Studium der Kinderrechte

Von Barbara Leitner · 20.11.2007
Außer den USA und Somalia haben alle Länder der Erde die 54 Paragraphen umfassende UN- Kinderrechtskonvention ratifiziert. Sie legt die Standards fest, unter denen Kinder weltweit aufwachsen sollen. Um Experten der verschiedensten Berufe zu befähigen, die Rechte von Kindern angemessen zu berücksichtigen, startete vor drei Wochen der neue Studiengang European Master in Children's Rights.
Manfred Liebel: "Ich bin selber zu dem Projekt gekommen, weil ich längere Zeit konkret mit Kindern gearbeitet habe. In meinem Fall in Lateinamerika und ich dabei gemerkt habe, dass es ein großer Unterschied ist, ob man die Welt nur als Erwachsener wahrnimmt oder auch versucht, die Welt auch ein Stück mit den Augen der Kinder zu sehen."


Prof. Manfred Liebel leitet den neu gegründeten Studienganges Master in Children's Rights. Als Sozialpädagoge arbeitete er in Süd- und Mittelamerika mit sozial benachteiligten Kindern. Dort traf er Zwölf- und Vierzehnjährige, die nicht nur ihren eigenen Lebensunterhalt erarbeiteten. Sie schufen sich auch eigene Organisationen, um für ihre Rechte einzutreten und als Bürgermeister oder Gemeinderäte beförderten sie Lösungen, die dem ganzen Gemeinwesen nutzten.

Diese Erfahrung brachte er ein, als er mit den Kollegen aus London und Bukarest, Stockholm, Madrid und Amsterdam das Programm für einen gemeinsamen europäischen Studiengang Kinderrechte entwickelte. Dabei hatten sie durchaus zunächst verschiedene Meinungen, was einen Kinderrechtsexperten auszeichnen sollte.

Manfred Liebel: "Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass bei den rumänischen Partnern stärker ein Verständnis von Kinderrechten besteht, dass darauf abzielt, Kinder zu beschützen. Das haben wir hier auch in unserem Verständnis mit drin. Kinder benötigen auch Schutz. Aber wir betonen hier stärker, dass hier Kinder auch als Bürger zu verstehen sind, nicht nur als künftige Bürger, sondern auch jetzt schon als partizipierende Subjekte zu sehen sind, und das ist schon eine Akzentuierung von Kinderrechten, die nicht so selbstverständlich ist."

Inzwischen nahmen an der Freien Universität in Berlin knapp 30 Juristen und Sozialpädagogen, Politiker und Journalisten das Masterstudium auf. Über zwei Semester werden sie sich mit den Kinderrechten als Menschenrechte beschäftigen, sehen, wie Kinderrechte in der Geschichte, in verschiedenen Ländern, Kulturen und Religionen betrachtet werden und lernen, wie es gelingen kann, eine Lobby für das Thema zu gewinnen. Dazu erwerben sich die Studierenden auch wissenschaftliche Grundlagen für die Arbeit.

Manfred Liebel: "Dass man auch lernt, Forschung zu machen mit Methoden, in denen die Sichtweise der Kinder auch zum Zuge kommt. Also wo man Kinder nicht nur beiläufig wahrnimmt, sondern intensiver auch versteht und begreift, was in Kindern vorgeht. Also dass die Kinder das Recht haben, sie so zu verstehen, wie sie selber sind."

Prof. Liebel ist davon überzeugt: Die Welt wird ein andere sein, wenn Kinderrechte überall respektiert und umgesetzt werden. Dazu will dieser Studiengang befähigen: Dass die Sorge um die Kinderrechte Bestandteil des beruflichen Selbstverständnisses von all jenen Erwachsenen wird, die direkt und indirekt mit Kindern zu tun haben, egal ob sie als Politiker oder Juristen, Lehrer oder Kinderarzt, als Polizist oder Entwicklungshelfer tätig sind.

Manfred Liebel: "Das ist für Leute, etwa im Zusammenhang mit der Entwicklungszusammenarbeit, ein ganz wichtiges Hilfsmittel, ganz genau zu wissen, welche Rechte diese Kinder haben und welche Programme entwickelt werden können oder auch schon existieren, die darauf aufbauen, dass Kinder auch Rechtssubjekte sind und nicht nur irgendwelche Objekte von Maßnahmen, wie das üblicherweise so geschieht. Und in diese Richtung wollen wir die Leute mit diesem Studiengang qualifizieren, dass sie dafür einen Blick kriegen und auch das Handwerkszeug entsprechend aktiv zu werden."