Streit ums Gendern

"Hitzig, aufgebracht und bisweilen absurd"

06:46 Minuten
Gendersternchenaufkleber: "frau*" auf dem Straßenschild Husemannstraße. Berlin, 10.03.2021,
Frauen sichtbar gemacht: Gendersternchen-Aufkleber "frau*" auf dem Straßenschild der Husemannstraße in Berlin. © imago /
Paulina Fröhlich im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 28.05.2021
Audio herunterladen
Mitgemeint oder ausgeschlossen? Das generische Maskulinum, das in der deutschen Grammatik alle Geschlechter umfasst, steht auf dem Prüfstand. Zur Wirkung von Sprache sei mehr Aufklärungsarbeit nötig, meint die Politikberaterin Paulina Fröhlich.
Gendersprache in staatlichen Institutionen wie Behörden, Schulen und Universitäten verbieten. Dafür will sich der Hamburger CDU-Landesverband starkmachen: "Sprache sollte einen und zusammenführen, sie darf nicht ausschließen. Daher treten wir einer grammatisch falschen Gender-Sprache und vor allem einem Gender-Zwang entschlossen entgegen", heißt es in einem Mitte der Woche veröffentlichten Beschluss.
Nun kommt Widerspruch aus einem anderen Bundesland. Der saarländische CDU-Ministerpräsident Tobias Hans hält nichts von einem Verbot der sogenannten Gendersprache: "Bisher haben wir immer nur zu Männern geredet und Frauen einfach ungesagt mitgemeint. Das wird jetzt endlich anders. Das ist gut so. Warum sollen wir das verbieten?", erklärte er gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).

Sprachverbote als Programm

Auch sie lasse sich ungern "erziehen", sagt dazu die Politikberaterin Paulina Fröhlich von der Denkfabrik Progressives Zentrum in Berlin. Allerdings halte sie die Debatte um gendergerechte Sprache an dieser Stelle für "hitzig, aufgebracht und bisweilen absurd".
"Ich finde es höchstinteressant, dass gerade die CDU, welche nicht müde wird, den Grünen vorzuwerfen, eine Verbotspartei zu sein, hier mit Verboten reagieren will", so Fröhlich in unserem Programm.
"Eine Sprache, die nur die männliche Form nennt, schließt ihrerseits aus und trennt ab", meint sie. Das generische Maskulinum sei vielleicht grammatikalisch verständlich, aber für manche Menschen inhaltlich verwirrend. Es sei noch viel Aufklärungsarbeit nötig, wie Sprache wirke.

Zwei Drittel halten nichts von gendergerechter Sprache

Nach einer Infratest-Dimap-Umfrage von Mitte Mai für "Welt am Sonntag" lehnt derzeit die Mehrheit der Bundesbürgerinnen und -bürger eine stärkere Berücksichtigung unterschiedlicher Geschlechter in der Sprache ab. Das gilt auch für die Frauen.
Unterdessen wirbt der saarländische Regierungschef bereits für eine ganz bestimmte Variante des Genderns, nämlich dafür, weibliche und männliche Formen gleichberechtigt zu verwenden. "Das ist sprachlich am schönsten", sagte Hans in der NOZ.
(huc)
Mehr zum Thema