Ausstellung "Electro. Von Kraftwerk bis Techno"

Bitte tanzen!

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Vier Menschen hängen als elektronische Gitternetze an der Wand. Rechts unten steht auf einem Bildschirm "Techno Pop".
Kraftwerk haben einen eigenen Raum in der Ausstellung in Düsseldorf. © imago images/Kraft
Von Susanne Luerweg · 08.12.2021
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Elektronische Musik ist inzwischen überall. Eine Ausstellung in Düsseldorf zeigt nun den Weg der Beats und Sounds von den Anfängen bis in die Clubs in aller Welt. Die Besucher werden eingeladen, sich dem Rhythmus hinzugeben.
Ein dunkler Raum, wummernde Beats und eine Atmosphäre, die sehr viel mehr an einen Club als an ein Museum erinnert. Die Ausstellung "Electro. Von Kraftwerk bis Techno" wird von einem Klangteppich getragen, den der französische Star-DJ Laurent Garnier liefert.
Elf verschiedene Playlists hat er erstellt, die den Soundtrack zu den Exponaten bilden. Ein Soundtrack, der sich über die Jahre entwickelt hat, gereift ist und seine Anfänge auch in der Düsseldorfer Kunstszene hatte.

Musik aus der Kunstakademie

"Das war wirklich ein Nährboden, die Kunstakademie und Beuys, Nam June Paik und Stockhausen, die waren alle da", sagt Alain Bieber.
Bieber ist einer der Kuratoren der Ausstellung, die chronologisch aufgebaut ist. Sie führt durch die Jahrzehnte der Elektromusik, zeigt die Maschinen der Anfänge und die Computer von heute.
Auch das nachgebaute Studio für elektronische Musik des Urvaters der Szene, Karl Heinz Stockhausen, ist zu sehen. Sein Gesang der Jünglinge erklingt ebenso wie "Tanzmaschine" von Knarz, einer Band, die Laurent Garnier ebenfalls als wegweisend auf seiner Liste hat.
Ein Sound, der direkt in die Beine geht. Doch all dies hätte es so wohl nicht gegeben, wenn sich nicht Anfang der 1970er-Jahre die Band Kraftwerk gegründet hätte.

"Kraftwerk war immer dabei und wird immer dabei sein. Und hatte einfach einen sehr großen Einfluss auf die Bewegung. Es ist wirklich verrückt, wenn man sich die Sachen anschaut. Man sieht den Arbeiten das Alter nicht an. Das könnte auch heute produziert worden sein. Es ist vom Sound her und von der Ästhetik der Videos extrem visionär gewesen. Dieses ganze Thema der Maschine und das ganze Thema der künstlichen Intelligenz und die Autonomie der Roboter."

Den Düsseldorfer Lokalmatadoren ist ein ganzer Raum gewidmet. Sie haben ihren Sound von der Stadt am Rhein in die Welt getragen. Der Weg führte von der bürgerlichen Kleinstadt in die Arbeitermetropole Detroit und von dort nach New York und Chicago, in die Clubs von London, Paris und Tokio. In der Ausstellung wird klar, dass sie die Technoszene in Detroit genauso geprägt haben wie die Raves der Jetztzeit.
Der Kraftwerk-Raum ist eine Art White Cube. Auf der zentralen Wand laufen 3-D-Filme. Videos, die jeweils für eines der acht Konzeptalben von Kraftwerk stehen.
An einer Seite zeigt eine leuchtende Ziffer, welches Album zu hören und zu sehen ist. Der Sound ist bombastisch, die Fläche groß.

Der Sound für kleine Clubs

Der Sound, den Maschinen erzeugen, war lange nichts für die breite Masse. Er war der Beat für die Tanzfläche der kleinen Clubs. Das waren Orte, an denen die Besucher und Besucherinnen sich frei fühlen und sexuelle und modische Neigungen ausleben konnten. Der Club als Ort des Widerstands, als kleine politische Keimzelle.

"Ich würde sogar behaupten, es war immer politisch motiviert, außer die letzten Ausläufer der extremen Kommerzialisierung der Szene. Es hatte etwas Rebellisches und das Ganze zieht sich eigentlich bis ins Heute. Viele Clubs waren Safe Spaces für die LGBT-Bewegung, da konnte man sein, wie man wollte, und der Dancefloor hat einen zusammengewebt."

Und so wandert man in Düsseldorf an Fotos legendärer Locations entlang, sieht Menschen in Videos, wie sie ekstatisch oder in Slow Motion künstlerisch anspruchsvoll zu Techno tanzen.
Dazwischen die Masken des französischen Elektroduos Daft Punk, ein nachgebautes Modell des legendären Berliner Clubs Berghain, künstlerisch gestaltete Plattencover und die Roboterfiguren der Band Kraftwerk. Denn es braucht den Menschen und die Maschine.

Nicht neu, aber viel

Vieles ist nicht neu, was hier gezeigt wird, doch die Dichte der Exponate, die Fülle der Details war so noch nicht zu sehen. Eine sinnlich erlebbare Ausstellung, die eine echte Alternative zum Club bietet.
"Das ist, glaube ich, eine Ausstellung, die wirklich tanzbar ist. Es ist wirklich erwünscht, dass Besucher und Besucherinnen auch mal tanzen", sagt Kurator Bieber.

"Electro. Von Kraftwerk bis Techno"
Kulturpalast Düsseldorf
9.12.2021 - 15.5.2022

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