Streitfall Islamkonferenz

Von Dorothea Jung |
Hans-Peter Friedrich ist mit dafür verantwortlich, dass der Islamkonferenz unter ihm ein Abstieg in die Belanglosigkeit droht, meint Dorothea Jung. Doch die Alleinschuld trägt er nicht: Mag sein, dass Friedrich nicht der Beste für die Lösung der Probleme ist. Aber viele muslimische Verbandsvertreter sind es auch nicht.
Als der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vor sieben Jahren die Islamkonferenz initiierte, ging es ihm darum, mit deutschen Muslimen erst einmal ins Gespräch zu kommen. Langfristig schwebte Schäuble seinerzeit vor, mit den Islamverbänden Strukturen zu entwickeln, die irgendwann eine rechtliche Gleichstellung der Muslime ermöglichen. Das war dem Unionspolitiker eine Herzensangelegenheit. "Der Islam ist längst Teil unseres Landes", hatte Wolfgang Schäuble 2006 gesagt.

Hans-Peter Friedrich startete vier Jahre später seine Schirmherrschaft für die Islamkonferenz mit den Worten, es ließe sich aus der Historie nirgends belegen, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Das war kein integrationsfördernder Redebeitrag. Heute nun sprach der Minister davon, dass Deutschland ein religionsfreundliches Land sei und wehrte sich energisch gegen den Vorwurf, er interessiere sich beim Thema Islam vornehmlich für Sicherheitsfragen. Aber: Selbst wenn Hans-Peter Friedrich formal Recht hat mit seiner Verteidigung und die Tagesordnung mit Themen wie Extremismus, Islamismus und Antisemitismus tatsächlich nicht von ihm allein, sondern gemeinsam von der Konferenz beschlossen wurde - es gibt Gründe für die Kritik an Hans-Peter Friedrich.

Fast zeitgleich mit seiner ersten Einladung zur Islamkonferenz gründete der Minister eine Diskussionsrunde namens Sicherheitspartnerschaft, in der sich islamische Organisationen und deutsche Sicherheitsbehörden austauschen. Geschickt war das nicht. Die Mitglieder der Islamkonferenz fühlten sich düpiert. Vielen Mitgliedern der Konferenz erschien der Minister eher misstrauisch als vermittelnd. Wegen all dieser Punkte ist Hans Peter Friedrich mit dafür verantwortlich, dass der Islamkonferenz unter ihm ein Abstieg in die Belanglosigkeit droht.

Aber das ist nur die eine Seite. Die muslimischen Verbände wollten eine rasche rechtliche Gleichstellung mit den christlichen Kirchen – konnten sich aber wegen innerislamischer Streitereien und Eitelkeiten nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Die ist zwar schwierig, weil die Muslime nicht hierarchisch-zentralistisch organisiert sind wie beispielsweise die christlichen Kirchen, aber unmöglich ist eine Einigung nicht.

Vollkommen undenkbar jedoch wird ein Vorankommen in dieser Frage, wenn sich zum Beispiel eine Organisation wie der Zentralrat der Muslime aus der Konferenz zurückzieht und ständig beleidigt ist. Wer etwas bewegen will, wer seinen Standpunkt einbringen will, wer mitgestalten will, der hat in der Schmollecke nichts zu suchen, der muss in die Offensive gehen. Auch andere muslimische Verbände fallen häufig mehr durch ihre Empörung auf als durch konstruktive Vorschläge. Mag sein, dass Hans-Peter Friedrich nicht der Beste für die Lösung der Probleme ist. Aber viele muslimische Verbandsvertreter sind es auch nicht.
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