Theater gegen Rechts
Die Bühne - Bretter auf einer Wiese. Die Kulisse - Wald, Felder und ein Bauernhaus. Die Kulturkate in der Nähe der Kleinstadt Lübtheen bringt Kunst aufs Land. Doch vor allem kämpft das kleine Theater gegen die braune Stimmung in Lübtheen, einem der Zentren der NPD in Mecklenburg-Vorpommern.
Der erste Stich schon auf der Fahrt in den Ortsteil Neu-Lübtheen. Der zweite bei der Ankunft, der dritte, vierte, fünfte ... Schwärme von Stechmücken erwarten die Besucher. Erfahrene Theatergäste schmieren sich vorher ein, Neulinge fluchen, schlagen um sich. Der Geruch vom Anti-Mücken-Spray vermengt sich jetzt intensiv mit dem von Grillwürsten. Noch 30 Minuten bis zur Aufführung. Die Sirene gibt das akustische Signal.
In der alten Scheune des Bauernhauses, jetzt Schmink- und Umkleideraum für die Schauspieler, sitzt Volker Matzen vor dem Spiegel, rückt Hemd und Hose zurecht, während draußen vor der Bühne Besucher ihre Plätze auf der dreistufigen Tribüne sichern.
Matzen, Gründer der Kulturkate verfolgt amüsiert den Kampf um beste Plätze. Solch einen Andrang hat er nie erwartet, als er 1998 mit Kollegen anfing, Wiesentheater zu machen:
"Eigentlich sollte das hier so ein Ruhefleck werden zwischen den Theaterengagements. Und da haben wir gesagt: Jetzt wollen wir uns mal vorstellen als Schauspieler und Theaterleute in der Nachbarschaft, die uns natürlich mit einer relativen Skepsis begegneten. Erst mal waren wir ja etwas exotisch."
In der alten Scheune des Bauernhauses, jetzt Schmink- und Umkleideraum für die Schauspieler, sitzt Volker Matzen vor dem Spiegel, rückt Hemd und Hose zurecht, während draußen vor der Bühne Besucher ihre Plätze auf der dreistufigen Tribüne sichern.
Matzen, Gründer der Kulturkate verfolgt amüsiert den Kampf um beste Plätze. Solch einen Andrang hat er nie erwartet, als er 1998 mit Kollegen anfing, Wiesentheater zu machen:
"Eigentlich sollte das hier so ein Ruhefleck werden zwischen den Theaterengagements. Und da haben wir gesagt: Jetzt wollen wir uns mal vorstellen als Schauspieler und Theaterleute in der Nachbarschaft, die uns natürlich mit einer relativen Skepsis begegneten. Erst mal waren wir ja etwas exotisch."
Theater auf der Diele
Damals spielen Matzen und Kollegen in der Diele des Bauernhauses Einakter von Tschechow. Ein Jahr später dann die erste Premiere auf der Wiese mit Shakespeares "Was ihr wollt". Charlotta Bjelfvenstam kommt um die Ecke, geht durch die Scheune Richtung Bühne. Sie ist eine der fünf Profischauspieler des Ensembles, das weitere 30 Laienschauspieler umfasst, fester Bestandteil der Kulturkate:
"Mich reizt, dass ich eigentlich einen Kindheitstraum erfüllt bekommen habe, in dem ich Theater in eine Region bringe, wo es so was in diesem Sinne nicht gibt."
Unter der alten Linde probt die Band, während Daniel versucht, einen Streit zwischen zwei Rentnerinnen zu schlichten. Daniel lacht. "Eigentlich nicht mein Job", sagt der 20-Jährige. Daniel ist für die Technik der Kulturkate zuständig. Nebenbei, beruflich arbeitet er in einem Lager eines Einkaufmarktes:
"Ich bin durch meinen besten Kumpel, der hat hier mit geschauspielert und der meinte: Daniel hast nicht Lust. Und denn ja, voll und ganz von begeistert. Mach es jedes Jahr mit Begeisterung, mit Spaß."
