Studie

Vergewaltigungen werden seltener geahndet

Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen
Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen © picture alliance / dpa / Holger Hollemann
17.04.2014
In den vergangenen 20 Jahren ist einer Studie zufolge der Anteil der Vergewaltigungsanzeigen, die mit einer Bestrafung der Täter endeten, stark gesunken. Kriminologe Christian Pfeiffer fordert daraus Konsequenzen.
1992 hätten 21,6 Prozent der Frauen, die eine Anzeige erstattet hatten, die Verurteilung des Täters erlebt - 20 Jahre später sind es nur noch 8,4 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommen Mitarbeiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur erklärte Christian Pfeiffer, Direktor des Instituts, dass der erschreckende Rückgang vor allem auf die Arbeitsüberlastung von Polizisten zurückzuführen sei.
"Die Zusammensetzung der Täter hat sich verändert. Früher gab es sehr häufig den Sittenstrolch hinterm Busch, den man dann überführen konnte durch Tatortspuren", sagte Pfeiffer.
Auch den Straftatbestand ändern
Inzwischen würden 90 Prozent der beschuldigten Männer behaupten, der Geschlechtsverkehr sei einvernehmlich gewesen. Der Nachweis sei somit für die betroffenen Frauen viel schwieriger. Deshalb sei es besonders wichtig, dass die erste Aussage eines Opfers auf Video aufgenommen und ausführlich ausgewertet werde. Dafür fehle den Beamten aber die Zeit.
In den Bundesländern, die das vorbildlich machen, habe man laut Pfeiffer eine sechsfache Wahrscheinlichkeit der Verurteilung. Somit würden auch sechsmal so viele Täter therapiert - und das bewirke auch, dass die Vergewaltigungszahlen dort insgesamt rückläufig seien.
Neben neuen Anzeigeaufnahmemethoden sei aber auch eine gesetzliche Änderung des Vergewaltigungsstraftatbestandes wichtig: Von den Frauen dürfe nicht länger das Risiko verlangt werden, sich körperlich zu Wehr zu setzen, damit eine Vergewaltigung überhaupt als solche anerkannt wird.