Täglich Brot ist teuer

Von Alexander Göbel |
Im Sommer erreichten die Getreidepreise auf dem Weltmarkt den höchsten Stand seit zwei Jahren. Besonders in Afrika werden seitdem böse Erinnerungen an die Krise von 2008 wach. In Westafrika geht wieder die Angst vor Lebensmittel-Zockern um.
Ein Getreidemarkt in Niamey, der Hauptstadt des Niger. Männer in bunten Gewändern stehen zusammen und gestikulieren – sie sind wütend, weil es nichts zu kaufen gibt. Sie wissen, dass die heimische Ernte in diesem Jahr schlecht war. Doch sie wissen auch, dass in den Getreidespeichern noch genug Import-Weizen lagert – nur eben zu unbezahlbaren Preisen. Und das, während im Niger eine erneute Hungerkrise droht. Abdou Nouhou von der Verbraucherschutz-Organisation Wadata kennt die Verantwortlichen:

"Hier wird wie wild spekuliert, das ist einfach Fakt! Die großen Importeure, die Geld haben, die kaufen billig, lagern ihr Getreide und verknappen dann das Angebot – sie sind schuld daran, dass die Preise steigen!"

Die Händler weisen alle Vorwürfe zurück und erklären, sie selbst müssten schließlich Getreide seit einiger Zeit teuer einkaufen. Das liege vor allem daran, dass Russland, einer der weltgrößten Weizen-Exporteure, seine Ausfuhren nach den großen Bränden im Sommer gestoppt hat. Wie auch immer - längst haben die hohen Getreidepreise in Westafrika eine Kettenreaktion ausgelöst. Mehl, Brot und Fleisch sind so teuer wie lange nicht, die Angst vor einer neuen Nahrungsmittelkrise geht um, so wie 2008.

Da kann auch die FAO derzeit nicht viel tun, die Ernährungsorganisation der Vereinten Nationen. Auch wenn sie versucht, die Öffentlichkeit zu beruhigen: Die momentane Preisexplosion bei Getreide sei nicht mit der Situation vor zwei Jahren vergleichbar, weltweit gebe es in den Kornspeichern genug Weizen und Hirse, um die Menschen zu ernähren.

Doch was nützt es, wenn das, was im Niger im Kleinen geschieht, an den Börsen in London, New York oder Hong Kong im großen Stil abläuft? Wenn Vorräte zurückgehalten oder aufgekauft werden und Investoren große Gewinnchancen wittern? Das fragt sich mittlerweile auch Liliana Balbi, Westafrika-Expertin der FAO. Rohstoff-Anlagen sind auch für sie ein zynisches Spiel mit dem Hunger – nur lasse sich die Spekulation nicht wirklich verhindern. Klar - mit dem Essen spiele man nicht – manche Banken aber schon:

"Natürlich müssen wir die Spekulation begrenzen. Aber vor allem müssen die Märkte viel transparenter werden. Die Entwicklungsländer müssen genau wissen, wieviel Getreide, Reis oder Mais weltweit wirklich produziert worden ist. Nur so können die Staaten in Westafrika Panik vermeiden – denn diese Panik entsteht automatisch, wenn sie alle gleichzeitig einkaufen. In solch einer Situation verdienen dann die Spekulanten, mit der Angst der Afrikaner, die glauben, es gebe nicht genug Rohstoffe auf dem Markt!"

Im Senegal, in Togo und anderswo nehmen tapfere Kleinbauern inzwischen das Heft selbst in die Hand. Sie versuchen mit aller Kraft, ihre eigene Produktion zu steigern. Ein verzweifelter Kampf von David gegen Goliath. Denn seit Jahrzehnten fehlen dringend nötige Investitionen - Dünger, Maschinen, Bewässerungssysteme. Afrikas Agrarsektor werde von den Entwicklungshilfe-Gebern seit langer Zeit sträflich vernachlässigt, klagt der britische Agrarökonom Steve Wiggins. Dabei sei eine gesunde heimische Landwirtschaft das beste Mittel gegen die teuflische Abhängigkeit von Importen – und vor allem : gegen die Börsenzockerei.

"Viele der Menschen, die sich in Afrika keine Nahrungsmittel leisten können, sind absurderweise selbst Bauern. Landwirtschaftliche Entwicklung hilft – und je mehr diese Bauern produzieren können, desto stabiler und desto niedriger die Nahrungsmittelpreise. Das ist nicht nur gut für die Bauern in Afrika – das ist auch gut für uns!"