Systematische Repressalien
In Tunesien gilt die Menschenrechtslage als prekär, auch wenn dies die Weltöffentlichkeit kaum registriert. Oppositionsparteien oder eine kritische Öffentlichkeit haben gegen den seit über 20 Jahren regierenden Präsidenten Ben Ali kaum eine Chance. Als Pionierin im öffentlichen Kampf gegen den Präsidenten gilt die Menschenrechsaktivistin, Journalistin und Autorin Sihem Bensedrine.
Erst vergangene Woche trat Sihem Bensedrine zusammen mit einigen gleichgesinnten Kollegen für einen Tag in Hungerstreik. Der Grund: Ein tunesischer Menschenrechtsaktivist und ehemaliger politischer Häftling hatte aus Protest bereits 40 Tage lang keine Nahrung mehr aufgenommen – aus Protest, dass die Regierung seinen Reisepass konfisziert hatte.
Und auch jetzt, wo sein Gesundheitszustand immer schlechter wurde, verweigerte man ihm medizinische Behandlung und Ausreise. Ein Beispiel, mit dem Bensedrine verdeutlichen will, zu welch inhumanen Mitteln das Regime greift, um Kritiker mundtot zu machen. Tunesien sei als großes Urlaubsland bekannt, sagt Sihem Bensedrine.
Dass die Bürger dort jedoch in einem großen Gefängnis leben, würden nur wenige registrieren. "Das ist das tägliche Leben der Tunesen", sagt Bensedrine."Tunesien ist als Urlaubsland bekannt. Nur wenige wissen, in welch großem Gefängnis die Bürger dort leben."
Die 1950 in Tunis geborene Sihem Bensedrine hat sich schon in ihren Studententagen in Frankreich dem Protest gegen die tunesische Führung verschrieben. Sie arbeitete für unabhängige Medien und war Mitbegründerin eines "Nationalen Rats der Freiheiten", der von der Regierung nicht anerkannt wird.
Schon der Vorgänger Ben Alis, Habib Bourgiba, verfolgte einen autoritären Führungsstil. Als Ben Ali 1987 an die Macht kam, währte die Hoffnung auf Besserung nur kurz. Ben Ali verbot gleich am Anfang alle Oppositionsparteien und unabhängigen Zeitungen. Diktatoren wie er seien nicht idealistisch, sagt Bensedrine. Es gehe ihnen nicht um das Land, sondern um persönliche Bereicherung:
"Sie erlauben jungen Leuten nicht, in ihrem eigenen Land zu arbeiten", so Bensedrine. "Die Hälfte aller Arbeitslosen in Tunesien sind Akademiker. Also versuchen sie, nach Europa auszuwandern. Das ist unser Nachbar. Zwischen Italien und Tunesien liegen nur 14 Kilometer."
Im Jahr 2000 gründete Bensedrine die Online-Zeitschrift "Kalima", und von Beginn an hat die tunesische Regierung alles daran gesetzt, dass die dort enthaltenen kritischen Artikel weder das tunesische noch das ausländische Publikum erreichen. So seien eigens Hacker engagiert worden, um die Inhalte der Website zu verändern, berichtet Bensedrine – und unlängst sei auch der Server, auf dem die Plattform läuft, zerstört worden.
Das Internet sei auf längere Sicht aber nicht kontrollierbar, meint Bensedrine. Es könne die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten erleichtern; das Problem sei aber, dass diese bei den politisch Verantwortlichen auch im Westen meist auf taube Ohren stießen. Im Fall von Ben Ali wohl auch deshalb, weil er sich dem Kampf gegen die islamistische Opposition verschrieben hat, was bei vielen Regierungschefs gut ankommt. Besonders verärgert ist Bensedrine über den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der vor kurzem bei einem Tunesien-Besuch Ben Ali sein Vertrauen ausgesprochen und gemeint habe, die Menschenrechtslage würde sich verbessern.
"Er sagte, die Menschenrechtslage würde sich in Tunesien verbessern", so Bensedrine. "Und er unterstützte öffentlich die Politik Ben Alis. Er hat ihm sein Vertrauen ausgesprochen und gemeint, Ben Ali mache die beste Politik für die Region."
Was solle man von angeblichen Verfechtern der Freiheiten halten, die so etwas sagen, fragt Bensedrine. In den vergangenen Jahren war sie in einigen Ländern als "writer in residence" zu Gast. Derzeit wohnt sie mit ihrer Tochter in Graz und arbeitet an einem Buch- und einem Filmprojekt.
