Südafrika

Autorennen, Tanzen und Alkohol

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"Donuts", eine der Fotografien von Muntu Vilakazi, die in Johannesburg zu sehen sind. © Muntu Vilakazi
Von Leonie March · 17.02.2014
Bei Südafrikas Generation "Bling" dreht sich alles um Mode, teure Uhren und schnelle Autos. In einer Galerie des Goethe-Instituts zeigt eine Ausstellung den Lebensstil junger Menschen in den Townships und den Aufstieg der schwarzen Mittelklasse.
Der Motor heult auf, die Abgase brennen in den Augen. Das Auto steht mitten in der Galerie: Tiefer gelegt, Flügeltüren, Heckspoiler und Graffiti-Lack. Ein Angeberauto aus den Townships im Osten Johannesburgs, so wie jene auf den Fotografien von Muntu Vilakazi, die rundherum an den Wänden hängen.
"Die Fotos der Autos sind sehr farbenfroh. Ich wollte, dass die Leute die Atmosphäre der Autorennen, die ich fotografiert habe, bei der Ausstellung erleben und nicht nur auf den Bildern betrachten können. So als wären sie selbst dabei. Sie hören den Lärm der Motoren und atmen die Abgase ein. Natürlich haben sich einige nach draußen an die frische Luft geflüchtet, aber den meisten hat es gefallen."
Muntu Vilakazi bietet einen Einblick in eine eigene Welt. Die der Townships im Osten Johannesburgs, dem so genannten East Rand. Anfang der 90er-Jahre lieferten sich die heutige Regierungspartei ANC und die rivalisierende Inkhata Freedom Party dort blutige Kämpfe. Heute gehören spontane Autorennen zur Alltagskultur einer jungen, wirtschaftlich aufstrebenden Generation, die gern zeigt, was sie besitzt. Junge Männer lassen die Reifen kreischen, umringt von Schaulustigen, die in Staub und Abgasen nur schemenhaft erkennbar sind.
"Das Leben im East Rand ist sehr vielfältig und lebendig. Ich bin dort aufgewachsen und es war mir ein Bedürfnis, die Geschichte meiner Generation zu erzählen. Mit meinen Fotos wollte ich weniger analysieren, als dokumentieren, was das öffentliche Leben dort prägt."
Auf den ersten Blick stehen Party und Konsum im Vordergrund. Im Licht einer Straßenlaterne tanzt ein Mann wie in Trance zu wummernden Deep-House-Rhythmen. Frauen in hohen Absätzen stehen um einen Karton mit leeren Flaschen. Ein junger Mann gießt Whiskey auf den Auspuff seines Motorrads; Schaulustige fotografieren mit ihren Handys, wie die Tropfen verdampfen.
Unverantwortliche Verschwendung?
Keine dieser Szenen ist gestellt. Als Fotojournalist steht Muntu Vilakazi in einer langen Tradition südafrikanischer Dokumentarfotografie. "Politics of Bling" hat der 32-Jährige sein erstes künstlerisches Fotoessay genannt – das Politische liegt jedoch im Auge des Betrachters. Man kann in seinen Bildern eine unverantwortliche Verschwendung inmitten der Townships sehen, in denen die meisten Bewohner noch immer unter Armut, Arbeitslosigkeit und Kriminalität leiden. Eine junge Generation, der Party wichtiger ist als Politik. Doch Muntu Vilakazi ist diese Sichtweise zu einseitig:
"Natürlich gibt es viel Armut. Dazu kommt die extrem blutige Vergangenheit der Townships im East Rand. Bei den Kämpfen vor der ersten demokratischen Wahl kamen dort sehr viele Menschen ums Leben. Als ich vor fünf Jahren mit dieser Fotoserie begonnen habe, wollte ich herausfinden wo wir heute, 20 Jahre später, stehen. Ich habe mich dabei auf jene konzentriert, die die Früchte unserer mühsam errungenen Demokratie ernten. Die politische Stabilität erlaubt es ihnen, draußen, auf öffentlichen Plätzen zu feiern, tun und zu lassen, was sie wollen. Das wäre unmöglich, wenn noch immer Gewalt herrschen würde."
Fast alle seiner Fotografien spielen mit diesem Spannungsfeld: Da ist die ältere Frau, die in ihrem Hauskittel vor zwei Bier trinkenden Motorradfahrern steht. Ob sie die beiden ermahnt oder ob sie sich einfach nur mit ihnen unterhält – die Interpretation wird dem Betrachter überlassen. Ebenso wie bei dem Foto von mehreren kleinen Jungs, die durch einen Maschendrahtzaun gebannt ein Autorennen beobachten. Die Frage drängt sich auf, ob diese konsumfreudigen Erwachsenen und ihr extravaganter Lebensstil ein gutes Vorbild für diese Kinder sind. Muntu Vilakazi lächelt verschmitzt:
"Ich bin mir sicher, dass sich diese Jungs sich auf dem Nachhauseweg darüber unterhalten haben, dass sie auch einmal ein solches Auto oder Motorrad besitzen möchten. Aber das muss ja nicht negativ sein. Vielleicht motiviert es sie dazu, in der Schule aufzupassen, eine Ausbildung und Karriere zu machen. Damit sie es sich später leisten können."
Muntu Vilakazi ist diese Motivation nicht fremd. Es ist seine Innensicht der Townships des East Rand, die diese Ausstellung so interessant macht.