"Szenische Sprechung"

Moderation: Jürgen Liebing |
Ursprünglich wollte der Intendant des Theaters am Neumarkt in Zürich, Wolfgang Reiter, das Stück "Dunkel lockende Welt" aufführen. Wegen der Erkrankung einer Schauspielerin wird stattdessen Roland Barthes "Fragmente einer Sprache der Liebe" die letzte Aufführung unter seiner Intendanz sein. Das Stück, das jetzt Premiere hat, ist als "szenische Sprechung" angekündigt.
Jürgen Liebing: "Fragmente einer Sprache der Liebe anstatt Dunkel lockende Welt" nach Roland Barthes – so der etwas umständliche Titel dieser Premiere. Sie können ihn gewiss erklären?

Wolfgang Reiter: Am Ende unserer letzten Saison ist eine Schauspielerin bedauerlicherweise wegen einer schweren Erkrankung ausgefallen und wir konnten das ursprünglich geplante Stück "Dunkel lockende Welt" von Händl Klaus nicht mehr umbesetzen und mussten uns einen Ersatz einfallen lassen. Und da wir uns schon sehr in die Sprache und Form von Händl Klaus' Stück verliebt hatten und in dem Text selbst die Lektüre von Roland Barthes' "Fragmente einer Sprache der Liebe" empfohlen wird, haben wir uns gedacht, wir machen doch diesen Text, weil er in Zusammenhang mit der ursprünglich geplanten Produktion steht. Und er findet auch, weil das Bühnenbild schon fertig war, in dem Bühnenbild statt, das ursprünglich für "Dunkel lockende Welt" geplant war.

Liebing: "Fragmente einer Sprache der Liebe" von Roland Barthes ist ja eigentlich gar kein Stück, sondern ein Essaytext.

Reiter: Das stimmt. Aber das steht auch programmatisch für die Spielplanausrichtung, die ich hier in den letzten vier Jahren verfolgt habe. Wir haben uns nicht nur auf explizit dramatische Texte bezogen, sondern immer wieder auch Texte realisiert, die nicht unmittelbar für die Bühne gedacht waren. (…)

Liebing: Vor vier Jahren haben Sie die Intendanz in Zürich übernommen und schon vier Jahre später ist sie wieder vorbei. Daraus ist nur eine "fragmentarische Liebe" geworden?

Reiter: Wahrscheinlich haben Sie mit der "fragmentarischen Liebe" recht. Wir haben einen anspruchsvollen und schwierigen Spielplan entwickelt, der abseits von mainstreamigen Themen und Formen gelaufen ist, und da darf man sich nicht wundern. Damit kann man auch nicht einen Mainstream-Erfolg einfahren. Und daher ist es durchaus eine fragmentarische Liebesbeziehung zu Zürich.


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