Symbiose von Wissenschaft und Poesie
Insekten waren für Jean-Henri Fabre eine Quelle poetischer Ergüsse: Er verglich die Augen der Wolfsspinne mit Diamanten, die Eier der Perleidechse mit dem Sommerhimmel. Für Victor Hugo war der 1823 geborene Franzosen der "Homer der Insekten". Wissenschaftler hingegen kritisierten Fabres Methoden als unseriös. Aus seinem zehnbändigen Werk sind nun vier Erzählungen neu aufgelegt worden.
Passen Wissenschaft und Poesie zusammen? Darf ein seriöser Forscher emotional berührt über seine Studien schreiben? Ja! Wie das Beispiel des französischen Insektenforschers Jean-Henri Fabre beweist.
Der 1823 geborene Franzose brachte es genau auf diese Weise zu Weltruhm. Ohne Fachvokabular hat er wunderbar einfühlsame, poetische Beschreibungen aus dem Leben und Wirken von Kerbtieren, Tausendfüsslern, Bienen und Käfern verfasst. Ob Sandwespe, Nachtfalter oder Spinne - immer erforschte er die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum.
Anders als alle anderen Insektenforscher seiner Zeit spießte Fabre die Tiere nicht auf Nadeln. Er begnügte sich mit der Beschreibung ihres Aussehens und beobachtete sie in ihrer natürlichen Umgebung. Denn nur so, da war sich Jean Henri-Fabre sicher, könne man das Verhalten der Insekten begreifen. Er war damit - nachträglich betrachtet - ein Konrad Lorenz der Kriech- und Krabbelfauna.
Zehn Bände mit mehr als viertausend Seiten hat Jean-Henri Fabre, der 1915 starb, über die Welt der Insekten geschrieben: "Souvenirs entomologiques" sein Hauptwerk. Es entstand zwischen 1879 und 1907. Fabre erzählt darin Hunderte von Geschichten über sich und seine Insekten.
Vier besonders schöne Erzählungen aus diesem Hauptwerk sind jetzt vom Heinrich- und Hahn Verlag in einem schmalen Bändchen wieder veröffentlicht worden.
Eine gelungene Auswahl und auch der Titel hätte passender nicht sein können. "Ich aber erforsche sie mitten im Leben", ein Zitat aus Fabres Texten und der Untertitel "Von der Poesie der Insekten" beschreiben perfekt, was den Leser auf den knapp neunzig Seiten erwartet. Liebevolle Naturbeschreibungen aus der Feder eines begeisterten Forschers, der sich übrigens erst im Altern von 56 Jahren voll und ganz seiner Leidenschaft widmen konnte.
Damit beginnt auch gleich der erste Text, glücklich sitzt Frankreichs berühmtester Insektenforscher auf seinem gerade frisch erworbenen Landgut und studiert das Treiben verschiedener Bienen-, Wespen- und Spinnenarten. Und seine Freude, sich nun ungehindert dem Studium der Insekten widmen zu können, überträgt sich sogleich auch auf den Leser. Man nimmt sich vor, beim nächsten Ausflug stärker auf die vielen kleinen Wesen um einen herum zu achten.
Das liegt an der einfachen und zugleich poetischen Art und Weise, in der Fabre schreibt. So vergleicht er etwa die Augen der Wolfsspinne mit kleinen blitzenden Diamanten, die Eier der Perleidechse erinnern ihn an das Azurblau eines Sommerhimmels oder die Mörtelbiene mit ihrem rauen Pelz begeistert ihn durch ihre Tüchtigkeit.
Dabei freut sich der Forscher immer wieder auch über duftende Thymianbüschel, die einen endlosen lilafarbenen Teppich in der Landschaft bilden und feiert die Ankunft der Insekten im Frühjahr als ein wunderbares Fest.
Nicht umsonst nannte ihn Victor Hugo Fabre einen "Homer der Insekten".
Sehr schön sind auch die kleinen schwarz-weiß Zeichnungen verschiedener Falter, Wespen, Spinnen und Raupen, die alle paar Seiten auftauchen. Sie wirken, als wären die Tiere in den Text geflogen und unterstreichen, mit welcher Aufmerksamkeit und Hingabe sich Jean-Henri Fabre seinen Lieblingen widmete. Auf den zwei mal zwei Zentimeter großen detaillierten Zeichnungen lassen sich an den Insektenbeinen die feinen Härchen erkennen und dünne Linien zeigen die Struktur von Flügeln und Körpern.
Fabre musste zu seiner Zeit allerdings eine Menge Kritik für seine ungewöhnliche Art der Naturdarstellung einstecken. Wissenschaftliche Untersuchungen in einer populären und zugleich poetischen Sprache zu verfassen, erregte vor hundert Jahren die Gemüter vieler Wissenschaftler. An der Ernsthaftigkeit seiner Arbeit wurde immer wieder gezweifelt.
Der Autodidakt, der viele Jahre als Mathematik- und Physiklehrer gearbeitet hat, ließ sich davon aber nicht beirren. Zu Recht, denn je mehr er schrieb, desto größer wurde der Kreis seiner Bewunderer.
Charles Darwin korrespondierte mit ihm. Russland ernannte ihn zum Ehrenmitglied der Akademie der Insektenforscher. Sogar bis nach Japan drang sein Ruhm, wo man seine Arbeiten bis heute sehr schätzt.
Wer diesen außergewöhnlichen Menschen und Wissenschaftler ein wenig kennen lernen möchte, trifft mit schmalen Bändchen über die Poesie der Insekten eine gute Wahl. Dabei ist "Ich aber erforsche sie mitten im Leben" nicht nur ein Buch für Insektenliebhaber, sondern alle, denen die Natur am Herzen liegt, dürfte an diesem kleinen, aber feinen Meisterwerk Gefallen finden.
