Streit um UKW-Abschaltung

"Machtspiel zulasten der Sender"

Ein Radio mit UKW- und MW-Empfang steht am 10.02.2015 in Berlin. Am 13.02.2015 ist der Welttag des Radios, welcher im Jahr 2012 zum ersten Mal statt fand. Foto: Lukas Schulze/dpa | Verwendung weltweit
UKW-Sendernetz und Antennen sind in den Händen verschiedener Betreiber. Die Antennen gehören mittlerweile vielen Finanzinvestoren, die damit Geld verdienen wollen. © Lukas Schulze/dpa
Rainer Kampmann im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 09.04.2018
Fast hätte ab Mittwoch Funkstille bei mehreren UKW-Sendern geherrscht, auch beim Deutschlandradio: Grund ist ein Streit zwischen dem Betreiber des UKW-Sendernetzes und den Eigentümern der Antennen. Rainer Kampmann, unser Verwaltungs- und Betriebsdirektor, gibt vorsichtige Entwarnung.
Stephan Karkowsky: Sie hören "Studio 9" vom Deutschlandfunk Kultur, und hoffentlich hören Sie uns auch am Mittwoch noch auf den vertrauten UKW-Frequenzen. Da gab es eine Meldung der Tageszeitung "Die Welt", ab Mittwoch könnte für Millionen Hörer Funkstille herrschen, und zwar bei Privatsendern und den Öffentlich-Rechtlichen gleichermaßen. Es gebe nämlich Streit zwischen den Betreibern der UKW-Sendernetze und den Inhabern der Sendeantennen. Gestern Abend dann gab's Entwarnung, zumindest auf diversen Medienseiten. Da hieß es, man habe sich geeinigt. Rainer Kampmann, Sie sind beim Deutschlandradio Verwaltungs- und Betriebsdirektor, Sie haben das ja auch gelesen. Würden Sie sagen, die Gefahr ist damit vom Tisch?
Rainer Kampmann: Es sieht jedenfalls nach einer gewissen Entwarnung aus, ganz sicher sind wir noch nicht. Wir hören auch, dass sich die Beteiligten jetzt doch sozusagen kurz vor Toresschluss einigen, wir hoffen das auch. Deutschlandradio hat auch in der Hinsicht versucht, Druck zu machen und zwischen den Beteiligten zu vermitteln. Es wäre schön, wenn das so ausginge, wie das gestern in Medienberichten zu lesen war.
Karkowsky: Ohne die Hörer und -rinnen zu langweilen, müssen wir noch mal erklären, worum sich da überhaupt gestritten wurde. Ich hab so viel verstanden: Wir Radiosender sind nicht Besitzer der Sendernetze und auch nicht der Antennen, und nun sind Sendernetzbetreiber und -antennen auch noch unterschiedliche Menschen. Worum ging es da?

Neuer Vertragspartner seit 1. April

Kampmann: Genauso ist es. Deutschlandradio sind wie viele Private auch und auch die ARD-Landesrundfunkanstalten im Osten nicht Eigentümer der Infrastruktur und auch nicht technischer Betreiber des Sendernetzes. Das hat bisher eine Firma Media Broadcast für uns gemacht. Irgendwann mal war das die Post, und durch mehrere Ausgründungen, Umgründungen ist sie dann zu Media Broadcast geworden und in private Hände gekommen.
Der Vertrag ist zum 31.03. ausgelaufen, wir haben, wie die ARD-Landesrundfunkanstalten auch, neu ausgeschrieben, Media Broadcast hat sich nicht beworben. Seit dem 01.04. gibt es einen neuen Vertragspartner, eine Firma aus Düsseldorf, die das Sendernetz betreibt, die ist aber nicht Eigentümer der Antennen, denn die hat Media Broadcast inzwischen an relativ viele andere und relativ viele Finanzinvestoren verkauft.
Karkowsky: Die wollen natürlich Geld damit verdienen und sagen jetzt auch, wir erhöhen mal eben schnell die Preise dafür, dass ihr über unsere Antennen euer Programm abstrahlen dürft, gehen damit aber nicht direkt an die Sender, sondern zunächst mal an die Sendenetzbetreiber, richtig?
Kampmann: So ist es, denn auch wir könnten ja ohne Sendenetzbetreiber überhaupt keine Antenne nutzen. Wir haben mit Uplink wie vorher mit Media Broadcast einen Rundumvertrag, und die müssen sich um die Vorleistung kümmern. Offensichtlich geht es auch ums Geld, denn vorher waren die Preise öffentlich reguliert durch die Bundesnetzagentur, da stand fest, wie teuer ein Sender und wie teuer auch eine Antenne sein sollte.
Jetzt hoffen die Beteiligten offensichtlich, dass sie die Preise am freien Markt bilden können, und das scheint, den ein oder anderen zumindest, zu deutlichen Preiserhöhungen zu veranlassen. Wenn das so wäre, würde für uns der UKW-Sendenetzbetrieb deutlich teurer werden, das wollen wir nicht, das können wir auch nicht akzeptzieren, das können wir auch dem Beitragszahler nicht zumuten.

Deutschlandradio macht Druck

Karkowsky: Wie würden Sie das Ganze denn politisch einordnen? Es gibt schon Stimmen vom Privatfunk aus Frankfurt, da war von Erpressung die Rede.
Kampmann: Erpressung ist ein starkes Wort – es ist jedenfalls auch aus unserer Sicht nicht schön, wie sich das entwickelt. Wir beobachten das sehr genau. Wir machen natürlich auch im Sinne unserer UKW-Hörerinnen und UKW-Hörer Druck, und letztendlich muss sich jetzt zeigen, ob ein solches privatwirtschaftliches Modell auf Dauer trägt. Ich bin manchmal etwas irritiert darüber, dass sich private Unternehmen, die sonst häufig sagen, privat vor Staat, in einer solch wichtigen Versorgungsfrage wie der UKW-Versorgung der Bürgerinnen und Bürger hier in der Bundesrepublik Deutschland, ein solches Machtspiel zulasten der Sender und vor allen Dingen auch zulasten der Zuhörerinnen und Zuhörer leisten. Das wird man genau im Auge halten müssen.
Karkowsky: Also wie es aussieht, haben sich ja alle Parteien geeinigt, aber nur für den Fall, dass. Wäre das denn überhaupt möglich, einfach die UKW-Antennen abzuschalten? Gibt es da einen Schalter, wo draufsteht "aus", und dann ist das Radio in vielen Millionen Haushalten nicht mehr zu hören?
Kampmann: Möglich ist vieles, aber hier ginge es jetzt darum, bei dem Streit zwischen den Netzbetreibern und den Antenneninhabern, da müsste wirklich jemand den Stecker ziehen. Und ob es diesen Jemand gibt, der den Stecker zieht, ob das auch die Firma ist, mit der wir lange zusammengearbeitet haben und in anderen Bereichen auch noch zusammenarbeiten wollen, das lasse ich mal dahingestellt. Es wäre jedenfalls kein freundlicher Akt. Im Übrigen noch mal ganz deutlich: Nach dem, was sich jetzt abzeichnet, geht es um eine Übergangslösung, die drei Monate Luft gibt, das Grundproblem scheint noch nicht gelöst zu sein.
Karkowsky: Aber wir geben auf jeden Fall mal vorsichtig Entwarnung und hoffen, dass wir am Mittwoch genau auf denselben Frequenzen zu hören sind wie jetzt. Rainer Kampmann war das, der Verwaltungs- und Betriebsdirektor vom Deutschlandradio hier im Deutschlandfunk Kultur "Studio 9". Besten Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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