"Tal der Wölfe" - Ein Anti-Kriegsfilm?

Von Nadine Kreuzahler |
Der martialische Film "Tal der Wölfe" hat von Anfang an die Gemüter erhitzt. Politiker forderten ein Verbot, Medien sprachen vom "Kampf der Kulturen im Kino". Ein Verbot wird mittlerweile nicht mehr gefordert, die Debatte geht trotzdem weiter. Nun nahmen die Filmemacher Stellung: Sie wiesen die Vorwürfe des Antisemitismus und Antiamerikanismus zurück und behaupteten, der umstrittene Streifen sei ein Anti-Kriegsfilm.
Großer Bahnhof heute Mittag im Hyatt Hotel in Berlin. Ein Heer von Journalisten hat sich am Potsdamer Platz versammelt, um endlich Antworten zu bekommen. Antworten auf die brennenden Fragen, die sich seit Wochen angestaut haben. Seit "Tal der Wölfe" in den deutschen Kinos startete, wird hitzig debattiert. Der Film, der während des Irak-Kriegs spielt, gilt als antiamerikanisch und antisemitisch. Drehbuchautor Bahadir Özdener und Produzent Raci Sasmaz, beide Anfang 30, wirken ruhig und gelassen. Auf dem Podium warten sie auf die ersten Fragen.

In der Türkei ist der Action-Streifen mit vier Millionen Besuchern ein Kassenschlager. Hierzulande gerät der Kinobesuch zum Ausflug für türkische Familien. Dabei kommentieren die Zuschauer Szenen oder applaudieren. Das war selbst für die Filmemacher eine Überraschung.

"Das fanden wir sehr interessant, weil das in der Türkei nicht so ist …"

Was die deutsche Öffentlichkeit vor allem so verstört hat, war die Zustimmung des deutsch- türkischen Publikums zu antiamerikanisch und antisemitisch wirkenden Szenen.

Die Handlung des Films lässt sich schnell zusammenfassen: Ein türkischer Geheimagent zieht los in den Irak, um Rache zu üben. Rache für Demütigungen, die türkischen Soldaten von den Amerikanern im Irak angetan wurden. Das allein ist noch nichts Anstößiges, sondern eine ziemlich simple Geschichte. Das reicht den Filmemachern aber nicht. Sie würzen ihren Streifen mit allerlei Versatzstücken aus dem kollektiven Bildergedächtnis. Folter in Abu Ghraib, eine harmlose Hochzeitsfeier, die von amerikanischen Soldaten in ein Massaker verwandelt wird, Demütigungen und Greueltaten vor der Kulisse des Irak-Kriegs. Bahadir Özdener und Raci Sasmaz sehen "Tal der Wölfe" als Anti-Kriegsfilm.

"Wir wollten zu den Menschen gehören, die sich gegen den Krieg aussprechen. Ich denke, dass man uns gerade in Deutschland und in Frankreich gut versteht, weil man hier gegen den Krieg war. Und es ist eine Belagerung im Irak. Und doch möchte ich sagen, dass wir hier kein Politikum setzen möchten. Wir möchten nicht politisch einen Standpunkt vertreten. Es geht uns um die Menschen vor Ort, die gestorben sind und immer noch sterben, es ist also der Krieg, die menschliche Perspektive, um die es uns geht."

"Tal der Wölfe" ein Antikriegsfilm – das wollte niemand auf der heutigen Pressekonferenz schlucken, der den Film gesehen hat. Vielmehr, da waren sich alle einig, heize der Streifen sowohl antiamerikanische, als auch antisemitische Ressentiments an.

Eine Szene im Film: Im Gefängnis von Abu Ghraib entnimmt ein jüdischer Arzt den irakischen Opfern Organe. Diese legt er in Transportboxen mit der Aufschrift London, Washington und – Tel Aviv. Was soll diese Szene – fragte aufgebracht eine Journalistin auf der Pressekonferenz. Wozu diese antisemitischen Stereotypen, die für den Verlauf der Handlung nicht wichtig seien:

"Schon vor 500 Jahren, während des Osmanischen Reiches, haben wir die Juden in der Türkei gerne aufgenommen. Wir haben sie herzlich aufgenommen und es steht uns fern, irgendwelche Klischees zu bedienen. Im Gegenteil: wir möchten uns distanzieren von jedweden Klischees und Vorurteilen, die es hierzu geben kann. Wir sind davon überzeugt, dass egal aus welchem Land man kommt, … dass es überall gute wie böse, gute wie schlechte gibt."

Kopfschütteln und ungläubiges Gelächter bei den anwesenden Journalisten. Der Film ist ein Aufreger – nun geriet die Pressekonferenz ebenfalls zum Aufreger.
Drehbuchautor und Produzent von "Tal der Wölfe" leugneten das, was für viele offensichtlich ist und die heftige Debatte um den Film ausgelöst hat. "Tal der Wölfe" teilt die Welt klar ein in Gute und Böse. Die Guten, das sind im Film: Türken, Araber, Kurden – kurz: die islamische Welt. Die Bösen dagegen sind: vorneweg die Amerikaner, aber auch die Juden und alle Christen – kurz: der Westen. Die Filmemacher fühlten sich unverstanden. Die Journalisten fühlten sich auch unverstanden und verließen resigniert und genervt den Saal.