Erfolgsphänomen
Um die Kontrolle über ihre Alben wiederzubekommen, veröffentlicht Taylor Swift ihre ersten Alben neu. Im Bild: das Albumcover von "Speak Now (Taylor's Version)", die Neuaufnahme ihres dritten Albums. © picture alliance / Associated Press / Uncredited
Warum Taylor Swift alle Rekorde bricht

05.11.2023
Popstar Taylor Swift räumt mit ihren nur 33 Jahren unzählige Preise ab und stellt immer neue Rekorde auf. Bei ihren Konzerten bebt die Erde, wo sie hinkommt, steigen die Preise. Wie lässt sich ihr gigantischer Erfolg erklären?
Taylor Swift ist jung, frisch gebackene Milliardärin und schart eine riesige Fangemeinde um sich. Für ihre Musik wird sie immer und immer wieder ausgezeichnet. Das Musikmagazin Rolling Stone zählt Taylor Swift zu den 100 größten Songschreiberinnen und -schreibern aller Zeiten. Damit schaffte sie es als jüngste Künstlerin in das Ranking.
Übersicht
Wie verlief Taylor Swifts Karriere bisher?
Mit nur 14 Jahren bekam Taylor Swift ihren ersten Plattenvertrag. Mit Countrymusik fing alles an. 2008 nahm die Karriere der damals 18-Jährigen mit ihrem zweiten Album „Fearless“ rasant an Fahrt auf. Swift wandelte sich zur Popmusik-Queen. Dadurch sprach sie ein wesentlich breiteres Publikum an. 2020 unternahm Swift einen neuen Wandel hin zu Folk-Sound.
Seit 2019 nimmt sie ihre Alben als „Taylor’s Version“ noch einmal neu auf. Taylor Swift hat für ihre Songs mit geachteten Musikern wie dem Songschreiber Jack Antonoff und The-National-Frontmann Aaron Dessner zusammengearbeitet.
Taylor Swift kommt aus einer Millionärsfamilie, ihr Vater ist Vermögensberater. So sei die Musikerin einerseits ein familiäres Finanzprodukt, sagt der Kulturökonom Peter Tschmuck, andererseits sei sie auch eine großartige Songwriterin.
Welche Rekorde hat Swift gebrochen?
Swift ist eine der erfolgreichsten Sängerinnen der vergangenen Jahrzehnte und hat mehr Nummer-Eins-Alben als jede andere Künstlerin in der Geschichte der US-Charts herausgebracht. Zu ihren Trophäen darf sie allein zwölf Grammy Awards zählen. Bei Spotify hat sie etliche Rekorde aufgestellt, ist zum Beispiel die meistgestreamte Künstlerin weltweit.
2022 hat sie mit ihrem Album "Midnights" die ersten zehn Plätze der US-Billboard-Charts gestürmt. Das gab es in der über 60-jährigen Chartgeschichte bis dahin noch nie. Bei der Verleihung der MTV-Video-Music-Awards dieses Jahr ist sie mit neun Awards geehrt worden, unter anderem als Künstlerin des Jahres, für das beste Pop-Video und für das Album des Jahres.

Ausgezeichnet für "Anti-Hero": Taylor Swift nimmt bei den MTV-Video-Music-Awards 2023 den Preis für das Musikvideo des Jahres entgegen.© picture alliance / Charles Sykes / Invision / AP / Charles Sykes
Der umsatzstärkste Konzertfilm aller Zeiten
„Taylor Swift: The Eras Tour“ dokumentiert ihre aktuelle Welttournee und ist am 13. Oktober weltweit in den Kinos gestartet. Schon im Vorverkauf hat der Film die 100-Millionen-Dollar-Marke überschritten, so die US-Kinokette AMC. Dieser Film hat Taylor Swift nun auch zur Milliardärin gemacht.
Was macht den Hype um sie aus?
Bei Auftritten von Taylor Swift bebt schon mal die Erde. Zwei Konzerte der Popsängerin in der US-Stadt Seattle haben seismische Aktivitäten verursacht, die einem Erdbeben der Stärke 2,3 entsprechen. Die Aktivität soll durch Swifts Fans oder das Soundsystem verursacht worden sein, erklärt eine Seismologin der Western Washington University.
Ökonomen haben berechnet, dass durch die Preise für Taylor Swifts Konzertkarten, die weltweit durch die Decke gehen, in einigen Ländern die Inflationsrate steigt. Von „Swiftflation“ ist da die Rede. In Großbritannien zum Beispiel sind die Preise für Freizeit und Kultur im Mai so stark gestiegen wie seit 30 Jahren nicht mehr.
Auch in den USA beeinflussen Swift-Fans die lokale Wirtschaft, sodass zum Beispiel Hotelpreise steigen. Immer wieder kommt es vor, dass US-Fans Tausende Dollars ausgeben, wenn sie zu Swift-Konzerten fahren.
Uni veranstaltet „Swiftposium“
In Australien beschäftigt sich demnächst sogar eine Universität mit dem Hype um die US-Sängerin Taylor Swift. Die Melbourne University will bei einem Symposium im Februar den Einfluss der 33-Jährigen auf Gesellschaft, Literatur, Wirtschaft und Musikindustrie untersuchen.
Zum „Swiftposium“ sind nach Angaben der Universität Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen akademischen Fachgebieten eingeladen. Das „Swiftposium“ soll laut den Veranstaltern einen „kritischen Dialog über Swifts Popularität und ihre tief greifenden Auswirkungen auf eine Reihe von Themen“ ermöglichen.
