Stroke Art Fair in München

Wo sich Straßenkunst gut verkaufen lässt

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Die Künstlerin Hanna Adamaszek bei der Arbeit. Sie stellt bei der Stroke - Street Art-Messe in München aus. © Stroke Art Fair
Von Tobias Krone · 04.10.2017
Eine Messe für Street Art funktioniert am besten dort, wo es eher wenig davon gibt. Die Macher der Stroke Art Fair hoffen deshalb im sauberen München auf zahlungskräftige Sammler, die sich mit Straßenkunst schmücken wollen. Die reicht von comic-artigen Figuren bis zu großen Porträts in Öl.
Ein bisschen ironisch ist das schon, mit der Urban Art. Zumindest wenn man eine Messe veranstalten will – zum Beispiel in Berlin, was Marco Schwalbe vor einigen Jahren auch mal versucht hat:
"In Berlin wird wild plakatiert ohne Ende und man hat einfach keine Chance, gesehen zu werden. Mit dem kleinen Budget, was wir haben, können wir nicht an die großen Werbeanbieter rantreten. Hier in München schaffen wir es mit unserem kleinen Budget gesehen zu werden, weil illegal plakatieren hier verboten ist."
Der Berliner Veranstalter bringt das Dilemma einer Messe für Urban Art auf den Punkt. Verkaufen kann man sie wohl nur dort, wo sie nicht ohnehin auf den Straßen rumhängt – im sauberen, braven München, wo zahlungskräftige Sammler leben, um mit zeitgenössischer Kunst das saubere, brave Image loszuwerden.
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Künstler bei der Street Art-Messe Stroke in München.© Stroke Art Fair
Marco Schwalbe: Es macht hier mehr Spaß, hier wird natürlich auch mehr verkauft, was für die Aussteller natürlich ganz wichtig ist."
Marco Schwalbe macht keinen Hehl daraus, dass es bei der Stroke Art Fair ums Verkaufen geht. Viele Künstler hier kommen zwar von der Street-Art und aus dem Graffiti-Bereich, bieten hier, in einer ehemaligen Moped-Fertigungshalle, aber ihre Kunst ganz legal feil. Die Urban Art hat sich zur "neuen" zeitgenössischen Kunst gemausert.

Echte Street-Art ist nur noch ein kleiner Teil

Marco Schwalbe: "Das sieht man dann auch, wenn man hier durchläuft: Da ist nichts, was aus einer Straße 'rausgebrochen ist. Hier wird auf Leinwand gemalt, hier wird fotografiert, und so weiter und so fort. Street-Art ist ein kleiner Bereich. Vielleicht 20 Prozent dessen, was die Stroke ausmacht. Es gibt Graffiti, es gibt aus den USA eine Kunstbewegung, die schon 40 Jahre alt ist, die nennt sich Low Brow, da geht es viel um so Fantasiefiguren und solche Sachen."
Comic-verzerrte Märchenfiguren in glatter Metallic-Optik haben hier Konjunktur. Am Rand der Halle hängt der Pariser Graffiti-Künstler Charles Leonard alias Leonartz gerade seine Kunststoff-Fratzen an die Ausstellungswand. Leonartz hat sie aus alten Teilen von Staubsaugern und Kaffeemaschinen zusammengebaut.
Charles Leonard:
"C'est des sculptures réalisés avec des caffétières et des aspirateurs – vacuum cleaner and coffee machines, c'est just recycled material."
Mit den Masken will er dem Wegwerf-Wahn der Konsumgesellschaft etwas entgegensetzen. Leonartz will sein Alter nicht verraten. Nur so viel, er sei über 40. Und die Käufer seien oft aus der selben Generation. Graffiti-Liebhaber kämen heutzutage aus allen Berufssparten. Das bestätigt auch die Galeristin Geraldine Porkay von der Münchner Galerie Flash.
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Die Künstlerin Linda Männel legt letzte Hand an eines ihrer Werke.© Stroke Art Fair
Geraldine Porkay:
"Das beginnt bei der jungen Rechtsanwältin bis zum Großunternehmer bis zum Mittelstandsunternehmen. Also alle, die die Kunst lieben und etwas Kleingeld mehr übrig haben, leisten sich dann auch was."

Eine Messe für Einsteiger

Was im Ausstellungsbereich der Galerie Flash an den Wänden hängt, ist längst kein Low Brow mehr, sondern ziemlich High Brow: anspruchsvolle Postmoderne. Etwa Geraldines Schwester Victoria Porkay, Jahrgang 1995, die großformatige Porträts in Öl und Sprühfarbe auf alte Beduinenteppiche malt. Gerade bei Käufern aus der Modebranche kämen sie sehr gut an. Doch trotz des einen oder anderen kaufkräftigen Kunden – die Stroke will vor allem für Kunst-Einsteiger offen sein und verkauft dieses Konzept mit großem Selbstbewusstsein.
Marco Schwalbe:
"Die klassische Kunstszene hat einfach Angst, müssen wir jetzt einfach so sagen. Das Hoheitsgebiet der klassischen zeitgenössischen Kunst ist ja immer: Ich habe die Gurus, die sagen: Oh, das ist gut, das muss man kaufen, die großen Galerien, die Millionenbeträge umsetzen, aber durch die Vervielfältigungsmöglichkeiten im Internet braucht es diese Vermittler mit diesen Altaren nicht mehr.
Wir ermutigen die Leute auch immer, unsere Zuschauer, lasst euch nicht blenden, nur weil da jetzt ein hohes Preisschild draufsteht, muss das nicht die Kunst sein, vor der man auf die Knie fallen muss."
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