Taskforce Gurlitt

"In der Provenienzforschung ist eine Menge passiert"

Die wissenschaftliche Koordinatorin Andrea Baresel-Brand von der Taskforce Schwabinger Kunstfund.
Bei vielen Werken der Sammlung des 2014 verstorbenen Cornelius Gurlitt gestaltet sich eine Identifizierung als Raubkunst schwierig. © dpa / picture alliance / Britta Pedersen
Wulf Herzogenrath im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 14.01.2016
Erst ein Prozent der rund 1500 Werke umfassenden, 2013 entdeckten Sammlung Gurlitt konnten als Raubkunst identifiziert werden. Das liege auch daran, dass in Deutschland Provenienzforschung lange vernachlässigt worden sei, meint Wulf Herzogenrath.
Zwei Jahre lang bemühte sich eine Expertenkommission um die Erforschung der Herkunft der 2013 entdeckten, 1500 Werke umfassenden Kunstsammlung von Cornelius Gurlitt. Jetzt hat die Taskforce Schwabinger Kunstfund Ergebnisse vorgelegt. Diese nehmen sich allerdings bescheiden aus: Erst ein Prozent der Bilder konnten die Experten als Raubkunst identifizieren, und nur zwei Bilder wurden den rechtmäßigen Eigentümer bisher zurückgegeben.
Mehrere Anspruchsteller pro Bild
Der Kurator und ehemalige Direktor der Abteilung Bildende Kunst der Akademie der Künste Berlin, Wulf Herzogenrath, erklärt diese magere Bilanz zum einen mit der Komplexität der Materie:
"Es macht es so kompliziert, dass am Werk selber Sie schwer festmachen können, welchen Weg es bis heute gegangen ist. Manchmal kleben Zettel hinten drauf, manchmal ist es beschriftet, manchmal hat der Verkäufer aufgeschrieben, von wem er es hat. Dann fehlt wieder irgendwo ein Zwischenschritt."
Zudem gebe es in einigen Fällen mehrere Anspruchsteller. So wurden beispielsweise auf die 104 besonders verdächtigen Bilder 114 Ansprüche erhoben.
Provenienzforschung in Deutschland macht Fortschritte
Zum anderen kritisierte Herzogenrath, dass man Provenienzforschung in Deutschland viel zu lang vernachlässigt habe. Bis Mitte der 90er-Jahre haben man das Thema nicht für wichtig gehalten. Erst im Vorfeld der Washingtoner Erklärung sei eine Provenienzforschung aufgebaut worden.
"Es hätte sehr viel mehr, es hätte sehr viel schneller sein müssen", räumt der Kunsthistoriker ein. Inzwischen sei in den Museen diesbezüglich aber eine Menge passiert. Er kenne kein Museum, das nicht wenigstens ein, zwei Provenienzforscher aus eigenen Mitteln bezahle, außerdem könne seit einigen Jahren im Deutschen Zentrum Kulturgutverluste Geld und Expertise angefordert werden. "Also, es ist da was getan [worden], aber wünschenswert ist natürlich immer: warum nicht noch mehr?"
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