Rezensensiert von Susanne Nessler
Jean-Henri Fabre: "Ich aber erforsche sie mitten im Leben. Von der Poesie der Insekten
Übersetzt aus dem Französischen von Beate Taudte-Repp und Peter Repp
Heinrich & Hahn Verlag, März 2008
92 Seiten, 15,90 Euro
Der 1823 geborene Franzose brachte es genau auf diese Weise zu Weltruhm. Ohne Fachvokabular hat er wunderbar einfühlsame, poetische Beschreibungen aus dem Leben und Wirken von Kerbtieren, Tausendfüsslern, Bienen und Käfern verfasst. Ob Sandwespe, Nachtfalter oder Spinne - immer erforschte er die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum.
Anders als alle anderen Insektenforscher seiner Zeit spießte Fabre die Tiere nicht auf Nadeln. Er begnügte sich mit der Beschreibung ihres Aussehens und beobachtete sie in ihrer natürlichen Umgebung. Denn nur so, da war sich Jean Henri-Fabre sicher, könne man das Verhalten der Insekten begreifen. Er war damit - nachträglich betrachtet - ein Konrad Lorenz der Kriech- und Krabbelfauna.
Zehn Bände mit mehr als viertausend Seiten hat Jean-Henri Fabre, der 1915 starb, über die Welt der Insekten geschrieben: "Souvenirs entomologiques" sein Hauptwerk. Es entstand zwischen 1879 und 1907. Fabre erzählt darin Hunderte von Geschichten über sich und seine Insekten.
Vier besonders schöne Erzählungen aus diesem Hauptwerk sind jetzt vom Heinrich- und Hahn Verlag in einem schmalen Bändchen wieder veröffentlicht worden.
Eine gelungene Auswahl und auch der Titel hätte passender nicht sein können. "Ich aber erforsche sie mitten im Leben", ein Zitat aus Fabres Texten und der Untertitel "Von der Poesie der Insekten" beschreiben perfekt, was den Leser auf den knapp neunzig Seiten erwartet. Liebevolle Naturbeschreibungen aus der Feder eines begeisterten Forschers, der sich übrigens erst im Altern von 56 Jahren voll und ganz seiner Leidenschaft widmen konnte.
Damit beginnt auch gleich der erste Text, glücklich sitzt Frankreichs berühmtester Insektenforscher auf seinem gerade frisch erworbenen Landgut und studiert das Treiben verschiedener Bienen-, Wespen- und Spinnenarten. Und seine Freude, sich nun ungehindert dem Studium der Insekten widmen zu können, überträgt sich sogleich auch auf den Leser. Man nimmt sich vor, beim nächsten Ausflug stärker auf die vielen kleinen Wesen um einen herum zu achten.
Das liegt an der einfachen und zugleich poetischen Art und Weise, in der Fabre schreibt. So vergleicht er etwa die Augen der Wolfsspinne mit kleinen blitzenden Diamanten, die Eier der Perleidechse erinnern ihn an das Azurblau eines Sommerhimmels oder die Mörtelbiene mit ihrem rauen Pelz begeistert ihn durch ihre Tüchtigkeit.
Dabei freut sich der Forscher immer wieder auch über duftende Thymianbüschel, die einen endlosen lilafarbenen Teppich in der Landschaft bilden und feiert die Ankunft der Insekten im Frühjahr als ein wunderbares Fest.
Nicht umsonst nannte ihn Victor Hugo Fabre einen "Homer der Insekten".
Sehr schön sind auch die kleinen schwarz-weiß Zeichnungen verschiedener Falter, Wespen, Spinnen und Raupen, die alle paar Seiten auftauchen. Sie wirken, als wären die Tiere in den Text geflogen und unterstreichen, mit welcher Aufmerksamkeit und Hingabe sich Jean-Henri Fabre seinen Lieblingen widmete. Auf den zwei mal zwei Zentimeter großen detaillierten Zeichnungen lassen sich an den Insektenbeinen die feinen Härchen erkennen und dünne Linien zeigen die Struktur von Flügeln und Körpern.
Fabre musste zu seiner Zeit allerdings eine Menge Kritik für seine ungewöhnliche Art der Naturdarstellung einstecken. Wissenschaftliche Untersuchungen in einer populären und zugleich poetischen Sprache zu verfassen, erregte vor hundert Jahren die Gemüter vieler Wissenschaftler. An der Ernsthaftigkeit seiner Arbeit wurde immer wieder gezweifelt.
Der Autodidakt, der viele Jahre als Mathematik- und Physiklehrer gearbeitet hat, ließ sich davon aber nicht beirren. Zu Recht, denn je mehr er schrieb, desto größer wurde der Kreis seiner Bewunderer.
Charles Darwin korrespondierte mit ihm. Russland ernannte ihn zum Ehrenmitglied der Akademie der Insektenforscher. Sogar bis nach Japan drang sein Ruhm, wo man seine Arbeiten bis heute sehr schätzt.
Wer diesen außergewöhnlichen Menschen und Wissenschaftler ein wenig kennen lernen möchte, trifft mit schmalen Bändchen über die Poesie der Insekten eine gute Wahl. Dabei ist "Ich aber erforsche sie mitten im Leben" nicht nur ein Buch für Insektenliebhaber, sondern alle, denen die Natur am Herzen liegt, dürfte an diesem kleinen, aber feinen Meisterwerk Gefallen finden.
Rezensensiert von Susanne Nessler
Jean-Henri Fabre: "Ich aber erforsche sie mitten im Leben. Von der Poesie der Insekten
Übersetzt aus dem Französischen von Beate Taudte-Repp und Peter Repp
Heinrich & Hahn Verlag, März 2008
92 Seiten, 15,90 Euro