Tebartz-van Elsts Verhalten bringt Kirche in "Misskredit"

Moderation: Julius Stucke |
Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, ärgert sich über das Verhalten seines Limburger Kollegen, Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Alle Bemühungen seiner Diözese um mehr Tranzsparenz und Offenheit würden dadurch in Misskredit gebracht. Fürst hofft auf ein baldiges Ende der Affäre.
Julius Stucke: Ein Bistum zu unterhalten, das ist nicht billig. 39 Millionen Euro für einen neuen Bischofssitz. Nein, liebe Hörerinnen und Hörer, wir sind jetzt nicht in Limburg, wir sind nicht bei Franz-Peter Tebartz-van Elst, der das ganze Land mit seinem Umbau unterhält. Wir gehen jetzt ins Bistum Rottenburg-Stuttgart. Auch dort wurde erneuert, auch dort für ziemlich viel Geld. Zwei Altbauten saniert und ein Neubau dazu fürs Bischöfliche Ordinariat in Rottenburg. Summa summarum 39,2 Millionen Euro. Aber dort ist nicht die Rede von einem Skandal, nicht von Verschwendung. Das legt die Frage nahe, warum? Was macht man anders in Rottenburg, was besser als der Limburger Bischof? Beantworten kann uns das am besten der Bischof des Bistums Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst. Guten Morgen, Bischof Fürst!

Gebhard Fürst: Ja, guten Morgen!

Stucke: Teuer alleine scheint also nicht das Problem zu sein. Was haben Sie besser gemacht als der Limburger Bischof?

Fürst: Ja, der Gebäudekomplex, den wir in den letzten Jahren jetzt erneuert und saniert haben und der jetzt zum Abschluss gekommen ist, ist von Anfang an mit allen unseren öffentlichen gewählten Gremien abgesprochen. Wir haben in unserer Diözese einen Diözesanrat, der das Haushaltsrecht hat, und in diesem Finanzausschuss, und dann auch in den öffentlichen Sitzungen des Diözesanrats sind diese Investitionen besprochen und schließlich beschlossen worden, und es ist mit größter Transparenz und dann auch mit großer Sorgfältigkeit durch einen Bauausschuss begleitet worden.

"Hoffe, dass sich diese skandalträchtige Situation beendet"

Stucke: Also – Transparenz, sagen Sie, ist ein Grund. Ist ein anderer vielleicht, Sie haben das Geld sinnvoll eingesetzt, während es in Limburg verschwendet wurde?

Fürst: Das bischöfliche Ordinariat besteht aus mehreren Gebäudekomplexen, da ist ein großes altes Jesuitenkolleg da, das schon immer dort war für die bischöfliche Verwaltung, das musste saniert werden und teilweise auch erneuert werden im Innenraum. Dann haben wir eine Zusammenführung verschiedener Dienststellen, die über die ganze Stadt in Rottenburg verteilt waren, durchgeführt. Dazu haben wir einen neuen Bürotrakt errichtet. Und vor allen Dingen mussten wir auch unser Diözesanarchiv erneuern, das war in einem ganz schlechten Zustand, sodass also eine mögliche Schließung uns bevorstand. Und dieses Diözesanarchiv ist auch ein Ort der Forschung und eben der Vorhaltung der Akten unserer ganzen Diözese.

Stucke: Also notwendige Veränderungen, das Ganze von Anfang an transparent begleitet, am Ende mit einem Tag der offenen Tür alles abgerundet. Nehmen wir diesen Tag der offenen Tür mal als Stichwort, Bischof Fürst. Eine offene Kirche, eine moderne Kirche, moderne Führung statt geheimer Machenschaften, eine Kirche für die Armen, das ist ja auch die Richtung, in die Papst Franziskus gerade zu gehen versucht. Kirche verändern und damit das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit verbessern. Ja, und dann kommt so ein Skandal in Limburg und macht vielleicht nicht alles, aber doch vieles kaputt. Wie groß ist da Ihr Ärger?

Fürst: Ja. Also, wenn ich sage, ich bedauere das, ist das natürlich sehr untertrieben. Es bringt Bemühungen, die zum Beispiel in unserer Ortskirche da sind, im Hinblick auf Transparenz, im Hinblick auf eine einladende, auf eine dienende diakonische, an den Sorgen und Problemen der Menschen orientierte Kirche natürlich auch irgendwie in Misskredit. Und das bedauere ich, und ich hoffe, dass diese Situation der großen Unsicherheit und des Ärgers möglichst bald jetzt auch einer Lösung zugeführt wird, dass sich diese skandalträchtige Situation beendet.

Stucke: Einer Lösung zugeführt – das heißt, das kirchliche Verzeihen, dem Sünder verzeihen, das scheint Ihnen schwerzufallen. Das klingt nach dem Wunsch, da muss einer gehen.