Alle zwei Monate kehrt sie nach Tunesien zurück, um in Kontakt mit gleichgesinnten Kollegen zu bleiben. Eine Art Zwischenzustand, der es ihr erlaube, frei zu arbeiten, und dennoch in ihrer Heimat nicht in Vergessenheit zu geraten – auch nicht bei Präsident Ben Ali.
Und auch jetzt, wo sein Gesundheitszustand immer schlechter wurde, verweigerte man ihm medizinische Behandlung und Ausreise. Ein Beispiel, mit dem Bensedrine verdeutlichen will, zu welch inhumanen Mitteln das Regime greift, um Kritiker mundtot zu machen. Tunesien sei als großes Urlaubsland bekannt, sagt Sihem Bensedrine.
Dass die Bürger dort jedoch in einem großen Gefängnis leben, würden nur wenige registrieren. "Das ist das tägliche Leben der Tunesen", sagt Bensedrine."Tunesien ist als Urlaubsland bekannt. Nur wenige wissen, in welch großem Gefängnis die Bürger dort leben."
Die 1950 in Tunis geborene Sihem Bensedrine hat sich schon in ihren Studententagen in Frankreich dem Protest gegen die tunesische Führung verschrieben. Sie arbeitete für unabhängige Medien und war Mitbegründerin eines "Nationalen Rats der Freiheiten", der von der Regierung nicht anerkannt wird.
Schon der Vorgänger Ben Alis, Habib Bourgiba, verfolgte einen autoritären Führungsstil. Als Ben Ali 1987 an die Macht kam, währte die Hoffnung auf Besserung nur kurz. Ben Ali verbot gleich am Anfang alle Oppositionsparteien und unabhängigen Zeitungen. Diktatoren wie er seien nicht idealistisch, sagt Bensedrine. Es gehe ihnen nicht um das Land, sondern um persönliche Bereicherung:
"Sie erlauben jungen Leuten nicht, in ihrem eigenen Land zu arbeiten", so Bensedrine. "Die Hälfte aller Arbeitslosen in Tunesien sind Akademiker. Also versuchen sie, nach Europa auszuwandern. Das ist unser Nachbar. Zwischen Italien und Tunesien liegen nur 14 Kilometer."
Im Jahr 2000 gründete Bensedrine die Online-Zeitschrift "Kalima", und von Beginn an hat die tunesische Regierung alles daran gesetzt, dass die dort enthaltenen kritischen Artikel weder das tunesische noch das ausländische Publikum erreichen. So seien eigens Hacker engagiert worden, um die Inhalte der Website zu verändern, berichtet Bensedrine – und unlängst sei auch der Server, auf dem die Plattform läuft, zerstört worden.
Das Internet sei auf längere Sicht aber nicht kontrollierbar, meint Bensedrine. Es könne die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten erleichtern; das Problem sei aber, dass diese bei den politisch Verantwortlichen auch im Westen meist auf taube Ohren stießen. Im Fall von Ben Ali wohl auch deshalb, weil er sich dem Kampf gegen die islamistische Opposition verschrieben hat, was bei vielen Regierungschefs gut ankommt. Besonders verärgert ist Bensedrine über den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der vor kurzem bei einem Tunesien-Besuch Ben Ali sein Vertrauen ausgesprochen und gemeint habe, die Menschenrechtslage würde sich verbessern.
"Er sagte, die Menschenrechtslage würde sich in Tunesien verbessern", so Bensedrine. "Und er unterstützte öffentlich die Politik Ben Alis. Er hat ihm sein Vertrauen ausgesprochen und gemeint, Ben Ali mache die beste Politik für die Region."
Was solle man von angeblichen Verfechtern der Freiheiten halten, die so etwas sagen, fragt Bensedrine. In den vergangenen Jahren war sie in einigen Ländern als "writer in residence" zu Gast. Derzeit wohnt sie mit ihrer Tochter in Graz und arbeitet an einem Buch- und einem Filmprojekt.
Alle zwei Monate kehrt sie nach Tunesien zurück, um in Kontakt mit gleichgesinnten Kollegen zu bleiben. Eine Art Zwischenzustand, der es ihr erlaube, frei zu arbeiten, und dennoch in ihrer Heimat nicht in Vergessenheit zu geraten – auch nicht bei Präsident Ben Ali.