Daniel verschwindet hinter die Bühne, kontrolliert Stromleitungen. Der schlanke Metallbauer in Jeans und Shirt könnte rein optisch zur Neo-Nazi-Szene in Lübtheen gehören: Tattoos an den Armen, kurz geschnittene blonde Haare. Bekannte von ihm haben sich längst der NPD angeschlossen, er selbst wurde mehrfach angesprochen:
"Also da halte ich mich zurück von solchen Leuten und wenn die meinen, die müssen sich mit mir unterhalten, sollen sie sich unterhalten und wenn sie Stress wollen, dann wechsle ich die Straßenseite und geh weitern. Weil ich mit solchen Leuten nichts zu tun haben, weil ich davon nichts halte."
"Mich reizt, dass ich eigentlich einen Kindheitstraum erfüllt bekommen habe, in dem ich Theater in eine Region bringe, wo es so was in diesem Sinne nicht gibt."
Unter der alten Linde probt die Band, während Daniel versucht, einen Streit zwischen zwei Rentnerinnen zu schlichten. Daniel lacht. "Eigentlich nicht mein Job", sagt der 20-Jährige. Daniel ist für die Technik der Kulturkate zuständig. Nebenbei, beruflich arbeitet er in einem Lager eines Einkaufmarktes:
"Ich bin durch meinen besten Kumpel, der hat hier mit geschauspielert und der meinte: Daniel hast nicht Lust. Und denn ja, voll und ganz von begeistert. Mach es jedes Jahr mit Begeisterung, mit Spaß."
Daniel verschwindet hinter die Bühne, kontrolliert Stromleitungen. Der schlanke Metallbauer in Jeans und Shirt könnte rein optisch zur Neo-Nazi-Szene in Lübtheen gehören: Tattoos an den Armen, kurz geschnittene blonde Haare. Bekannte von ihm haben sich längst der NPD angeschlossen, er selbst wurde mehrfach angesprochen:
"Also da halte ich mich zurück von solchen Leuten und wenn die meinen, die müssen sich mit mir unterhalten, sollen sie sich unterhalten und wenn sie Stress wollen, dann wechsle ich die Straßenseite und geh weitern. Weil ich mit solchen Leuten nichts zu tun haben, weil ich davon nichts halte."

NPD-Politiker Udo Pastörs© AP
Stücke gegen Faschismus
Die Vorstellung beginnt. Volker Matzen richtet die Krawatte, zieht sein Jackett über. Vor 15 Jahren ziehen die ersten NPD-Funktionäre um den heutigen Fraktionschef im Landtag Udo Pastörs nach Lübtheen und nützen die latente braune Stimmung in der Kleinstadt für ihre Ziele aus. Matzen bleibt das nicht verborgen. Der 60-jährige Schauspieler gründet "Kultur gegen Rechts", spielt einige Sommer lang Theaterstücke gegen Faschismus und Intoleranz:
"Wir haben Schulprojekte gemacht, die in diese Richtung gingen, haben allerdings gemerkt, dass wir auch bei den Jugendlichen, wenn das hieß Kultur gegen Rechts, dass da so eine gewisse Ablehnung kam, dass man sagte: Ach schon wieder das."
Inzwischen, sagt Matzen, hat er die Strategie gewechselt. Er will nicht mehr konfrontieren, sondern integrieren, vor allem Kinder und Jugendliche, die er in seine Theaterarbeit einbezieht:
"Uns interessieren die, die eventuell durch die Propaganda und durch die Aktivitäten der NPD gefährdet sind. Also dass wir die dazu bringen, dass sie lieber solche kreativen Geschichten wie Theater machen oder Musik oder sonst was, als dass sie da irgendwelche nationalen Lieder singen und Lagerfeuerabende dazu und so."
