Syrien-Krieg

Das Assad-Regime kurz vor dem Sieg

Die zerstörte Stadt Daraa in Süd-Syrien.
Die zerstörte Stadt Daraa in Süd-Syrien © Mohamad ABAZEED / AFP
Stefan Weber im Gespräch mit Korbinian Frenzel  · 02.07.2018
Syrien erlebt dieser Tage in der Region Daraa eine Entscheidungsschlacht. Unser Studiogast, der Direktor des Berliner Museums für Islamische Kunst, Stefan Weber, hofft auf ein baldiges Ende des Krieges und arbeitet daran, die Kulturgüter des Landes zu sichern.
In Syrien scheint Präsident Assad vor einem wichtigen Sieg zu stehen. Seine Truppen erobern die Region Daraa im Süden des Landes mehr und mehr zurück - dort, wo 2011 die Proteste gegen das Regime begonnen hatten.

Man muss mit politischen Säuberungen rechnen

Unser Studiogast, der Direktor des Berliner Museums für Islamische Kunst, Stefan Weber, hat sechs Jahre in Damaskus gelebt und kennt die Verhältnisse in Syrien gut. "Es tut natürlich weh, zu sehen, wie das jetzt über die Jahre kaputt gegangen ist", sagte Weber im Deutschlandfunk Kultur. Es sei auch keine Lösung in Sicht, wie man das Land in Zukunft wieder aufbauen könne. "Der Krieg muss einfach aufhören, also Assad hat gewonnen – das ist Fakt." Jedes Kämpfen sei jetzt überflüssig, aber der Schrecken sei in Syrien jetzt keineswegs zu Ende. Man müsse mit politischen Säuberungen rechnen, sagte der Islamwissenschaftler.
Die Syrer, die das Land verlassen hätten, müssten sich jetzt registrieren lassen. Viele liefen Gefahr, weiter als Verräter angesehen zu werden oder ihren Besitz in der Heimat zu verlieren. "Es ist kein friedliches Land, auch wenn der Krieg aufhört, das wird uns noch eine Zeit lang beschäftigen." Nicht nur das Assad-Regime werde gegen Gegner vorgehen, es sei auch wie im Irak weiter mit Straßenterror islamistischer Gruppen zu rechnen.

Flüchtlinge kehren zurück

Einige der syrischen Flüchtlinge, die in Deutschland Zuflucht fanden, seien bereits in die Heimat zurückgekehrt. Die Stadt Damaskus sei beispielsweise anders als das Umland vom Krieg wenig betroffen. "Für viele ist es schon sehr schwierig, auch in Deutschland zu sein." Es sei gut, dass viele zurückgingen, weil Syrien Menschen für den Wiederaufbau benötige. Doch wer politisch Stellung bezogen habe, sorge sich, zurückzukehren. "Man weiß in Syrien nicht, wann man unter die Räder kommt und einfach von der Geheimpolizei einkassiert wird."

Hilfe beim Denkmalschutz

Weber setzt sich für das kulturelle Erbe Syriens ein, von dem im Krieg vieles zerstört oder gestohlen wurde. Das Problem sei sehr groß, sagte der Berliner Museumsdirektor. Zusammen mit dem Auswärtigen Amt und zahlreichen Organisationen würden die Kulturgüter für den Wiederaufbau digital dokumentiert. Es gebe ein Archiv mit rund 300.000 Beständen.
Ein Bild vom 27.11.2015 zeigt eine beschädigte Moschee im Distrikt Masaken Hanano in Ost-Aleppe/Syrien, einen Tag nach der Rückeroberung durch regierungstreue Truppen.
Eine beschädigte Moschee in Masaken Hanano, einem Distrikt in Ost-Aleppo, einen Tag nachdem syrische Truppen den Stadtteil erobert haben.© AFP PHOTO / GEORGE OURFALIAN
Einige aus den gesammelten Daten entstandenen Infopakete seien bereits an die Kulturorganisation Unesco übergeben worden, um beispielsweise den Wiederaufbau der Umayyaden-Moschee in Aleppo zu unterstützen. Architekten und Handwerker bekämen auf diese Weise Fotos, Pläne und historische Daten über Bauphasen an die Hand, um den Denkmalschutz zu unterstützen. Es sei wichtig, die Menschen zu sensibilisieren, damit Trümmer nicht alle weggeschafft werden, bevor beispielsweise Steine dokumentiert worden sind. (gem)

Die komplette Sendung mit Stefan Weber hören Sie hier:
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Stefan Weber, Direktor des Berliner Museums für Islamische Kunst
Stefan Weber, Direktor des Berliner Museums für Islamische Kunst© Bernd Weingarten

Stefan Weber, geboren 1967 in Aachen, ist ein deutscher Islamwissenschaftler und seit 2009 Direktor des Museums für Islamische Kunst in Berlin. Er ist außerdem Honorarprofessor am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin und leitete zudem Restaurierungs- und Museumsprojekte im Libanon und in Syrien.

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