Techniker Krankenkasse kritisiert geplanten Gesundheitsfonds
Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse, Norbert Klusen, hat den geplanten Gesundheitsfonds als das Hauptproblem der Gesundheitsreform bezeichnet. Es handele sich hierbei um eine staatliche Beitragsfestsetzung, kritisierte Klusen. Mit solchen "dirigistischen Maßnahmen" behindere man den Wettbewerb und schaffe mehr Bürokratie.
Frank Cappelan: Gestern trafen die Dachverbände von Angestellten- und Betriebskrankenkassen mit der Bundesgesundheitsministerin zusammen. Heute nun werden die einzelnen Vorstandchefs der 50 größten Krankenkassen bei Ulla Schmidt erwartet. Erst einmal ging und geht es um eine Entschärfung des Tons, denn die Ankündigung der Krankenkassen, eine Kampagne gegen die geplante Gesundheitsreform der großen Koalition zu starten, hat die SPD-Ministerin ebenso aufgebracht wie die christdemokratische Kanzlerin. Nach der gestrigen Gesprächsrunde hatte Ulla Schmidt den Eindruck erweckt, als wollten die Kassenverbände nun von einer umfangreichen Kampagne gegen die Reform absehen.
Am Telefon ist Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, der also heute einen Termin bei der Ministerin hat. Ich grüße Sie!
Norbert Klusen: Hallo Herr Cappelan!
Cappelan: Ist das so, wird die Kampagne der Kassen gestoppt, können Sie das bestätigen?
Klusen: Ob es überhaupt wirklich eine Kampagne geben sollte, ist noch sehr die Frage. Die Techniker Krankenkasse hat keine Kampagne geplant, wohl aber Information und Aufklärung ihrer Mitglieder über das, was jetzt gesetzgeberisch geplant ist.
Cappelan: Was werden Sie denn der Ministerin sagen? Wie weit geht das Recht der Kassen, über Beschlüsse der Politik zu informieren?
Klusen: Wichtig ist, dass wir jetzt zu einem konstruktiven, aber auch kritischen Dialog kommen, denn es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die man im Interesse unserer Versicherten, nicht im Interesse eines Krankenkassenchefs oder einer Krankenkasse, im Interesse unserer Versicherten und der Patienten, denen wir Versicherungsschutz gewähren, kritisieren muss und anmerken muss. Damit wollen wir die Politik unterstützen. Wir wollen nicht ein Gesetzesvorhaben zu Fall bringen, aber wir wollen die Politik auf die Folgen mancher geplanter gesetzgeberischer Eingriffe hinweisen.
Cappelan: Darauf wollen wir gleich zu sprechen kommen Herr Klusen, aber wir können zunächst festhalten, die gesetzlichen Kassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes und folglich müssen sie am Ende umsetzten, was die Politik beschließt. Ist das korrekt?
Klusen: Das ist korrekt. Wenn es ein Gesetz gibt, dann müssen wir dieses Gesetz umsetzen. Ich zum Beispiel bin kein Beamter, also meine Meinung darf ich aber klar sagen und jeder Krankenkassenchef und auch jeder Verbandschef in einem Krankenkassenverband darf klar Kritik äußern und seine Meinung sagen und das tun wir.
Cappelan: Lassen Sie uns nun über die Sache selbst sprechen. Da ist man ja gestern nicht all zu viel weitergekommen. Die Kritik richtet sich ja vor allem gegen den geplanten Gesundheitsfond, der soll gespeist werden einerseits wie bisher aus einem Beitrag, andererseits aus einer Zusatzprämie, über deren Höhe entscheidet dann die jeweilige Kasse. Wenn sie gut wirtschaftet, kann sie den Versicherten vielleicht sogar Geld zurückzahlen. Das fördert den Wettbewerb, sagt die Ministerin. Habe Sie genau davor Angst?
Klusen: Nein, Angst nicht, aber man muss darauf hinweisen, wohin ein solcher Gesundheitsfond führt. Ein solcher Gesundheitsfond führt zu einer staatlichen Beitragsfestsetzung. Die Beiträge werden für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer staatlich festgesetzt. Was das bedeutet, das wissen wir aus der Rentenversicherung. Auch bei der Rentenversicherung wird der Beitragssatz staatlich festgesetzt und es wäre mir verborgen geblieben, wenn die Rentenversicherung als besonders gutes und gesundes Beispiel des Sozialversicherungssystems gelten würde. Auch in den Ländern, die Staatssysteme haben, also Systeme, die steuerfinanziert sind, bei denen staatliche Beiträge oder Prämien für die Krankenversicherung oder die Krankenversorgung festgesetzt werden, nehmen wir Großbritannien oder Schweden, haben wir die schlechtesten Gesundheitssysteme in Europa, also Systeme mit Mangelversorgung, mit starker Rationierung. Mit solchen dirigistischen, staatlichen Maßnahmen führt man das System gerade aus dem Wettbewerb hinaus.
