Sturm auf das US-Kapitol

Dieser Film ist real

22:11 Minuten
Menschen mit USA- und andren Flaggen erstürme am 6. Januar 2021 das US-Kapitol in Washington, DC.
Am 6. Januar drangen hunderte Trump-Anhänger nach einer Rede des scheidenden US-Präsidenten mit Gewalt in das Parlamentsgebäude in Washington ein. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Christy Bowe
Von Andre Zantow · 11.01.2021
Audio herunterladen
Vor seiner Präsidentschaft war Donald Trump ein erfolgreicher Reality-TV-Darsteller. Diese Fähigkeiten nutze er nun weiter und schaffe ständig "Drama", erzählen zwei Deutsche in Hollywood. Das bringe hohe Quoten, sei aber katastrophal fürs Land.
Das Eindringen von Trump-Unterstützern ins Kapitol in Washington D.C. am 6. Januar hat die gesamten USA erschüttert. An der Westküste in Kalifornien verfolgte Nina Franoszek mit Sorge die TV-Bilder. Die deutsche Schaupielerin hatte kurzzeitig Angst, dass es um mehr als Wut ging.
"Für mich war der bedrohlichste Moment, als Nancy Pelosi um die National Guards gebeten hat, das aber abgelehnt worden ist. Da hatte ich Schiss, dass das ein Coup ist."
Schauspielerin Nina Franoszek arbeitet und lebt im US-Bundesstaat Kalifornien. Eine Portrait-Aufnahme. Sie hat lange blonde Haare.
Hatte Angst vor einem Coup: Nina Franoszek spielte u.a. mit in der preisgekrönten Serie "Weissensee".© privat
Seit den 90er-Jahren lebt und arbeitet die Berlinerin in Los Angeles. Als Schauspielerin, Sprecherin, Regisseurin und Schauspielcoach kommen ihr Donald Trumps Methoden sehr bekannt vor.
"Er hat die ganze Zeit agiert als Reality-TV-Star, was er ja auch ist. Da muss man permament Drama schaffen, um Quote zu bekommen. Und das hat er für mich die ganze Zeit angewendet als Präsident. Und das ist dieses Chaos, in dem wir jetzt sind. Für eine Reality-Show bringt es Quote und bringt den Leuten Geld und für das wahre Leben ist es einfach eine Katastrophe."
Sie habe sich bei den Szenen jetzt an das Gefühl erinnert, dass sie gehabt habe beim Dreh der Krimi-Serie "Letzte Spur Berlin".
"Da habe ich eine AfD-Frau gespielt. Als ich das Drehbuch gelesen habe, dachte ich, das sei alles übertrieben. Aber als wir das gedreht haben in Berlin und dem Umland, habe ich gemerkt, wie real es ist. Da war das gleiche Gefühl von Hilflosigkeit, 'keiner sieht uns', 'wir sind allen Scheißegal'. Da brauch eben nur einer kommen, der auf alles scheißt und kein Politiker ist. Und da habe ich das verstanden."

"Trump hat die Leute zutiefst emotional getroffen"

Auch Christian Oliver beobachtet Donald Trump aus Hollywood. Dort arbeitet der 48-jährige Schauspieler seit vielen Jahren. In seinem direkten Umfeld seien fast alle Anhänger der Demokraten, aber er kenne auch viele Trump-Fans.
"Er hat diese Leute wirklich zutiefst emotional getroffen. Damit hat er viel Schaden angerichtet. Mit seinen Lügen, mit seinen menschenverachtenden Sachen, die er verbreitet hat. Gefährlich, aber dieses Schauspielen, dieses Theater ist Realität."
Donald Trump sei ein guter Regisseur, ein guter Storyteller und es sei ein Fehler gewesen, ihn für einen "Kasper" zu halten. Eine Mitverantwortung sieht er auch bei Plattformen wie Facebook, Twitter und Co.: "Es ist schlimm, dass es so weit gekommen ist: Dass man Fake-News, News, reale Filme, dass man das alles bald nicht mehr auseinanderhalten kann."
Christian Oliver lebt und arbeitet als Schauspieler in Los Angeles. Dort wirkte er mit in Steven Soderberghs "The Good German", Brian Singer "Valkyrie" and bei den Wachowski-Geschwistern in "Speed Racer". In Deutschland spielte er mit bei "Alarm für Cobra 11".
Beobachtet Trump aus Hollywood: Christian Oliver spielte bei Hollywood-Produktionen wie Steven Soderberghs "The Good German" und in Deutschland die Hauptrolle bei "Alarm für Cobra 11".© privat
Überrschend kam der Sturm auf das Kapitol für Christian Oliver nicht. Dem Schauspieler sei klar gewesen, dass am 6. Januar etwas passiere.
"Die Emotionen kochen in den Amerikanern. Das Land ist tief gespalten. Das einzige was wirklich überraschend war, ist, dass Trump das wieder so zugelassen hat und hunderte seiner Anhänger so gemütlich reinmarschieren konnten."
Christian Oliver erzählt auch über seinen neuen Independent-Film "Abe", der gerade fertiggestellt sei: Eine schwarze Komödie, in der Ex-Präsident Abraham Lincoln wieder aufersteht und feststellt, dass sich in den USA wenig verändert hat:
"Das Land ist immer noch gespalten, immer noch großes Unrecht, Schwarz-Weiß ist immer noch ein riesen Thema. Und Lincoln ist so erschrocken, dass er sich auf den Weg nach Washington begibt, um nochmal sein Präsidentenamt anzugehen und gegen Donald Trump anzutreten."
Mehr zum Thema