Tänzerisch-dynamische Gebäude

Von Moritz Holfelder |
Die in Berlin ansässigen Louisa Hutton und Matthias Sauerbruch gehören zu den wichtigsten Architekturbüros in Deutschland. Die meisten Gebäude des Deutschen und der Engländerin schwingen leicht im Stadtraum und haben etwas Tänzerisch-dynamisches. Mit "1 2 3 4" widmet ihnen die Münchner Pinakothek der Moderne eine Ausstellung.
In vier Kapitel ist diese Ausstellung unterteilt – die beiden Architekten Louisa Hutton und Matthias Sauerbruch haben die inhaltliche Raumabfolge selbst bestimmt und den Aufbau mit gestaltet. "1 2 3 4". So ist die Ausstellung auch betitelt. Vier Räume, die den Besucher zu einem Gang durch den architektonischen Kosmos von sauerbruch hutton einladen.

Mit Form ist der erste Raum überschrieben, 21 Architekturmodelle geben einen stimmigen Überblick über die Bauten der beiden in Berlin residierenden Architekten. Es folgen Inhalt, eine Videoinstallation der Filmemacherin Ute Adamczewski, und Oberfläche, künstlerische Architekturaufnahmen des finnischen Fotografen Ola Kolehmainen.

Der vierte Raum hat Werkstattatmosphäre, er ist den architektonischen Mitteln gewidmet. Auf Reihen von Holztischen liegen Pläne und stehen große Holz-Modelle, in die man hineinschauen kann wie in Puppenhäuser. Dieser letzte Raum ist ausschließlich dem Neubau für das Museum der Sammlung Brandhorst gewidmet, der zurzeit auf dem Areal der Münchner Pinakothek der Moderne entsteht. Eine aufgrund der städtebaulichen Vorgaben und der Wettbewerbsausschreibung kantige Kiste und damit formal ein untypischer Bau des Architektenehepaares Hutton & Sauerbruch.

Denn die meisten anderen Gebäude des Deutschen und der Engländerin schwingen leicht im Stadtraum, haben etwas Tänzerisch-Dynamisches, sind Sinfonien aus Farben, Glas und sehr menschlichen Dimensionen wie etwa das im letzten Jahr fertig gestellte Umweltbundesamt in Dessau.

Sauerbruch & Hutton sind ein Büro von mittlerer Größe, ohne Zweifel eines der wichtigsten in Deutschland. Man baut sehr sensibel, was den umgebenden Stadtraum betrifft, sowie ökologisch nachhaltig nicht unbedingt architektonische Ausrufezeichen, sondern intelligente, spielerisch subtil wirkende Gebäude wie die GSW-Hauptverwaltung in Berlin, die Bürogebäude am Gustav-Heinemann-Ufer in Köln oder die experimentelle Fabrik in Magdeburg. 80 Mitarbeiter hat man inzwischen, die man nicht als pure Zuarbeiter begreift, sondern als Mitglieder des Teams – was selten ist bei bedeutenden Büros - ein Geist, der auch in der Architektur sichtbar wird.

Hutton: "Wir sind immer noch wie eine Familie im Büro, wir haben klein angefangen, mit fünf bis zehn Mitarbeitern – aber bei den fünf Projekten, an denen wir zurzeit arbeiten, mussten wir einfach mehr werden. Ich glaube, es ist immer noch sehr familiär, aber fragen sie am besten unsere Mitarbeiter."

"Den deutschen Architekten ist es zu gut gegangen", sagte letzte Woche in einem Interview mit der "Zeit" die irakische Star-Architektin Zaha Hadid. "Die Deutschen hatten in ihrem Land so viel zu tun, dass sie sich von der internationalen Ebene fast verabschiedet haben", meinte sie. Als eines der herausragenden Büros in Deutschland nannte Frau Hadid: Sauerbruch & Hutton! Man kenne sich aus London, sagt Louisa Hutton, man habe an derselben Akademie studiert.

"1 2 3 4" – die Ausstellung über Sauerbruch & Hutton in der Münchner Pinakothek der Moderne macht Lust auf das Entdecken guter Architektur in unseren Stadtwüsten – und sie beweist: Gute Architektur ist möglich!

Service:

Die Ausstellung "1 2 3 4, die architektur von sauerbruch hutton" ist in der Pinakothek der Moderne vom 22. Juni bis 22. Oktober 2006 zu sehen.

Im Verlag Lars Müller Publishers ist soeben für 38,- Euro auch eine umfangreiche, sehr gut bebilderte Publikation über die beiden Architekten erschienen.