Cappelan: Herr Klusen, aber da lässt sich doch gegenhalten, dass Sie durch die geplante Zusatzprämie mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben, auch Seitens der Krankenkassen.
Klusen: Wo sollen diese Gestaltungsmöglichkeiten sein? Wir haben heute Transparenz im Krankenversicherungssystem. Jeder kann sich über seinen Beitragssatz informieren. Es gibt viele Veröffentlichungen darüber, wer die preisgünstigste und wer die teuerste Krankenkasse ist. Und all das, diese Transparenz, suchen Sie die doch mal bei der privaten Krankenversicherung. Da wissen Sie doch gar nicht, welche Krankenversicherung die günstigste ist.
Cappelan: Ist das also der Knackpunkt, dass die Privaten nicht in diesen Gesundheitsfond hineinkommen?
Klusen: Das ist nicht der Knackpunkt. Weshalb sie nicht da hinein kommen, da gab es verschiedene, andere Gründe. Aber hier gab es ja massive politische Beeinflussungen, gerade von Seiten der CDU, um die private Krankenversicherung vor mehr Wettbewerb zu schützen. Denn Tatsache ist doch, dass es heute bereits in der gesetzlichen Krankenversicherung sehr viel mehr Wettbewerb gibt und sehr viel mehr Transparenz gibt, als in der privaten Krankenversicherung, wo Sie die Krankenversicherung nicht wirklich wechseln könne, wo die Altersrückstellungen nicht mitgegeben werden und wo Sie auch nicht wissen, was die günstigste oder was die ungünstigste Versorgungsalternative ist und eine ganze Reihe Leistungen auch gar nicht, die Sie in der gesetzlichen Krankenversicherung haben, auch gar nicht versicherbar sind.
Cappelan: Unter welchen Voraussetzungen könnten Sie als Chef der Techniker Krankenkasse denn einem Gesundheitsfond zustimmen?
Klusen: Ich bin immer ein Protagonist des Wettbewerbs gewesen. Ich möchte mich mit anderen Krankenkassen in einem Wettbewerb messen können und möchte hierzu auch unternehmerische Freiheiten haben. Und diese unternehmerischen Freiheiten werden aber durch diesen Fond mit staatlichen Beitragsfestsetzungen und was immer hinterher dann diese vermeintlich kleine Prämie bedeutet, aber mit staatlichen Beitragsfestsetzungen wird das nicht geleistet. Die Krankenkassen brauchen ihre Finanzautonomie auch, um unternehmerisch handeln zu können. Sie können doch nicht einem Unternehmen die Zuständigkeiten für die Finanzen geben und sagen, du kriegst jetzt staatliche Zuschüsse, staatlich festgesetzte Beiträge und damit macht ihr dann einen fantastischen Wettbewerb.
Cappelan: Auf der anderen Seite muss man sehen, dass allein bei den Krankenkassen etwa 25.000 Mitarbeiter damit beschäftigt sind, die Beiträge einzutreiben. Ist das nicht ein bisschen viel? Also ich will sagen, gibt es da nicht auch Potenzial, um zu rationalisieren und Kosten zu senken?
Klusen: Also bei uns sind es sehr viel weniger. Wir haben in zwei großen Unternehmensreformen diesen Bereich erheblich, auch andere Bereiche, aber auch den Beitragseinzugsbereich erheblich rationalisiert. Nur müssen sie auch wissen, dass es hier umfangreiche und vielfältige Aufgaben sind, an die man so gar nicht denkt, wenn man sagt, Beitragseinzug, das ist doch eigentlich ganz einfach. Dazu gehören Meldeverfahren, dazu gehört Beratung der Versicherten, Beratung der Arbeitgeber. Da gehört sehr viel dazu. Aber ein Fond zum Beispiel würde eine gigantische Bürokratie verursachen, also niemand würde ad hoc sagen, bei einer Krankenkasse läuft der Beitragseinzug schlecht. Es gibt andere Bereiche, in denen wir Änderungen herbeiführen müssen. Zum Beispiel mehr Wettbewerb einführen. Im Versorgungsbereich müssen wir eine ganze Menge tun. Aber es würde niemand in der Wirtschaft zum Beispiel auf die Idee kommen, einen gut laufenden, schlanken Prozess zu zerschlagen, ihn völlig neu zu ordnen, mit einer neuen Software versehen zu müssen, mit neuen Strukturen überhaupt versehen zu müssen, deren Aufbau Milliarden kostet. Und was hier in der Wirtschaft falsch wäre, das ist auch bei uns nicht richtig.
