Theater

Gallige Kunstbetriebssatire

Vorhang für Nora Abdel-Aksoud: Sie macht launiges Kabarett, das jedoch völlig ungefährlich bleibt.
Vorhang für Nora Abdel-Aksoud: Sie macht launiges Kabarett, das jedoch völlig ungefährlich bleibt. © picture alliance / dpa - Marcus Brandt
Von André Mumot · 07.05.2014
Nora Abdel-Aksoud macht Theater "nur für Verrückte". Im Ballhaus Naunynstraße bringt sie ihr zweites Stück "Kings" auf die Bühne. Eine Satire über den Kunstbetrieb, inklusive Theater-Pleite und Langzeitpraktikantin - die jedoch nur teilweise gelingt.
Alles Gute kommt von oben, heißt es. In diesem Fall ist es die Aktionskünstlerin Grete, die eigentlich auf dem Weg nach Berlin ist, um in der Akademie der Künste einen Preis entgegenzunehmen. Da sie aber nicht mehr mitmachen will im kapitalistisch vereinnahmten Kulturbetrieb, stürzt sie sich lieber aus dem Flugzeug – und ihre Agentin folgt ihr praktischerweise hinterdrein. Die beiden landen auf der Vagantenbühne des verschuldeten Impresarios Mabuse, der hier mit seiner Langzeitpraktikantin Pino versucht, den Durchbruch zu schaffen. Doch erst als Quartett läuft es rund: Nun betätigen sie sich als „ästhetische Deserteure", ziehen durch die Lande und empören sich gegen die Apathie des Kunstpublikums und dagegen, dass der Markt auch noch den letzten Avantgardisten schluckt.
Jede Geste übergroß ausgestellt
Das ist das Setting, das sich die Schauspielerin und Regisseurin Nora Abdel-Maksoud für ihr zweites selbst geschriebenes und –inszeniertes Stück ausgedacht hat, für eine gallige Kunstbetriebs- und Selbstverwirklichungssatire, die sich unter wildem Hochdruck in eine völlig überdrehte und atemlos hysterische Farce hineinsteigert. Nora Abdel-Maksoud, selbst Teil des Ensembles von Sebastian Nüblings Sybille-Berg-Adaption "Es sagt mir nichts, das sogenannte draußen" im Berliner Maxim Gorki Theater, kennt sich offensichtlich gut aus in den Konventionen des komödiantisch aufgepeitschten Bühnen-Diskurses und entfacht im Ballhaus Naunynstraße eine Art Pollesch-Abend mit zusätzlich eingeworfenem Herbert-Fritsch-Slapstick, bei dem jede Geste übergroß ausgestellt wird und die Figuren unentwegt stolpern, sich prügeln, brüllen und grimassieren, was das Zeug hält.
Grete stakst roboterhaft über die Bühne; nur der Gin hält sie am Leben
Anstrengend und krachledern kommt das oft daher, lustig aber ist es vor allem, wenn Eva Bay als Grete mit schwarzer Hochsteckfrisur wie eine dunkle Schwester von Joanna Lumleys Absolutely-Fabulous-Patsy roboterhaft über die Bühne stakst, sich nur durch Gin überhaupt am Leben hält und zwischendurch mit schneidender Schärfe über radikale Kunst schwadroniert.
Auffällig bleibt der selbst gewählte Idealismus der Autorin und Regisseurin, ihr unverstellter Glaube daran, dass das Theater noch aufrütteln, sein Publikum aus dem Verblendungszusammenhang reißen soll und kann. "Empört euch!", rufen da die Darsteller wütend in die Reihen. Das ist natürlich aller Ehren wert, verpufft aber in der Gefälligkeit und Ungefährlichkeit der Hau-Drauf-Komik. Es bleibt launiges Kabarett mit einigen bösen Spitzen über den korrupt-apathischen Künstlerrummel, bei dem sich das Publikum am Ende bloß bestätigt fühlt, nur einverstanden lachen und nicken muss. Und das fällt eben doch zu leicht.