Fürst: Also, Verzeihen ist natürlich eine Christenpflicht, aber es müssen natürlich auch die Konsequenzen von Fehlverhalten gezogen werden.

Stucke: Die Konsequenzen müssen gezogen werden. Einige Bistümer ziehen jetzt Konsequenzen und legen ihre Finanzen offen. Hat die Geschichte da vielleicht sogar etwas Positives, weil etwas in Bewegung kommt?

Fürst: Ja, also das ist natürlich bei jedem großen Problem, da steckt auch eine Chance drin. Jetzt ist die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit groß auf das finanzielle Gebaren der Kirche, der Kirchen übrigens insgesamt. Und wenn uns das selber jetzt noch einmal dazu bringt, die Sachen noch einmal genau anzuschauen und dann eben das, was bisher nicht so im Licht der Öffentlichkeit stand, das dann auch in das Licht der Öffentlichkeit zu bringen und dadurch auch Glaubwürdigkeit zu bekommen, dann, denke ich, ist das auch eine gute Chance.

"Das Kloster öffnen für Flüchtlinge"

Stucke: Glaubwürdigkeit und das Bild der Kirche. Lassen Sie uns noch ein weiteres Thema ansprechen, Bischof Fürst, aber auch das passt zur Frage des Kirchenimages. Sie haben relativ spontan beschlossen, syrische Flüchtlinge aufzunehmen in Räumen des Klosters Weingarten. Ist das Ihr Beitrag zur Pflege eines positiven Kirchenbildes?

Fürst: Indirekt schon natürlich. Aber das war nicht der Sinn dieser Aktion. Wir haben als Diözesanpatron den Heiligen Martinus, der durch seine Mantelteilung die ganze Geschichte Europas begleitet. Und diese Mantelteilung heißt, dass der, der etwas hat, dem, der etwas braucht, das Notwendige schenkt und gibt. Und im Augenblick haben wir Flüchtlinge vor unserer Haustüre, die Wohnraum brauchen, die eine Bleibe brauchen. Und wir haben in Weingarten das große Kloster, das seit Jahren fast leer steht, weil der Benediktinerkonvent dort aufgelöst wurde. Und deshalb sage ich, teilen heißt in diesem Zusammenhang, im Geist des Heiligen Martin, auch Wohnraum teilen. Und wir möchten den Flüchtlingen die Zellen, die in diesem Kloster leer stehen, anbieten, dass sie dort Herberge finden, wenn ich das mal mit diesem etwas altmodischen Wort sagen darf.

Stucke: Gibt es denn da schon konkretere Pläne, oder erst mal nur das Angebot, die Idee?

Fürst: Nein, es gibt konkrete Pläne. Ich habe im Zusammenhang eines Martins-Kongresses jetzt diese Idee entwickelt und diesen Entschluss und die Erwartungen, das operative Geschäft meiner Diözese sozusagen weitergegeben. Wir werden ganz, ganz zeitnah hier entsprechende auch Verantwortlichkeitsstrukturen schaffen, die dieses Kloster so instand setzen können, dass es für Flüchtlinge in ihrer spezifischen und ganz schwierigen Situation eine gute Herberge wird.

Stucke: Also eine Herberge, ein Beispiel für eine einladende Kirche. Gibt es denn schon erste Reaktionen darauf? Was sagen die Gläubigen bei Ihnen im Bistum dazu?

Fürst: Also ich habe dieses Signal gegeben, dass wir das Kloster öffnen für Flüchtlinge am Ende des großen Martins-Kongresses, den wir in Weingarten hatten. Und die ungefähr 100 versammelten Teilnehmer an diesem Kongress sind spontan auf mich zugekommen und haben erklärt, dass sie sich sehr über diese Entscheidung freuen und dass sie, wo es möglich ist für sie und für uns, uns gerne unterstützen und beistehen.

Ich denke zum Beispiel auch daran, dass es vielleicht Patenschaften gibt für die Menschen, die da ankommen. Man kann ja nicht einfach Menschen nur in ein Gebäude stecken und sie dann sich selbst überlassen. Sie brauchen Begleitung, sie brauchen möglicherweise auch Unterstützung beim Lernen der deutschen Sprache, dass sie möglichst selbstständig werden.

Wir müssen vielleicht einige bauliche Maßnahmen hier verändern, und das muss auch mit dem Land, das der Eigentümer des Klosters ist – wir sind da nur als Diözese der Mieter –, das muss alles abgeklärt werden, und ich werde heute oder morgen einen bischöflichen Beauftragten bestellen, der diese Gespräche führt und in enger Absprache mit dem Generalvikar und mit mir dann Entscheidungen fällt, dass wir zügig vorankommen.

Stucke: Gebhard Fürst, Bischof des Bistums Rottenburg-Stuttgart. Vielen Dank und viel Erfolg bei Ihren Plänen, Herr Bischof!

Fürst: Ja, ich danke Ihnen für Ihr Interesse!

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