Cappelan: Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse. Ich bedanke mich für das Gespräch! Auf Wiederhören!
Klusen: Ich bedanke mich auch!
Am Telefon ist Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, der also heute einen Termin bei der Ministerin hat. Ich grüße Sie!
Norbert Klusen: Hallo Herr Cappelan!
Cappelan: Ist das so, wird die Kampagne der Kassen gestoppt, können Sie das bestätigen?
Klusen: Ob es überhaupt wirklich eine Kampagne geben sollte, ist noch sehr die Frage. Die Techniker Krankenkasse hat keine Kampagne geplant, wohl aber Information und Aufklärung ihrer Mitglieder über das, was jetzt gesetzgeberisch geplant ist.
Cappelan: Was werden Sie denn der Ministerin sagen? Wie weit geht das Recht der Kassen, über Beschlüsse der Politik zu informieren?
Klusen: Wichtig ist, dass wir jetzt zu einem konstruktiven, aber auch kritischen Dialog kommen, denn es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die man im Interesse unserer Versicherten, nicht im Interesse eines Krankenkassenchefs oder einer Krankenkasse, im Interesse unserer Versicherten und der Patienten, denen wir Versicherungsschutz gewähren, kritisieren muss und anmerken muss. Damit wollen wir die Politik unterstützen. Wir wollen nicht ein Gesetzesvorhaben zu Fall bringen, aber wir wollen die Politik auf die Folgen mancher geplanter gesetzgeberischer Eingriffe hinweisen.
Cappelan: Darauf wollen wir gleich zu sprechen kommen Herr Klusen, aber wir können zunächst festhalten, die gesetzlichen Kassen sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes und folglich müssen sie am Ende umsetzten, was die Politik beschließt. Ist das korrekt?
Klusen: Das ist korrekt. Wenn es ein Gesetz gibt, dann müssen wir dieses Gesetz umsetzen. Ich zum Beispiel bin kein Beamter, also meine Meinung darf ich aber klar sagen und jeder Krankenkassenchef und auch jeder Verbandschef in einem Krankenkassenverband darf klar Kritik äußern und seine Meinung sagen und das tun wir.
Cappelan: Lassen Sie uns nun über die Sache selbst sprechen. Da ist man ja gestern nicht all zu viel weitergekommen. Die Kritik richtet sich ja vor allem gegen den geplanten Gesundheitsfond, der soll gespeist werden einerseits wie bisher aus einem Beitrag, andererseits aus einer Zusatzprämie, über deren Höhe entscheidet dann die jeweilige Kasse. Wenn sie gut wirtschaftet, kann sie den Versicherten vielleicht sogar Geld zurückzahlen. Das fördert den Wettbewerb, sagt die Ministerin. Habe Sie genau davor Angst?
Klusen: Nein, Angst nicht, aber man muss darauf hinweisen, wohin ein solcher Gesundheitsfond führt. Ein solcher Gesundheitsfond führt zu einer staatlichen Beitragsfestsetzung. Die Beiträge werden für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer staatlich festgesetzt. Was das bedeutet, das wissen wir aus der Rentenversicherung. Auch bei der Rentenversicherung wird der Beitragssatz staatlich festgesetzt und es wäre mir verborgen geblieben, wenn die Rentenversicherung als besonders gutes und gesundes Beispiel des Sozialversicherungssystems gelten würde. Auch in den Ländern, die Staatssysteme haben, also Systeme, die steuerfinanziert sind, bei denen staatliche Beiträge oder Prämien für die Krankenversicherung oder die Krankenversorgung festgesetzt werden, nehmen wir Großbritannien oder Schweden, haben wir die schlechtesten Gesundheitssysteme in Europa, also Systeme mit Mangelversorgung, mit starker Rationierung. Mit solchen dirigistischen, staatlichen Maßnahmen führt man das System gerade aus dem Wettbewerb hinaus.
Cappelan: Herr Klusen, aber da lässt sich doch gegenhalten, dass Sie durch die geplante Zusatzprämie mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben, auch Seitens der Krankenkassen.
