Streitbarer Sozialist

Von Bernd Sobolla |
Bis heute gilt Konrad Wolf als einer der wichtigsten deutschen Filmemacher, ein überzeugter Sozialist, der nicht nur in seinen Filmen durchaus kritisch mit „seinem“ Staat, der DDR umging, sich aber in entscheidenden Momenten dem Staat gegenüber als loyal erwies. Der langjährige Präsident der Akademie der Künste in der DDR starb am 7. März 1982. In diesem Jahr hätte er am 20. Oktober seinen 80. Geburtstag gefeiert.
Filmausschnitt „Mama, ich lebe“:
„Wie redet man frei zu den Massen? Wie kam es zu der deutschen Katastrophe? Und was führt aus ihr heraus?“

Konrad Wolfs vorletzter Film, „Mama, ich lebe“, handelt von deutschen Männer, die im II. Weltkrieg auf sowjetischer Seite kämpfen, und hat viele biografische Züge: Mit acht Jahren flieht Konrad Wolf mit seinen Eltern und seinem Bruder vor den Nazis über die Schweiz und Frankreich nach Moskau. Er wächst in der Sowjetunion auf, wird 1943 in die Rote Armee eingezogen, nimmt 1945 an der Befreiung Warschaus teil, erlebt das gerade befreite KZ Sachsenhausen und wird nach Kriegsende zum russischen Stadthalter von Bernau ernannt.

1946 will er nach Hause, nach Moskau. Aber man hat anderes mit dem intelligenten, jungen Mann vor. Konrad Wolf macht sein Abitur in Berlin und studiert dann von 1949 bis 1955 am Staatlichen Allunionsinstitut für Kinematografie in Moskau. Parallel dazu wird er 1952 Bürger der DDR und Mitglied der SED.

1955 wird er als erster studierter Regisseur bei der DEFA angestellt. Sein erster Film, das Lustspiel „Einmal ist keinmal“, kann man als Fingerübung ansehen. Denn schon in seinem zweiten Werk, „Genesung“, kommt der antifaschistische Widerstand ins Spiel. Dann, 1958, dreht Wolf „Sonnensucher“. Der Film handelt von einem Uranbergwerk, in dem nicht nur Arbeiterhelden tätig sind.

Filmszene aus „Sonnensucher“: " Zieh dich aus! … Felsach gehört mir. Vier Millionen holen sie raus, jeden Tag. Solange ich das schaffe, parieren alle. Sogar die Russen. Wer sich mit mir gut stellt, kann haben, was er will. Willst du mit mir schlafen?
Wenn es sein muss. "

Aber mit „Sonnensucher“ erkennt Konrad Wolf auch die Grenzen künstlerischer Freiheit. Die Behörden stoppen den Film, u.a. weil er zeigt, wie in der DDR Uran für sowjetische Atombomben gefördert wird. 1964 verfilmt der Regisseur „Der geteilte Himmel“ nach der Erzählung von Christa Wolf. Wobei ihn nicht so sehr die Republikflucht interessiert, die darin auch thematisiert wird, sondern die Ursachen dafür.

Filmausschnitt „Der geteilte Himmel“:
„Was ist denn?
Nichts Besonderes. Sie wollen mein Verfahren nicht.
Aber es ist doch… Aber es ist doch gut. Es ist doch besser als das Alte.
Na und! Wer sagt dir denn, dass hierzulande nach dem besseren Verfahren produziert werden muss? "

Ein Jahr später, 1965, wird Konrad Wolf Präsident der Akademie der Künste. Ein Amt, das er bis zu seinem Tod 1982 innehat.

Konrad Wolf: „Vor fast zehn Jahren gab das 6. Plenum des Zentralkomitees Analysen und Ausblicke, die für die Entwicklung der Künste in unserer Gesellschaft nach wie vor bedeutsam sind.“

Konrad Wolfs Lebenszwiespalt, das Verhältnis zwischen Kunst und Macht, zeigt sich jetzt noch stärker: Als Präsident setzt er sich für viele Kollegen ein, oft hinter den Kulissen. Aber über den Schatten seines Amtes springt er nicht: Den Einmarsch der Warschauer Pakt Staaten beim Prager Frühling verteidigt er ebenso wie die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Dann wiederum zeigt er in seinem letzten Kinofilm, „Solo Sunny“, wie eine junge, kompromisslose Sängerin für Selbstbestimmung und gegen gesellschaftliche Konventionen kämpft.

Service:
Die Filmwissenschaftler Wolfgang Jacobsen und Rolf Aurich haben in diesem Jahr die Biographie „Der Sonnensucher: Konrad Wolf“ herausgebracht. Sie ist im Aufbau Verlag Berlin erschienen, umfasst 589 Seiten und kostet 24,90 Euro.

Die Akademie der Künste in Berlin widmet Konrad Wolf ihre erste Archivausstellung im neuen Akademiegebäude. Schwerpunkt ist die Biografie Konrad Wolfs sowie seine kulturpolitische Tätigkeit insbesondere als Präsident der Akademie der Künste der DDR. Darüber hinaus wird sein filmisches Werk im Überblick präsentiert.