Swift’sche Literaturanalyse
In Belgien bietet die Literaturprofessorin Elly McCausland bereits swift’sche Literaturanalyse an der Uni Gent an. Ihr Titel: „Literatur: Taylor’s Version“. „Ich bin nicht die Erste, die Swifts Referenzen zu klassischen Werken der englischen Literaturgeschichte erkannt hat“, sagt MCausland, „aber ich glaube, es geht darüber hinaus.“
Wie Swift mit Genres, Themen, Stilmitteln und Reimen umgeht, das hält die Literaturprofessorin für „sehr literarisch“. In Taylor Swifts Song „The Great War“ von ihrem Album „Midnights“ sieht sie Bezüge zur amerikanischen Schriftstellerin Sylvia Plath und ihrem Gedicht „Daddy“.
Was unterscheidet Swift von anderen Künstlern?
„Sie hat wirklich was drauf“, sagt Kulturkritikerin Jenni Zylka. Sie schreibt ihre eigenen Songs, sie spielt sie selbst, und die Stücke haben laut Zylka musikalisch Hand und Fuß. Ihre Musik sei „saubere und kantenlos produzierte Popmusik“. Außerdem habe Swift verschiedene Genres ausprobiert und sei entsprechend wandelbar. Gleichzeitig, so Zylka, „passt sie als weiße, perfekt proportionierte junge Blondine ins heteronormative Love-Interest-Schema für Männer, als auch in das Ideal, das Frauen sich aufzwingen.“
Sie hat die Swifties
Auch wenn es zu Beginn ihrer Karriere Instagram, TikTok und Co. noch nicht gab, hat Taylor Swift frühzeitig soziale Medien zu nutzen gewusst, sagt Peter Tschmuck, Professor für Kulturbetriebslehre in Wien. So habe sie sich früh eine Fangemeinde aufgebaut, die treu zu ihr halte. Die „Swifties“ sind ihre wichtigste Basis, erklärt er.
Sie sorgt für Überraschungen
Kulturkritikerin Jenni Zylka glaubt, dass sich die „Swiftmania“ noch eine Weile hält. „Sie hat ja auch immer wieder Ideen, mit denen sie einen bei der Stange hält.“ Der Urheberrechtsstreit, aber auch Easter Eggs auf Taylor Swifts Alben, also Überraschungssongs.
Die Crew ihrer USA-Tour hat Taylor Swift dieses Jahr offenbar an ihrem Erfolg teilhaben lassen. Die Lkw-Fahrer, die ihr Tour-Equipment transportiert haben, bekamen laut CNN einen Bonus-Scheck von 100 000 Dollar pro Person.
Sie kämpft für ihre Musik
2015 kritisierte Taylor Swift Apple öffentlich. Das Unternehmen wollte den Nutzern seinen Musikstreaming-Dienst drei Monate zur Probe kostenlos anbieten, ohne die Künstler zu bezahlen. Apple gab nach und zahlte schließlich.
Seit 2019 nimmt Swift ihre Alben noch einmal neu auf. Grund dafür ist ein Streit um die Musikrechte an ihren früheren Alben mit dem Musikproduzenten Scooter Braun. Er hatte ihr zwischenzeitlich verbieten wollen, ihre Songs im Fernsehen aufzuführen. Durch die Neuaufnahme holt sich Swift die Kontrolle über ihre Songs zurück.
Ihre Neuauflagen erscheinen unter dem Titel „Taylor’s Version“. In dem Plattenstreit geht es ums Finanzielle, aber auch um Persönliches, meint der Kulturökonom Peter Tschmuck. Sie wolle auch denen, die die Rechte besitzen, eins auswischen. Der frühere Label-Chef von Big Machine Records Scott Borchetta habe mehr oder weniger ohne Swifts Wissen ihre Alben verkauft. So seien die Alben in Hände von Personen geraten, „die sie nicht so besonders leiden kann“, sagt Tschmuck. An ihren Social-Media-Posts merke man, dass sie stark emotional involviert sei.
Dass Swift in diesem Urheberrechtsstreit erfolgreich gegen ihre Plattenfirma rebelliert, ist etwas, was dem Publikum gefällt, beschreibt Kulturkritikerin Jenni Zylka. „Das ist eine beeindruckende Geschichte von David gegen Goliath und Selbstbestimmung.“
Sie mischt sich in die Politik ein
Weil Taylor Swift lange Zeit zu aktueller Politik schwieg, wurde sie von rechten Kreisen sogar als Vorzeigefrau gefeiert. Bis 2018. Damals waren Wahlen in ihrem Heimatbundesstaat Tennessee und Swift engagierte sich gegen die republikanische Kandidatin Marsha Blackburn. In ihrer Doku „Miss Americana“ erklärt Swift ihrer Familie: „Sie ist gegen eine faire Bezahlung von Frauen. Sie denkt, dass es erlaubt sein sollte, ein schwules Paar aus einem Restaurant zu werfen.“
2020 wird sie zur erklärten Trump-Gegnerin. Sie mischt im Wahlkampf mit und wirbt für Joe Biden. In den US-Medien wird spekuliert, welchen Einfluss Taylor Swift auf die kommenden US-Präsidentschaftswahlen 2024 haben könnte. Alyssa Farah Griffin, ehemalige Kommunikationsstrategin für Donald Trump, sagte kürzlich in einem Podcast: Taylor Swift sei die Einzige, die Trump wirklich schlagen könne.
mfied