Klusen: Wo sollen diese Gestaltungsmöglichkeiten sein? Wir haben heute Transparenz im Krankenversicherungssystem. Jeder kann sich über seinen Beitragssatz informieren. Es gibt viele Veröffentlichungen darüber, wer die preisgünstigste und wer die teuerste Krankenkasse ist. Und all das, diese Transparenz, suchen Sie die doch mal bei der privaten Krankenversicherung. Da wissen Sie doch gar nicht, welche Krankenversicherung die günstigste ist.
Cappelan: Ist das also der Knackpunkt, dass die Privaten nicht in diesen Gesundheitsfond hineinkommen?
Klusen: Das ist nicht der Knackpunkt. Weshalb sie nicht da hinein kommen, da gab es verschiedene, andere Gründe. Aber hier gab es ja massive politische Beeinflussungen, gerade von Seiten der CDU, um die private Krankenversicherung vor mehr Wettbewerb zu schützen. Denn Tatsache ist doch, dass es heute bereits in der gesetzlichen Krankenversicherung sehr viel mehr Wettbewerb gibt und sehr viel mehr Transparenz gibt, als in der privaten Krankenversicherung, wo Sie die Krankenversicherung nicht wirklich wechseln könne, wo die Altersrückstellungen nicht mitgegeben werden und wo Sie auch nicht wissen, was die günstigste oder was die ungünstigste Versorgungsalternative ist und eine ganze Reihe Leistungen auch gar nicht, die Sie in der gesetzlichen Krankenversicherung haben, auch gar nicht versicherbar sind.
Cappelan: Unter welchen Voraussetzungen könnten Sie als Chef der Techniker Krankenkasse denn einem Gesundheitsfond zustimmen?
Klusen: Ich bin immer ein Protagonist des Wettbewerbs gewesen. Ich möchte mich mit anderen Krankenkassen in einem Wettbewerb messen können und möchte hierzu auch unternehmerische Freiheiten haben. Und diese unternehmerischen Freiheiten werden aber durch diesen Fond mit staatlichen Beitragsfestsetzungen und was immer hinterher dann diese vermeintlich kleine Prämie bedeutet, aber mit staatlichen Beitragsfestsetzungen wird das nicht geleistet. Die Krankenkassen brauchen ihre Finanzautonomie auch, um unternehmerisch handeln zu können. Sie können doch nicht einem Unternehmen die Zuständigkeiten für die Finanzen geben und sagen, du kriegst jetzt staatliche Zuschüsse, staatlich festgesetzte Beiträge und damit macht ihr dann einen fantastischen Wettbewerb.
Cappelan: Auf der anderen Seite muss man sehen, dass allein bei den Krankenkassen etwa 25.000 Mitarbeiter damit beschäftigt sind, die Beiträge einzutreiben. Ist das nicht ein bisschen viel? Also ich will sagen, gibt es da nicht auch Potenzial, um zu rationalisieren und Kosten zu senken?
Klusen: Also bei uns sind es sehr viel weniger. Wir haben in zwei großen Unternehmensreformen diesen Bereich erheblich, auch andere Bereiche, aber auch den Beitragseinzugsbereich erheblich rationalisiert. Nur müssen sie auch wissen, dass es hier umfangreiche und vielfältige Aufgaben sind, an die man so gar nicht denkt, wenn man sagt, Beitragseinzug, das ist doch eigentlich ganz einfach. Dazu gehören Meldeverfahren, dazu gehört Beratung der Versicherten, Beratung der Arbeitgeber. Da gehört sehr viel dazu. Aber ein Fond zum Beispiel würde eine gigantische Bürokratie verursachen, also niemand würde ad hoc sagen, bei einer Krankenkasse läuft der Beitragseinzug schlecht. Es gibt andere Bereiche, in denen wir Änderungen herbeiführen müssen. Zum Beispiel mehr Wettbewerb einführen. Im Versorgungsbereich müssen wir eine ganze Menge tun. Aber es würde niemand in der Wirtschaft zum Beispiel auf die Idee kommen, einen gut laufenden, schlanken Prozess zu zerschlagen, ihn völlig neu zu ordnen, mit einer neuen Software versehen zu müssen, mit neuen Strukturen überhaupt versehen zu müssen, deren Aufbau Milliarden kostet. Und was hier in der Wirtschaft falsch wäre, das ist auch bei uns nicht richtig.
Cappelan: Norbert Klusen, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse. Ich bedanke mich für das Gespräch! Auf Wiederhören!
Klusen: Ich bedanke mich auch!