haben. Es wird auch nicht wirklich diskuiert. Was unsere Lust, unser Interesse ist und was einer kleinen Büchnerbühne auch gut ansteht, ist, ein bisschen Unruhe zu stiften."
Der junge Christian Suhr ist ein grüblerischer Einzelgänger, macht ein bisschen Schultheater und 1983 Abitur. Sätze von Büchner wie "Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet?" beeindrucken ihn. Ich will das auch mal auf einer Bühne sagen und Geld dafür bekommen, denkt er ganz naiv und bewirbt sich - mit Erfolg - an einer Schauspielschule in Berlin.
"Als ich dann in Berlin war, war ich relativ unverschämt, dauernd im BE rumzulungern und die großen Herren einzuladen, mal - was aus heutiger Sicht ganz absurd ist, - in meine Schauspielschulen-Aufführung zu kommen, weil ich würde demnächst sowieso bei ihnen arbeiten wollen. Es gab einen Regisseur, den mittlerweile verstorbenen Einar Schleef, der das tatsächlich gemacht hat."

Heiner Müller im Juni 1995© AP
Heiner Müller, der auch dazugehört, will den jungen Mann kennenlernen
Die Hartnäckigkeit lohnt sich. 1992, als er gerade die Aussbildung abgeschlossen hat, kommt ein Anruf: "Na Herr Suhr, wie ist es? Nächsten Samstag ist Probe!" Es sind die Jahre der Gemeinschaftsintendanz am Berliner Ensemble. Heiner Müller, der auch dazugehört, will den jungen Mann kennenlernen, der aus Georg Büchners Geburtstort kommt.
"Und auf einmal war ich fürchterlich stolz. Weil ich war der Goddelauer, der dort geboren war, wo der große, in der literarischen und Theaterwelt wichtige Georg Büchner herkam. Also das heißt ich habe erst an diesem großen Theater eine Erfahrung machen dürfen, eine persönliche, dass Büchner wert geschätzt wird."
Fünf Jahre bleibt Christian Suhr beim Berliner Ensemble. Bis sich herausstellt, dass Claus Peymann das Haus übernehmen wird. Wie viele seiner Kollegen kündigt auch er seinen festen Vertrag, spielt und inszeniert anschließend an verschiedenen Berliner Bühnen. 2004 kommen seine Zwillinge zur Welt, und alles wird anders.
"Ich hab dann mit meiner Frau, die eine Kollegin ist, eine Kinderauszeit gemacht in Frankreich. Weil zu zweit eine Ehe zu erhalten in dem Beruf ist schwierig genug, und auf einmal waren wir zu viert."
Und auf einmal beginnt sich ein Kreis zu schließen. Denn nach eineinhalb Jahren in Frankreich möchte die Familie zurück nach Deutschland - wegen der Sprache. Aber wohin?
"Da nimmt man den Atlas, guckt Nord, Süd, Mitte und siehe da - meine alte Heimat. Ich hatte überhaupt keinen Gedanken daran verschwendet, hier wieder hinzukommen. Und als das dann als klare Möglichkeit mir vor Augen stand, da war auch gleich Büchner sehr wichtig."
Bis zur Gründung der Büchnerbühne ist es nur ein kleiner Schritt. Die steht nun in Leeheim, wenige Kilometer von Georg Büchners Geburtsort entfernt. Ein riskantes Unternehmen mit wenig finanzieller Absicherung und viel Idealismus, sagt Christian Suhr. Den republikanischen Gruß "Bonjour citoyen" - Guten Tag, Bürger, hat er in großen Buchstaben an die Außenwand der Büchnerbühne geschrieben, direkt über dem Notausgang. Damit soll auch Georg Büchner seine Freunde gegrüßt haben.
"Und auf einmal war ich fürchterlich stolz. Weil ich war der Goddelauer, der dort geboren war, wo der große, in der literarischen und Theaterwelt wichtige Georg Büchner herkam. Also das heißt ich habe erst an diesem großen Theater eine Erfahrung machen dürfen, eine persönliche, dass Büchner wert geschätzt wird."
Fünf Jahre bleibt Christian Suhr beim Berliner Ensemble. Bis sich herausstellt, dass Claus Peymann das Haus übernehmen wird. Wie viele seiner Kollegen kündigt auch er seinen festen Vertrag, spielt und inszeniert anschließend an verschiedenen Berliner Bühnen. 2004 kommen seine Zwillinge zur Welt, und alles wird anders.
"Ich hab dann mit meiner Frau, die eine Kollegin ist, eine Kinderauszeit gemacht in Frankreich. Weil zu zweit eine Ehe zu erhalten in dem Beruf ist schwierig genug, und auf einmal waren wir zu viert."
Und auf einmal beginnt sich ein Kreis zu schließen. Denn nach eineinhalb Jahren in Frankreich möchte die Familie zurück nach Deutschland - wegen der Sprache. Aber wohin?
"Da nimmt man den Atlas, guckt Nord, Süd, Mitte und siehe da - meine alte Heimat. Ich hatte überhaupt keinen Gedanken daran verschwendet, hier wieder hinzukommen. Und als das dann als klare Möglichkeit mir vor Augen stand, da war auch gleich Büchner sehr wichtig."
Bis zur Gründung der Büchnerbühne ist es nur ein kleiner Schritt. Die steht nun in Leeheim, wenige Kilometer von Georg Büchners Geburtsort entfernt. Ein riskantes Unternehmen mit wenig finanzieller Absicherung und viel Idealismus, sagt Christian Suhr. Den republikanischen Gruß "Bonjour citoyen" - Guten Tag, Bürger, hat er in großen Buchstaben an die Außenwand der Büchnerbühne geschrieben, direkt über dem Notausgang. Damit soll auch Georg Büchner seine Freunde gegrüßt haben.