Teurer, länger, exklusiver

Von Jörn Florian Fuchs · 11.11.2011
Für die Salzburger Festspiele im Jahr 2012 ist Alexander Pereira als Intendant verantwortlich. Bei der Präsentation des Programms wurde deutlich: Das Publikum erwartet eine breite Angebotsfülle - aber auf Kontroverses wird künftig fast völlig verzichtet.
Eigentlich hatten die ehrwürdigen "Salzburger Nachrichten" dem Herrn Intendanten einen Großteil der Arbeit ja schon abgenommen. Intensiv-investigativ und frei von jeglicher Hofberichterstattung präsentierte das Blatt im Frühsommer üppige Details des ersten Spielplans von Alexander Pereira. Das meiste wurde auf der eindreiviertelstündigen Pressekonferenz, überaus ausführlich, bestätigt.

Naturgemäß fehlten auch keine Höflichkeitsfloskeln und Danksagungen, bemerkenswerter waren jedoch Pereiras (Vor-)Reaktionen auf eventuelle Kritik. Man werde ihm sicher vorwerfen, zu viel aus Zürich – wo er diese Saison noch als Opernchef amtiert – zu übernehmen (tatsächlich spielt 2012 etwa das Züricher Opernorchester auf alten Instrumenten eine konzertante Mozart-Oper), es gebe zu viele Aufführungen (in der Tat beginnen die Festspiele erheblich früher und enden erst Anfang September) etc.

Ob das Publikum die Angebotsfülle annimmt, wird man sehen. Klar ist aber bereits jetzt, dass Pereira – vielleicht gar nicht aus kommerziellen, sondern aus reinen Geschmacksgründen – auf Kontroverses beinahe völlig verzichtet. Die Wiener Philharmoniker werden künftig noch mehr Oper spielen, im kommenden Sommer "La Bohème" unter Daniele Gatti, "Carmen" (unter Simon Rattle, als Übernahme von den Osterfestspielen), "Ariadne auf Naxos" in der Urfassung (Regie Sven-Eric Bechtolf, am Pult steht Riccardo Chailly) und Bernd Alois Zimmermanns "Soldaten" unter Ingo Metzmacher, immerhin ist letzteres ja ein Schlüsselwerk der Moderne. Dazu übernimmt man unter anderem Händels "Giulio Cesare" von den Pfingstfestspielen und im Residenzhof läuft die Rarität "Das Labyrinth" von Peter von Winter – eine charmant-witzige Fortsetzung der "Zauberflöte". Selbige eröffnet den Premierenreigen, Nikolaus Harnoncourt musiziert mit seinem Concentus, der regietheatrale Mittelfeldspieler Jens-Daniel Herzog inszeniert.

Im Konzertprogramm begegnet man neben einigen modernen Interventionen durch Bernd Alois Zimmermann, Heinz Holliger oder Lutoslawski vor allem Mozart und der Romantik, Daniel Barenboim, Thomas Hampson und Rudolf Buchbinder kehren als Solisten an die Salzach zurück, am kuriosesten dürfte ein geplanter Liederabend von José Carreras werden. Bunt gemischt und nur locker verzahnt ist das alles. Zum Festspielauftakt läuft auch noch eine Reihe mit Konzerten geistlicher Musik, hochkarätig besetzt.

Sven-Eric Bechtolfs Schauspielangebot führt von Andrea Breths Sicht auf Kleists "Prinz von Homburg" und einem "Peer Gynt" der nicht allzu einschlägigen Irina Brook (die Tochter von Regielegende Peter Brook) über Kinderstücke und Puppentheater bis zu einem Auftragswerk des Tirolers Händl Klaus ("Meine Bienen. Eine Schneise"), bei dem die Musicabanda Franui (uraufführend) aufspielt. Außerdem singt und performt man Hamlet auf Koreanisch, Heinz Spoerli (Zürich!) vertanzt Streichquartette und am 1. September dient ein Festspielball (Eintritt 750 Euro) zur Belustigung von Reichen, Schönen, Sponsoren und zahlungswütigen Adabeis.

Für Rückfragen zu dieser Materialschlacht blieb wenig Zeit, da die Festspielpräsidentin zur Eile mahnte, man müsse ja zum Flieger nach London und dann weiter nach New York, auch dort interessiere man sich schließlich für die Salzburger Festspiele.

Ein Gerücht wurde indes doch noch rasch aufgeklärt bzw. bestätigt. In Salzburg schweigt man zwar über die Gehälter, aber Pereira bekommt nach eigenem Bekunden nur ein Drittel seines Zürcher Gehalts, also verkaufte der passionierte Pferdeliebhaber etliche Gäule und konzentriert sich fortan auf seinem Gestüt nach Salzburg auf ein besonders wertvolles Exemplar. Dann wünschen wir zum Antritt mal glücklichen Ausritt, ohne allzu große Hürden!