Tannert: Verwüstung des Künstlerhauses Bethanien ist Rachefeldzug

16.06.2010
Der Leiter des Künstlerhauses Bethanien in Berlin, Christoph Tannert, hat die teilweise Verwüstung der Räume des Kreuzberger Künstlerhauses als Rachefeldzug ohne politisches Konzept bezeichnet.
Diejenigen, die dort randaliert hätten und so täten, als ob sie die Armen verteidigten, seien nicht politisch aktiv, sagte Tannert. Es gebe in der Szene einen nostalgischen Trend zu einer bestimmten Gewaltanwendung im Sinne der außerparlamentarischen Opposition der Sechzigerjahre: "Letztendlich muss man sagen, wissen die Kids, die dort dem Schwarzen Block angehören und die ihre Wut auf die Straße tragen, gar nicht, wofür sie eigentlich auf die Straße gehen.

Sie werden meines Erachtens instrumentalisiert von einer anarchistischen Linken, die sich zum Gewaltbegriff nicht definitiv klar verhält." Am Wochenende waren Räumlichkeiten des Künstlerhauses Bethanien von linksautonomen Gruppen gezielt besetzt und dann von der Polizei wieder geräumt worden.

Seiner Ansicht nach benutzten die Randalierer nur vorgeschobene Gründe, wenn sie sich bei ihren Gewaltaktionen auf den Prozess der sozialen Veränderung im Bezirk Kreuzberg beriefen, äußerte Tannert: "Künstler für solche Veränderungen verantwortlich zu machen oder diffus gegen bestimmte Institutionen vorzugehen, halte ich für extrem kurzschlüssig aus dem Grunde, weil Künstler und Kunst ja gerade diese sozialen Veränderungen auch thematisiert haben."

Insofern sei gerade die Kunst ästhetisch radikal, weil sie versuche, in dieser Gemengelage Alternativen des Denkens und möglicherweise des Umsteuerns aufzuführen, so Tannert: "Ich kann überhaupt nicht verstehen, wieso man dann sofort zur Zielscheibe dieser Gewaltakte wird."

Tannert sprach von einer "Gesinnungspolizei", die in Kreuzberg ein Machtregime etablieren wolle: "Diejenigen, die immer von der Auflösung des Mächtigen reden, versuchen selber, dort die Pfosten einzuschlagen. Das ist das Unangenehme: Dass man eigentlich oft gegen Wände läuft, weil es Besserwisser gibt, die meinen, nur sie wüssten, was Kreuzberg gut tut."

Der Leiter des Künstlerhauses beklagte auch, dass sich die Verantwortlichen des Bezirksamtes Kreuzberg "nicht wirklich" auf die Seite der Künstler sowie seiner Institution stellten.


Das vollständige Gespräch mit Christoph Tannert können Sie bis zum 16.11.2010 als [url=http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2010/06/16/drk_20100616_1609_986d1a93.mp3
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