"Wir haben Schulprojekte gemacht, die in diese Richtung gingen, haben allerdings gemerkt, dass wir auch bei den Jugendlichen, wenn das hieß Kultur gegen Rechts, dass da so eine gewisse Ablehnung kam, dass man sagte: Ach schon wieder das."
Inzwischen, sagt Matzen, hat er die Strategie gewechselt. Er will nicht mehr konfrontieren, sondern integrieren, vor allem Kinder und Jugendliche, die er in seine Theaterarbeit einbezieht:
"Uns interessieren die, die eventuell durch die Propaganda und durch die Aktivitäten der NPD gefährdet sind. Also dass wir die dazu bringen, dass sie lieber solche kreativen Geschichten wie Theater machen oder Musik oder sonst was, als dass sie da irgendwelche nationalen Lieder singen und Lagerfeuerabende dazu und so."
"Die sind alle freundlich"
"Tanz in den Olymp" heißt das Theaterstück. Der Inhalt: 1931, Weltwirtschaftskrise, ein Tanzmarathon in Berlin. Wer zuletzt umkippt, erhält 5000 Goldmark. Charlotta Bjelfvenstam kommt nach ihrem kurzen Auftritt wieder in die Scheune, hört den letzten Satz des Theatergründers, ergänzt:
"Was mich eher erschreckt ist, dass man es eigentlich so gar nicht merkt, dass jetzt jemand Nazi ist, sondern die sind alle freundlich und man schließt sie ins Herz und man möchte eigentlich, dass sie hier mitmachen im Sommer. Aber das geht dann letztendlich nicht."
Der "Tanz in den Olymp" gefällt. Die meist älteren Besucher gehen lautstark mit. Das Dilemma der Kulturkate! Jeder Einheimische soll mitspielen können, aber nicht jeder darf. Schon gar keine Sympathisanten der Rechtsradikalen. Theaterchef Matzen erinnert sich an eine Laienschauspielerin, die in der Kulturkate mitmachte, bis Besucher vor der Frau warnten:
"Ich habe die dann zur Rede gestellt und sie hat alles abgestritten. Sie hat dann auch weiter gespielt. Also es waren im Grund Ensemble-Auseinandersetzungen."
Ein letzter Blick in den Spiegel. Alles sitzt. Matzen geht, Charlotta Bjelfvenstam übernimmt die Rolle des Beobachters in der Scheune. Bislang, betont die Schwedin, gab es noch keine Übergriffe der Rechtsradikalen.
"Ich bin relativ angstfrei. Aber unheimlich ist es schon, wenn man sich ausmalt, was passieren kann."
"Was mich eher erschreckt ist, dass man es eigentlich so gar nicht merkt, dass jetzt jemand Nazi ist, sondern die sind alle freundlich und man schließt sie ins Herz und man möchte eigentlich, dass sie hier mitmachen im Sommer. Aber das geht dann letztendlich nicht."
Der "Tanz in den Olymp" gefällt. Die meist älteren Besucher gehen lautstark mit. Das Dilemma der Kulturkate! Jeder Einheimische soll mitspielen können, aber nicht jeder darf. Schon gar keine Sympathisanten der Rechtsradikalen. Theaterchef Matzen erinnert sich an eine Laienschauspielerin, die in der Kulturkate mitmachte, bis Besucher vor der Frau warnten:
"Ich habe die dann zur Rede gestellt und sie hat alles abgestritten. Sie hat dann auch weiter gespielt. Also es waren im Grund Ensemble-Auseinandersetzungen."
Ein letzter Blick in den Spiegel. Alles sitzt. Matzen geht, Charlotta Bjelfvenstam übernimmt die Rolle des Beobachters in der Scheune. Bislang, betont die Schwedin, gab es noch keine Übergriffe der Rechtsradikalen.
"Ich bin relativ angstfrei. Aber unheimlich ist es schon, wenn man sich ausmalt, was passieren kann."