Tanz auf Trümmern
Nackte Körper, Micky-Maus-Masken vor den Gesichtern, kriechen über die Trümmer des World Trade Centers: Mit seiner amerika-kritischen Inszenierung des "Maskenballs" von Giuseppe Verdi hat Johann Kresnik für Aufsehen gesorgt. Premiere feierte das Stück am Theater Erfurt.
Der Skandal blieb aus. Sicherlich, Johann Kresnik empfing auch einige wenige Buhs beim Schlussapplaus, aber sonst zeigte man sich in Erfurt angetan von einem für ein mittleres Opernhaus passablen, ja fast überdurchschnittlichen Theaterabend. Vor allem eine junge schwarze Sängerin aus Florida, Adina Aaron, die ihr Deutschland-Debüt mit der Partei der Amelia gab und auch immer mehr ihren Partner Erik Fenton als Riccardo zu animieren verstand, begeisterte, und auch das Orchester gefiel, das unter Generalmusikdirektor Walter E. Gugerbauer die oft recht sarkastische, bisweilen fast an Operette erinnernde Musik dieses Maskenballs zum Tanzen brachte.
Natürlich ist Johann Kresniks choreografischer Zugriff auf die Oper ungewohnt, sicherlich auch ein bisschen frech, teilweise aber durchaus bieder konventionell. Kresnik hat den "Maskenball", der bei der Uraufführung ins vorrevolutionären Massachusetts verlegt wurde, mehr als 300 Jahre später im Amerika nach dem 11. September 2001 angesiedelt, und er ließ in diesem Zusammenhang verlauten, dass seit diesem Datum die Unterschiede zwischen Reich und Arm in den USA immer größer geworden und die amerikanische Politik undurchschaubare Maskenspiele spiele.
Dass das Gebirgsmassiv aus geborstenen Betonwänden und darin verkeilten ausgebrannten Autowracks, so das Einheitsbühnenbild von Bernhard Hammer, die Trümmer des World Trade Centers darstellen soll, konnte man vorab aus der Presse erfahren, war aber nicht unbedingt zwingend. Es ist vielmehr die Stimmung nach einer Katastrophe, einem GAU, die die Aufführung illustriert, und dazu gehören auch die vielen älteren Nackedeis, die über diese Trümmerlandschaft hin und wieder robben müssen: Die nackten Körper sind ein allegorisches choreografisches Bild, aber keine direkte "Verkörperung" einer politischen Aussage.
Bild und Musik lassen sich ja naturgemäß nicht eins-zu-eins in Sprache übersetzen, und dass Kresnik trotzdem so tut, wie wenn das möglich wäre, macht ihn zu einem rührenden Don Quichotte, der gegen Windmühlen kämpft. Nimmt man Kresniks Anliegen wichtig - und er erklärt die einzelnen Szenen auf jenen Anzeigen, auf denen sonst die Übersetzungen des italienischen Librettos erscheinen -, dann erscheint Verdis Oper als Comic und Revue von Amerika-Klischees: Micky-Maus- und Gangster-Masken, Ulrika als Marylin, Oskar als Hitler-Transvestit, die Mächtigen als Sauna-Besucher. Dabei wird sehr konventionell choreografiert, denn die Figuren wippen und zappeln synchron zur Musik, als ob sie auf der Bühne die Posen des Dirigenten nachahmen würden. Der "Maskenball" als Offenbachiade also! Warum nicht?
Prüde war das Erfurter Publikum jedenfalls nicht, über die Nackedeis ärgerte sich bei der Aufführung niemand, sie hätten - nebenbei gesagt - durchaus fehlen können, und ihr Fehlen das Konzept von Kresniks Aufführung nicht wesentlich beeinträchtigt. Doch dass das Liebesduett zwischen Amelia und Riccardo in Erfurt bei Kresnik so sinnlich, ja voll sexueller Erregung, gesungen und gespielt wurde, war Höhepunkt der Aufführung, und ließ die Stimmung einiger Zweifler im Publikum schließlich zugunsten dieser Produktion umkippen.
Natürlich ist Johann Kresniks choreografischer Zugriff auf die Oper ungewohnt, sicherlich auch ein bisschen frech, teilweise aber durchaus bieder konventionell. Kresnik hat den "Maskenball", der bei der Uraufführung ins vorrevolutionären Massachusetts verlegt wurde, mehr als 300 Jahre später im Amerika nach dem 11. September 2001 angesiedelt, und er ließ in diesem Zusammenhang verlauten, dass seit diesem Datum die Unterschiede zwischen Reich und Arm in den USA immer größer geworden und die amerikanische Politik undurchschaubare Maskenspiele spiele.
Dass das Gebirgsmassiv aus geborstenen Betonwänden und darin verkeilten ausgebrannten Autowracks, so das Einheitsbühnenbild von Bernhard Hammer, die Trümmer des World Trade Centers darstellen soll, konnte man vorab aus der Presse erfahren, war aber nicht unbedingt zwingend. Es ist vielmehr die Stimmung nach einer Katastrophe, einem GAU, die die Aufführung illustriert, und dazu gehören auch die vielen älteren Nackedeis, die über diese Trümmerlandschaft hin und wieder robben müssen: Die nackten Körper sind ein allegorisches choreografisches Bild, aber keine direkte "Verkörperung" einer politischen Aussage.
Bild und Musik lassen sich ja naturgemäß nicht eins-zu-eins in Sprache übersetzen, und dass Kresnik trotzdem so tut, wie wenn das möglich wäre, macht ihn zu einem rührenden Don Quichotte, der gegen Windmühlen kämpft. Nimmt man Kresniks Anliegen wichtig - und er erklärt die einzelnen Szenen auf jenen Anzeigen, auf denen sonst die Übersetzungen des italienischen Librettos erscheinen -, dann erscheint Verdis Oper als Comic und Revue von Amerika-Klischees: Micky-Maus- und Gangster-Masken, Ulrika als Marylin, Oskar als Hitler-Transvestit, die Mächtigen als Sauna-Besucher. Dabei wird sehr konventionell choreografiert, denn die Figuren wippen und zappeln synchron zur Musik, als ob sie auf der Bühne die Posen des Dirigenten nachahmen würden. Der "Maskenball" als Offenbachiade also! Warum nicht?
Prüde war das Erfurter Publikum jedenfalls nicht, über die Nackedeis ärgerte sich bei der Aufführung niemand, sie hätten - nebenbei gesagt - durchaus fehlen können, und ihr Fehlen das Konzept von Kresniks Aufführung nicht wesentlich beeinträchtigt. Doch dass das Liebesduett zwischen Amelia und Riccardo in Erfurt bei Kresnik so sinnlich, ja voll sexueller Erregung, gesungen und gespielt wurde, war Höhepunkt der Aufführung, und ließ die Stimmung einiger Zweifler im Publikum schließlich zugunsten dieser Produktion umkippen.