Tanzsolo

Unerwartet weich und offen

Hunter von Meg Stuart / Damaged Goods
Hunter von Meg Stuart / Damaged Goods © Hebbel am Ufer / Iris Janke
Von Elisabeth Nehring · 26.03.2014
Für "Hunter" steigt die amerikanische Choreografin Meg Stuart tief hinab in die Keller ihrer Erinnerungen und Erfahrungen. Bei der Premiere stimmte zwar noch nicht alles. Bei zukünftigen Veranstaltungen wird das aber sicherlich anders.
In ihrem ersten abendfüllenden Solo "Hunter" geht die amerikanische Choreografin Meg Stuart auf die Jagd nach Erinnerungen. Schon immer hat Meg Stuart Recherche an der eigenen Person betrieben. In "Hunter" steigt sie tief hinab in die Keller ihrer Erinnerungen, der Einflüsse und Erfahrungen, die sie geprägt haben – als Person und als Künstlerin.
So wie sie zu Beginn alte Fotos betrachtet, zerschneidet, neu ordnet, übermalt, überklebt, verziert und zu dadaistisch anmutenden Collagen arrangiert, so durchläuft auch ihr Körper verschiedene Seins- und Gefühlszustände. Unter großer Spannung, mitunter wie ferngesteuert und von unsichtbaren Kräften getrieben wirkt sie.
Begleitet von dem feinen, subtilen und ungeheuer vielfältigen Sound Vincent Malstaffs betastet und erforscht sie sich selbst – innerlich wie äußerlich – und bleibt dabei immer fragmentarisch, bruchstückhaft.
Potenzial noch nicht entfaltet
Später wird sie – überraschend, wenn man die Arbeiten Meg Stuarts kennt – erzählen: von ihrer Schüchternheit, den Eltern, der Kindheit, von Liebe und Vertrauen. Die Choreografin mäandert sich verbal durch Erinnerungen und Meinungen, und führt uns dabei eine ganz schüchterne, ja sogar etwas unbeholfene, unerwartet weiche und offene Meg Stuart vor.
Erfolgreich spielt sie mit Sympathie und Empathie eines Publikums, das genau weiß, wen vor sich hat: eine der Ikonen des zeitgenössischen Tanzes, die gerade ihre Hermetik abzulegen behauptet.
Noch fügten sich bei der Premiere die Fragmente nicht recht zusammen, noch hat Meg Stuart nicht die ganz große Intensität entwickelt, die man von ihr auf der Bühne und aus ihren Zusammenarbeiten mit Choreografenkollegen wie Philipp Gehmacher und Benoit Lachambre kennt. Für zukünftige Vorstellungen kann man die Entfaltung dieses Potenzials erwarten.
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