Subventionen in den USA

Kampf um Amazons Zweitwohnsitz

Das Amazon Hauptquartier in Seattle, Washington
Amazon-Hauptsitz in Seattle: Der Konzern sucht aktuell den Standort für ein zweites Headquarter. © imago / Paul Christian Gordon
Von Max Paul Friedman |
Mit viel Geld kämpfen US-Bundesstaaten darum, eine neue Amazon-Zentrale beherbergen zu dürfen. Dabei hat der profitable Konzern die Dollars gar nicht nötig, meint Max Friedman. Der Historiker kritisiert, dass öffentliche Mittel in den USA hauptsächlich an Privatfirmen gehen.
Bei Amazon kaufen wir Bücher und Musik, schauen Filme und flüstern Alexa unsere Geheimnisse zu. Einige Amerikaner haben Amazon sogar ihre Hausschlüssel überlassen.

"Alexa, wird Amazon uns bald auch regieren?"

Es geht hier weniger um Science-Fiction als um die Beschleunigung eines Doppelprozesses, der seit den 80er-Jahren läuft: einerseits die Abschaffung und Aushöhlung des Staates, anderseits die Stärkung des Monopolkapitals.

"Alexa, was hast du mit unserem Geld vor?"

New Deal der 30er für allgemeinen Wohlstand

In den USA gab es mal eine Zeit, in der wir öffentliche Mittel für öffentliche Güter verwendeten. Die größten Schübe bei den Infrastrukturausgaben gab es in den 30er-Jahren mit Franklin Roosevelts New Deal und in den 50ern, als Eisenhower das Autobahnsystem baute und unter dem Sputnik-Schock große Summen in die Wissenschaft investierte. Jedem dieser Schübe folgte eine erkennbare Verbreiteterung des allgemeinen Wohlstands. Eigentlich eine Erfolgsgeschichte.
Trotzdem investieren wir seitdem kaum mehr. Donald Trump kündigt nun einen Infrastrukturplan an. Er verspricht etwa 200 Milliarden in Form von Bundesmitteln. Tatsächlich sind das aber hauptsächlich Subventionen an Privatfirmen, teilweise finanziert durch Kürzungen im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Und das, obwohl selbst die U-Bahn in Washington DC völlig marode ist und unsere Internetverbindungen und Züge zu langsam sind. Nicht nur versucht Trump ein Loch mit einem anderen zu stopfen, sein Plan bedeutet wie seine Steuergesetzgebung vor allem Extraweihnachten für große Unternehmen. Er belohnt sie dafür, Projekte zu realisieren, die sie ohnehin schon geplant haben.

"Alexa, was müssen wir tun, dass du dich wohl fühlst?"

Privatwirtschaft gibt dem Staat die Richtung vor

In den einzelnen Bundesstaaten sieht man, wie sich der Staat neuerdings von der Privatwirtschaft sagen lässt, wo es lang geht. Der weltgrößte Online-Händler macht Umsätze und Gewinne, wie nie zuvor, aber trotzdem kämpfen Staaten und Städte mit Subventionen darum Amazons neues Hauptquartier beherbergen zu dürfen.
Mein Heimatstaat Maryland hat Amazon fünf Milliarden Dollar dafür angeboten - eine Hälfte als Prämie, die andere soll öffentlichen Nahverkehr und der Berufsausbildung gewidmet werden. An sich nicht schlecht, aber Amazon darf immer mitbestimmen wo und wie das Geld investiert wird. 50.000 zukünftige Arbeitsplätze sind ein mächtiger Hebel. Vielleicht sollten wir uns nicht mehr an Poliker wenden, wenn die Gesellschaft etwas Wichtiges braucht.
"Alexa, wie baue ich einen Hochgeschwindigkeitszug?"

Jetzt will Amazons Chef Jeff Bezos eine Krankenkasse gründen, um Gesundheitsversorgung günstiger und besser zu machen.

"Alexa, wie entferne ich meinen Blinddarm?"

Bezos ist nicht der Weihnachtsmann

Aber Vorsicht: Jeff Bezos ist weder der Weihnachtsmann noch Roosevelt. Sein Unternhemen setzt seine Beschäftigten unter starkem physischen und psychischen Stress. In den Logistikzentren wird jeder und alles ständig überwacht. Amazon hat ein Patent für ein Ultraschall-Armband angemeldet, das jederzeit die aktuelle Handposition des Arbeiters messen kann.
Ist das die einzige Zukunft, die uns bleibt, wenn die Regierung nicht mehr in der Lage ist, vernünftig Steuern zu erheben und öffentliche Mittel zu investieren? New York und Miami brauchen dringend eine Schutzmauer gegen den steigenden Meeresspiegel, aber Trumps einziges ambitioniertes Bauprojekt ist eine Mauer in der Wüste zu bauen.

"Alexa, wie verhindere ich, dass mein Land ein Drecksloch wird, in dem alle von dir ausspioniert werden?"

Max Paul Friedman ist Geschichtsprofessor an der American University in Washington. Sein Buch "Rethinking Anti-Americanism" ("Antiamerikanismus umdenken") erschien bei Cambridge University Press.



Der Historiker Max Paul Friedman
© American University / Jeff Watts
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