Subventionen für die Reichen?

Von Dorothea Marcus |
Deutschland lässt sich eine Kultur noch etwas kosten: Rund 2 Milliarden gibt es für seine Theaterlandschaft aus – und jeder Besucher der rund 155 Theater wird mit durchschnittlich 95 Euro staatlich bezuschusst. Eine Summe, die Ökonomen ein Dorn im Auge ist.
Vor der laufenden Finanzdiskussion kommt die jüngste Kritik genau zur rechten Zeit: Rolf Kroker, Geschäftsführer des unternehmensnahen Instituts der deutschen Wirtschaft, beschwert sich über die Kulturförderung in Deutschland:

„Der Staat hat bekanntlich Schwierigkeiten, sich zu finanzieren, alle Subventionen stehen auf dem Prüfstand, und ich meine: auch die Theatersubventionen darf man nicht aussparen. Wenn man in die Statistik hineinschaut, stellt man fest, dass die eingespielten Mittel über Kartenverkauf gerade mal im Schnitt 16 Prozent der Kosten ausmachen. Man muss natürlich fragen, ist das gerechtfertigt. Auch mit Blick ins Ausland. Wir wissen, dass von anderen Ländern – vereinigtes Königreich oder USA, wo die Einspielergebnisse deutlich über 50 Prozent liegen. wenn man sich anschaut, wer die Theater nutzt, und wer sie zahlt, dann könnten man schon auf die Idee kommen, dass das eine Umverteilung von Arm zu Reich ist, von Unten nach Oben ist. Und dann könnte man sich ja die Frage stellen, warum subventionieren wir nicht auch Kinos und Fußball.“

Die USA, das Land von Mickey Maus und Hollywood-Events, wo staatliche Kulturförderung kaum existiert, als Vorbild für die deutschen Theaterlandschaft zu nehmen – da dürfte sich so manchem der Magen umdrehen. Kroker meint aber: Entscheidend ist, was die Masse will!

„Ich halte sehr viel davon, die Konsumentensouveränität hochzuhalten und den Wunsch der Menschen zu respektieren. Und wenn die nun mal eine Präferenz haben für Musicals, warum soll man solche Angebote nicht machen? Man ist ja bereit, dafür auch sehr viel Geld auszugeben. Die Preise sind dort frei am Markt und es wird bezahlt. Deshalb denke ich, darf man sich nicht aufs hohe Ross setzen und sagen: Da setzen wir uns mal drüber hinweg.“

Klar, dass das heutige Regie-Theater und die zeitgenössische Oper viel weniger Menschen erreicht als „Cats“ und Konsorten. Theaterförderung sei zudem sozial ungerecht, meint Kroker: Was so hoch gefördert wird, wird vor allem von Besserverdienenden genutzt. Eine Umverteilung von unten nach oben: Der Staat fördert mit Theater Menschen, die ohnehin Geld haben. Um das zu ändern, will Kroker von nun an nicht mehr die Theater, sondern seine Besucher fördern: arme mehr, reiche weniger.

„Deshalb war mein Vorschlag, von der Objektförderung wegzugehen mehr in Richtung Subjektförderung und dann sehr gezielt den Leuten eine finanzielle Hilfestellung zu geben, die sich sonst Theater so nicht leisten können. In den USA z. B. gibt es auch Voucher-Systeme, dass man bestimmte Bevölkerungsgruppen mit Gutscheinen ausstattet, die sie dann einlösen können. Oder z.B. gibt es in Deutschland ein Wohngeld, was genau nach dieser Subjektförderung funktioniert, es kriegt eben der ein Wohngeld, der vom Einkommen her sich eine Wohnung nicht leisten kann.“

Theatergutscheine für Arme, 100-Euro-Karten für Reiche? Krokers populistische Forderung hat eins übersehen: Damit wäre die einzigartige deutsche Theaterlandschaft nicht mehr zu halten und wohl bald ganz verschwunden.


Das Gespräch zum Thema mit der Opernregisseurin und Autorin des Buches „Warum Oper“, Barbara Beyer, können Sie bis zu acht Wochen nach der Sendung in unserem Audio-On-Demand-Player hören.