Telefonieren überall

Von Kay Müllges · 13.06.2008
Handy, Natel, Clamshell, Flipphone, Didong, mobieltje oder telefonino - das sind nur einige der rund 60 Namen, die das Mobiltelefon auf der Welt hat. Das Handy, bleiben wir mal bei dieser vertrauten Bezeichnung, ist heute ein globales Gut, das rund um den Erdball von Milliarden Menschen genutzt wird. Dabei ist seine Erfolgsgeschichte relativ kurz. Denn erst am 13. Juni 1983 wurde das erste kommerzielle Mobiletelefon der Welt vorgestellt.
Neil Armstrongs ersten kleinen Schritt auf die Mondoberfläche verfolgten 1969 rund 500 Millionen Menschen überall auf dem Planeten Erde. Die Funkübertragung seiner historischen Worte erfolgte mit Hilfe der amerikanischen Firma Motorola. Aus kleinen Anfängen hatte sich das Unternehmen zu einem der führenden Produzenten von Fernsehgeräten, aber auch von Funktechnologien in den USA entwickelt. Seit Ende der Sechzigerjahre stand die Firma in hartem Wettstreit mit den Bell-Laboratories um die Entwicklung des ersten tragbaren Mobiltelefons. 1973 präsentierte Motorola den ersten Prototyp eines Handys der amerikanischen Öffentlichkeit. Auf einer Pressekonferenz erklärte Vize-Präsident John Mitchell:

" Das bedeutet, das es in jeder Stadt, in der unser DYNA TAC-System installiert ist, möglich sein wird, zu telefonieren, während man mit dem Taxi fährt oder auf der Straße spazieren geht oder in einem Restaurant sitzt oder wo auch immer ein Radiosignal empfangbar ist."

Das war eine vielversprechende Ankündigung, doch vom ersten Prototypen bis zum echten Modell war es noch ein weiter Weg. Denn zunächst einmal musste die erforderliche Technik aufgebaut werden. Damit mobiles Telefonieren wirklich funktionieren konnte, waren in jeder Stadt Tausende und Abertausende von Basisstationen, sogenannte Funkzellen, zu installieren und es mussten leistungsfähige Computerprogramme für die Kommunikation entwickelt werden. Erst am 13. Juni 1983 war es dann endlich so weit. Motorola stellte das DYNA TAC 8000 X der staunenden Öffentlichkeit vor. Der Computerjournalist Wolfgang Back erinnert sich:

"Erst einmal sah es schrecklich aus. Es war ein Gerät um sich in der größten Schlägerei zu behaupten. Und es war schwer. Und es hatte kaum Batteriestrom zur Verfügung. Nach einer Stunde war es normalerweise zu Ende, dann musste man einen neuen Akku einlegen."

The Bone, der Knochen , wurde dieser Urvater aller modernen Handys genannt. Er wog immerhin 800 Gramm, war 33 Zentimeter hoch und kostete schlappe 3.995 US-Dollar. Dennoch hatten schon ein Jahr später rund 300.000 Menschen ein solches Monstrum erworben. Auch in Europa begann bald der Aufschwung des mobilen Telefonierens. Im September 1985 eröffnete der damalige Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling das neue, sogenannte C-Netz. Es sendete auf einer Frequenz von 450 Megahertz und war das erste - zumindest teilweise - digitale Mobilfunknetz in der Bundesrepublik. Unter der einheitlichen Vorwahl 0161, war es bundesweit möglich, alle Teilnehmer des C-Netzes zu erreichen. Wolfgang Back:

"Und das Handy, das Pocky, das ist natürlich ein mobiles Handy gewesen, ähnlich wie der Knochen, aber anders, das war der C-Netz-Knochen sozusagen, kostete 10.000 Mark. Und dann kam die Karte rein und dann haben wir uns gescheut zu telefonieren, weil das so teuer war."

Trotzdem hatte das C-Netz am Ende fast 800.000 Kunden. Und vermutlich noch einmal so viele Nachahmer, die sich eine Handy-Attrappe aus Holz zulegten, um wichtig zu erscheinen. Der endgültige Durchbruch in der mobilen Kommunikation gelang 1992 mit der Einführung der D- und E-Netze. Erstmals waren die Handys wirklich handlich und auch die Preise für Geräte und Telefonate purzelten in den Keller. Heute gibt es einer
EU-Statistik zufolge in den meisten Staaten Europas mehr Handys als Einwohner.

"In einer Generation, in der ich mich ja bewege, ist soviel passiert. Wenn ich mich erinnere: in dem Dorf in dem ich groß geworden bin, hatte einer einen Telefonanschluss - und das war der Bürgermeister. Einer in dem Dorf."

Die Vision John Mitchells ist Wirklichkeit geworden, leider auch mit vielen damals noch nicht bedachten Nebenwirkungen, wie zum Beispiel der Lärmbelästigung durch kreuzdämliche Klingeltöne:

Atmo: Klingelton "aus der Hölle" (Quelle: handy.de)