Tanzen gegen Rassismus

Von Vanessa Loewel |
Hollywood lernte von ihr das Tanzen. Sie unterrichtete Stars wie Marlon Brando oder James Dean: die Tänzerin und Choreografin Katherine Dunham. Sie war einer der wichtigsten Pioniere des Jazz und Modern Dance und 1963 die erste Afroamerikanerin, die von der Metropolitan Opera in New York als Choreografin engagiert wurde. Heute vor 100 Jahren wurde sie geboren.
"Also, tatsächlich ist das Tanzen nicht der Hauptteil meiner Arbeit. Ich liebe es, zu choreografieren. Ich leite eine Tanzkompanie, kümmere mich um das Management, den Bühnenaufbau, die Requisite, um all die Dinge, die zu einer Aufführung gehören - und natürlich male ich auch sehr gerne."

Katherine Dunham war ein Universaltalent. Sie schrieb außerdem noch wissenschaftliche Abhandlungen und Romane und war sozial engagiert. Sie hat sich in ihrer Kreativität und Schöpfungskraft nicht begrenzen lassen - weder von eigenen Zweifeln noch von Rollenbildern oder Vorurteilen.

Katherine Dunham wurde am 22. Juni 1909 in Chicago geboren und wuchs in einer Familie der schwarzen Mittelklasse auf. Schon als Kind war sie fasziniert von der Bühne und dem Tanz, auch wenn sie zunächst Lehrerin werden wollte. Mit 19 begann sie zu studieren - sie war eine der wenigen afroamerikanischen Frauen an der Chicagoer Universität. In ihrer Freizeit nahm sie Stunden bei der russischen Ballerina Ludmilla Speranzeva.

"Als ich an die Universität von Chicago kam, begann ich mich für Anthropologie zu interessieren. Gleichzeitig habe ich klassischen Ballettunterricht genommen - und auch selbst Tanz unterrichtet. Aber ich glaube, es war mein Interesse an der Forschung, das zu meiner Recherchereise in die Karibik geführt hat. Ich wollte herausfinden, warum Menschen tanzen. Ich wollte mehr über den Tanz als Kulturgut erfahren, aus wissenschaftlicher Sicht."

Für ihre Doktorarbeit über Volkstänze forschte sie anderthalb Jahre auf Jamaika, Trinidad, Martinique und Haiti. Sie brachte von dieser Reise mehr mit, als wissenschaftliche Erkenntnisse. Schließlich hat sie die Volkstänze auch praktisch gelernt. Sie bildeten die Grundlage ihres innovativen Tanzstils: In ihren Choreografien hat Katherine Dunham die Bewegungen der afrokaribischen Tänze mit Elementen des klassischen Balletts gemischt.

Als sie 1936 aus der Karibik in die USA zurückkehrte, gründete sie ein Tanzensemble und feierte schon bald Erfolge in Chicago und New York, als Tänzerin wie auch als Choreografin. 1940 trat sie zum ersten Mal am Broadway auf mit dem Musical "Cabin in the Sky".

Hollywood wurde auf sie aufmerksam: Sie tanzte, sang und choreografierte für Filmmusicals wie "Stormy Weather" oder "Star Spangled Rhythm".

Immer wieder ging sie mit ihrer Tanzkompanie auf Tournee, trotz der Schwierigkeiten und Diskriminierungen, denen ein schwarzes Ensemble ausgesetzt war. Es war die Zeit vor der Bürgerrechtsbewegung. Als sie 1944 in Louisville im Staat Kentucky auftraten und das Publikum am Ende der Vorführung berauscht nach mehr rief, verweigerte Katherine Dunham die Zugabe. Sie erklärte dem weißen Publikum von der Bühne aus:

"Ich habe entdeckt, dass dieses Theater Menschen wie mir verbietet, neben Menschen wie Ihnen zu sitzen. Ich hoffe, dass die Zeit und der Kampf für Toleranz und Demokratie das ändern werden. Vielleicht können wir dann wiederkommen."

Bis 1965 bereiste Katherine Dunham mit ihren Shows, wie "Tropical Revue" oder "Caribbean Rhapsody" 57 Länder, darunter auch Deutschland. 1954 schrieb das "Hamburger Abendblatt" begeistert in seiner Kritik:

"Juba und Rumba, Bauchtanz und Cakewalk und Shimmy sind ihr Rohmaterial für rauschhafte Szenen, deren Schauplätze von den karibischen Plantagen bis nach New Yorks Harlem reichen."

Katherine Dunham eröffnete 1945 in New York ihre berühmte Tanzschule, die "Dunham School". 1967 dann wurde sie Leiterin des Performing Arts Training Centers an der Universität in East Saint Louis. Hier, in einer der ärmsten Städte des Staates Illinois, unterrichtete sie gerade in den Stadtteilen, in denen Kriminalität und Perspektivlosigkeit am größten waren.

Von ihren Schülern forderte sie Disziplin - und gute Schulnoten. Dafür lernten sie mehr als Tanzen: Man solle im Leben nichts einfach so hinnehmen und immer daran glauben, dass alles möglich ist, hat Katherine Dunham ein Jahr vor ihrem Tod gesagt. Sie starb 2006, mit 96 Jahren, in einem New Yorker Altenheim. Die Dunham-Technik gehört heute zum Kanon des Jazz und Modern Dance. Für viele aber ist sie mehr als ein Tanzstil - sie ist ein "Way of Life".