Tableau der musikalischen Möglichkeiten

Manche Dinge dauern etwas länger: Noch nie haben die Berliner Philharmoniker ein Werk des 75 Jahre alten Helmut Lachenmann gespielt. Deutschlands Vorzeigeochester und Deutschlands komponierender Großmeister, sie wollten einfach nicht zusammenfinden. Hilfe kommt nun ausgerechnet aus Großbritannien: Sir Simon Rattle bringt den Philharmonikern Mahler nahe – und Lachenmann.
"Mußte uns Mahler mit Holzhammer und Rute dialektisches Hören beibringen, damit wir ihn zum Grökaz küren und unsere Musentempel wieder etwas zum Räuchern haben?" So polemisch äußerte sich Helmut Lachenmann 1975 über Gustav Mahler – weit entfernt noch von der Mahler-Manie des Doppelgedenkjahres 2010/11.

Und doch ist Mahlers Musik für Lachenmann ein wesentlicher Anknüpfungspunkt: nicht nur wegen der Geräusche, die Mahler in seinen Werken zuließ und die bei Lachenmann ein üppiges Eigenleben entwickelten; nein, auch der "Bruch zwischen Subjekt und Objekt", an dessen "Verkleisterung" Mahler auf unerhört aktuelle Weise gescheitert sei, steht im Zentrum des Lachenmannschen Denkens.

Lachenmanns kleines Werk "Tableau" und direkt danach die große 9. Sinfonie Gustav Mahlers werden uns Gelegenheit geben, über diese Parallelen nachzusinnen – und zu hören, wie sich die Berliner Philharmoniker in der ganz eigenen, bewusst "unphilharmonischen" Klangsprache Lachenmanns bewähren.

Dieses Konzert ist Höhe- und Endpunkt eines auf zwei Spielzeiten angelegten Mahler-Zyklus der Berliner Philharmoniker, in dem das Werk des Sinfonikers durch kurze Kontraststücke immer wieder neu und anders beleuchtet wurde. Ein philharmonisches Abenteuer mit ungewissen Ausgang!


Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 3.11.11


Helmut Lachenmann
"Tableau", Stück für Orchester

Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 9 D-Dur


Berliner Philharmoniker
Leitung: Sir Simon Rattle


nach Konzertende Gespräch mit Helmut Lachenmann
und Wiederholung des Werkes "Tableau"