Süchtig ohne Suchtstoffe

Rezensiert von Ulfried Geuter |
Für viele Kinder und Jugendliche ist das Spiel in der virtuellen Welt bereits zur Sucht geworden. Der Computer ist zum wichtigsten Drogenproblem bei Kindern geworden. Für betroffene Eltern bietet das Buch "Computerspielsüchtig?" viele hilfreiche Informationen und Ratschläge. Das Ziel: Nicht Abstinenz, sondern ein angemessener Umgang.
Menschen, die exzessiv am Computer spielen, sind Süchtige ohne Suchtstoffe. Sie können ihr Verlangen zu spielen, kaum noch zügeln, sie verfallen in Unruhe, wenn sie es nicht tun. Es ist wie bei Drogen oder Alkohol: Ihr Verhalten erzeugt Probleme wie zwischenmenschliche Isolation, Leistungsabbau, Schlafstörungen, aber sie können es nicht abstellen. Sie müssen es vielmehr fortsetzen, die Dosis erhöhen und mehr spielen als sie vorhaben.

Die neue Sucht des Computerspielens ist insbesondere ein Problem unter Kinder und Jugendlichen. Elfjährige spielen im Durchschnitt eine Stunde am Computer, Jungen mehr als Mädchen. Aber fast zehn Prozent von ihnen sind heute schon spielsüchtig. Damit ist heute der Computer zum wichtigsten Drogenproblem geworden.

Am Anfang steht der Spaß, die Freude im Spiel etwas zu bewältigen, mächtig zu sein, Kontrolle ausüben zu können, in Phantasiewelten einzutauchen. Den Süchtigen aber dient das Spielen oft noch zu etwas anderem: einer Problem beladenen Realität zu entkommen und Stress zu bewältigen. Gelingt das mit Hilfe des Spielens, lernt das Gehirn wie bei einer Droge: Die Sucht tut gut, um über die Probleme hinwegzukommen. Dann gelingt das Bewältigen der eigentlichen Probleme immer schlechter.

Sabine Grüsser und Ralf Thalermann versuchen in Ihrem Buch vor allem Eltern betroffener Kinder und Jugendlichen eine wissenschaftlich fundierte Information zu geben und ihnen zu helfen. Abstinenz ist nicht ihr Ziel, aber das Erlernen eines angemessenen Umgangs mit dem Computer. Die Autoren weisen auf die Anhaltspunkte, an denen sich ein süchtiges Verhalten feststellen lässt, sie geben konkrete Tipps, wie Eltern mit ihrem Kind reden sollen, damit das Kind den Unterschied zwischen angemessenem und unangemessenem Umgang mit dem Computer verstehen lernt, alternative Interessen entdeckt und mehr Kompetenz im Umgang mit sozialen Konflikten erwirbt. Wer alleine nicht weiter kommt, findet in dem Buch ein Verzeichnis professioneller Hilfsangebote.

Sabine M. Grüsser, Ralf Thalermann: Computerspielsüchtig? Rat und Hilfe
Verlag Hans Huber, Bern, 2006
14,95 Euro