Süßigkeitenverkauf auf Hamburger Dom

Verbotene Preisabsprachen auf dem Jahrmarkt

Süigkeitenstand auf einem Jahrmarkt.
Ob Lebkuchen, Zuckerwatte oder gebrannte Mandeln: Süßigkeiten sind beliebt auf dem Hamburger Dom. © imago
Von Axel Schröder |
100 Gramm gebrannte Mandeln kosten an fast jedem Stand auf dem Hamburger Dom 3,50 Euro. Ein Zufall? Oder abgesprochen? Ab wann muss sich die Landeskartellbehörde einschalten? Über verbotene Preisabsprachen im Kleinen.
Dreimal im Jahr lockt der Hamburger Dom, ein riesiger Rummelplatz mitten in der Stadt. Derzeit läuft der Sommer-Dom, bis Ende August werden drei Millionen Gäste erwartet. Drei Millionen Gäste, die für eine kleine Tüte gebrannter Mandel für 100 Gramm an fast jedem der 40 Süßigkeiten-Stände 3,50 Euro zahlen müssen. Ist das schon eine Preisabsprache? Ein Fall für die Hamburger Landeskartellbehörde?
Dorit Thiel, die Leiterin der Behörde ist skeptisch:
"Es ist nicht verboten, denselben Preis zu nehmen wie ein Mitbewerber. Jeder, der am Markt tätig ist, guckt natürlich: "Was machen meine Konkurrenten?" Und es ist niemandem verboten, zu sagen: "Den Preis nehme ich auch!" Oder: "Ich gehe drunter oder drüber!" Das wird erst dann relevant für uns, wenn dieses Verhalten auf einer Absprache beruht."

Preisabsprachen können kaum nachgewiesen werden

Und genau darin liegt die Schwierigkeit für den Landeskartellwächter. Wie kann im Nachhinein bewiesen werden, dass die Anbieter von Waren oder Dienstleistungen sich abgesprochen haben? Zugeben wird das, wenn die Landeskartellbehörde nach der Überprüfung des Sachverhalts um eine Stellungnahme bittet, ohnehin niemand. In jedem Fall haben die Kartellwächter einen Ermessensspielraum im Verfahren, so Dorit Thiel:
"Es kann auch sein, dass derjenige, der um Stellungnahme gebeten wird, sagt: "Oh, das habe ich gar nicht so gesehen! Das Verhalten stelle ich ab!" Auch dann wird es nicht zu einem Untersagungs- oder Bußgeldverfahren kommen, sondern dann beendet man das Verfahren nicht förmlich."
Auch wenn die Kartellwächter die Auswirkungen einer vermeintlichen Preisabsprache für geringfügig halten, kann das Verfahren eingestellt werden. In vielen Fällen erweisen sich aber die oft anonymen Hinweise aus der Bevölkerung schon nach einer ersten Überprüfung als haltlos. Zuletzt gab es einen Tipp, dass etwas mit den Preisen für Zuckergebäck in der Hansestadt nicht stimme:
"Beispielsweise gab es nach Silvester den Hinweis, in Hamburg seien alle Berliner zum gleichen Preis verkauft worden. Da weiß man aus eigener Erfahrung: Das kann nicht sein! Man hat selbst schon eine Marktbeobachtung gemacht. Und so einen Fall kann man dann ganz schnell wieder beiseitelegen."

Bundeskartellamt oder die EU-Kommission zuständig für große Fälle

Mit spektakulären Fällen, bei denen den Verbrauchern durch Preisabsprachen immense Schäden entstanden sind, haben die Kartellbehörden der Länder kaum zu tun. Der Grund: Geht es um viel Geld, handelt es sich meistens um länderübergreifende Preisabsprachen und immer dann werden die Fälle ans Bundeskartellamt weitergereicht. Oder, wenn europaweit Kunden betroffen sind, an die EU-Kommission. Erst vor zwei Wochen verhängte die Kommission wegen illegaler Preisabsprachen die Rekordstrafe von 2,9 Milliarden Euro gegen die LKW-Hersteller Daimler, Volvo / Renault, Iveco und DAF.
Die Süßigkeiten-Buden auf dem Hamburger Dom sind dagegen kleine Fische. Und beim genauen Vergleich fällt auf: Es gibt tatsächlich kleine Unterschiede bei den Preisen. 100 Gramm kosten zwar fast überall 3,50 Euro, aber 250 Gramm gibt es mal für 8 Euro, mal für 7,50 Euro oder 300 Gramm für 8 Euro. Und dass die Fahrt bei den zwei Autoscooter-Fahrgeschäften beide Male 2,50 Euro kostet, beweist noch lange nicht, dass die Schausteller sich heimlich abgesprochen haben. Sascha Belli ist Vorsitzender des Landesverbands des ambulanten Gewerbes und der Schausteller. Er sitzt im kleinen Kassenhäuschen seines Kinderkarussells. Preisabsprachen auf dem Dom? Die gebe es ganz sicher nicht:
"Da kann man nur mit dem Kopf schütteln. Das ist Blödsinn! Das habe ich ja noch nie gehört. Jeder kalkuliert hier seinen Preis selbst anhand der Kosten, die er hat. Jeder Betrieb lässt sich anders führen. Wenn ich mehr Familie mit habe, die mitarbeitet, dann komme ich mit dem kleineren Preis aus. Muss ich mit viel Personal arbeiten, brauche ich ein bisschen mehr. Und wenn’s um Mandeln geht: Der eine nimmt eine gute spanische Mandel, der andere nimmt eine billigere Mandel. So sind die verschiedenen Mandelpreise zu erklären. Aber das macht jeder für sich selber!"
Und die Landeskartellbehörde war auch noch nicht vor Ort, lacht Sascha Belli:
"Nee, die waren noch nicht hier. Aber wenn sie Langeweile haben, können die Jungs ja mal vorbeigucken!"